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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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war, und folgte seinem Blick hinüber zur Festung.
    »Wir sollten die Burg erstürmen und dem Erdboden gleichmachen«, stieß er hervor.
    Juliane fing das Bild eines einarmigen Soldaten auf und ihr Magen zog sich zusammen. Sie wusste, egal wie sehr sie darum bat und hoffte, diese eine Sache würde Aran tun, egal, was es für Folgen hatte. Und sie verstand ihn. Auf seine Weise hielt er das für die einzige Art, mit der Vergangenheit abzuschließen.
    Juliane hatte noch nie so viel Trauer im Gesicht eines Menschen gesehen. Einem Menschen, der so abgrundtief verletzt worden war. Und doch trug Aran so viel Stärke, so große Willenskraft in sich, um damit zu leben. Zu überleben. Sie streckte die Hand nach ihm aus. »Es tut mir leid, Aran.«
    Er wich ihrer Berührung aus. »Spar dir dein Mitleid.«
    »Warum hasst du so sehr? Warum kannst du die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Es macht deine Familie nicht mehr lebendig.« Traurig musterte sie ihn. Hatte sie seit ihrer gemeinsamen Nacht in den Höhlen gedacht, seine Seele geheilt zu haben, musste sie nun erkennen, sich getäuscht zu haben.
    Kalira und Ranon störten ihr Zwiegespräch. Kalira ergriff Julianes Arm. »Ist das auf der Mauer Iorgen?« Kalira zog die Schultern hoch, als fröstele sie. »Widerling!«
    Die Todesreiter hatten den Beschuss eingestellt, nachdem Moira und Juliane außerhalb ihrer Reichweite waren, und starrten stattdessen bewegungslos auf die Rebellen, unter denen sich eine gewisse Unruhe auszubreiten schien. Juliane beobachtete das Treiben auf den Zinnen der Burg, ehe sie den anderen zwischen die Bäume folgte.
    Sie kehrten in die Reihen der Rebellen und ihrer Gefolgschaft zurück, die mittlerweile in einem Wäldchen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Obwohl die Gruppe groß war, brannten nur wenige Lagerfeuer, die zudem niedrig gehalten wurden, um etwaigen Angreifern nicht allzu leicht den Weg zu weisen.
    Juliane kuschelte sich in die Decke, die ihr jemand gereicht hatte. Sie hockte an einem der Lagerfeuer und bekam einen Becher dampfenden, gewürzten Wein in die Hand gedrückt. Dankbar nippte sie daran und genoss das heiße Getränk.
    »Viel besser«, seufzte sie erleichtert.
    Juliane leerte ihren Becher. Schläfrig wagte sie es, ihren Kopf an Arans Schulter zu legen.
    »Du bist die seltsamste Frau, die mir je begegnete«, murmelte Aran.
    »Vielleicht hast du einfach zu wenige kennengelernt?« Juliane kuschelte sich enger an ihn und versank kurz darauf in einen leichten Schlummer.
     
    *
     
    Aran musterte ihr entspanntes Gesicht. Rötliche Schatten tanzten auf ihrer Haut und ließen sie gleichzeitig unwirklich und bezaubernd erscheinen. Sich unbeobachtet wähnend, strich er sanft eine ihrer Haarsträhnen zurück und ein zärtliches Gefühl erfüllte ihn.
    Diese eigenartige, junge Frau hatte ihn verwandelt, verzaubert und dazu verführt, seinen eingeschlagenen Weg zu verlassen. Es erwies sich als Fehler, zu glauben, nur die dunkle Seite wäre mächtig genug, ihm zu helfen.
    Liebe stieg auf, so unvorbereitet und stark, dass ihn die Macht dieser Empfindung erschreckte.
    Er starrte in die lodernden Flammen. Konnte es sein? War es möglich? Er, der stets geglaubt hatte, er brauche niemanden, wäre nur für sich verantwortlich, hielt dieses schmale Geschöpf langsam für seinen Lebensinhalt?
    Vorsichtig schob Aran Juliane von sich und bettete sie auf die Erde. Verwirrt warf er einen Blick auf sie und wusste, dass er nicht über Derartiges nachdenken sollte. Nicht jetzt. Nicht hier. Die Sorge um geliebte Menschen hatte schon immer seine Urteilskraft getrübt. Das konnte er nicht zulassen. Ablenkung tat Not.
    Er entdeckte, dass eine größere Gruppe Rebellen zusammenstand und heftig diskutierte. Er gesellte sich zu ihnen.
     
    *
     
    Mittlerweile hing die Sonne wie eine gleißende Kuppel am östlichen Horizont. Irgendwo, nah bei den Rebellen, lauerte die Gefahr. Ohne dass sie es ahnten, hatte Kloob sie infiltriert. Der Tod saß mitten unter ihnen und sein Gesicht war vertraut.
    Er hockte bewegungslos, abwartend da. Sein einziges Streben war die Erfüllung der Befehle seines Meisters. Und er hatte noch nie versagt. Geboren in der Tiefe der Nacht aus Bosheit und Hass war er bar jeden menschlichen Gefühls. Sein Meister hatte ihm mitgeteilt, was zu tun war, nun wartete er auf sein Zeichen, um anzugreifen.
    Einmal im Morvannental hatte er die Auserwählte beinahe erwischt, doch damals war ihm die symbiotische Seelenverbindung der Verräterin mit dem

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