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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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Zeit gesprochen, ohne zu atmen, nun schnappte sie nach Luft. »Wie willst du akzeptiert werden, wenn du selbst nicht weißt, wer du bist und wohin du gehörst?«
    »Gut gebrüllt, kleine Wildkatze«, sagte Aran und klang versöhnlich. Er fuhr sich durchs Haar und nickte langsam. »Lass uns weitergehen. Wenn du unbedingt darauf bestehst, werde ich dir erzählen, was ich weiß.«
     
    *
     
    Fasziniert hatte Aran ihr zugehört, erstaunt über die Leidenschaft in ihrer Stimme und die Einsamkeit, die aus ihren Worten klang. Ihm wurde bewusst, dass er genauso wenig über sie wusste wie sie über ihn.
    Aran berichtete, was er über das scheue Volk wusste. Er erzählte von der Vermutung, die Morvannen seien mit Schiffen aus einem fernen Land hinter dem Großen See ins Tal gekommen, und dass die meisten über übersinnliche Fähigkeiten verfügten, weshalb sie unter sich blieben, da sie die Gesellschaft anderer Menschen nicht ertrugen. Die Morvannen, die keine übersinnlichen Fähigkeiten besaßen, stieß man aus der Gemeinschaft aus.
    »Wie herzlos! Wie kann man Kinder aussetzen?« Ihr Blick drückte Entsetzen aus.
    »Sie setzen keine Kinder aus. Bei den meisten Morvannen entwickeln sich die übernatürlichen Kräfte im Erwachsenenalter«, erklärte Aran.
    »Was für Fähigkeiten?«
    »Hellsehen, Gegenstände durch Geisteskraft bewegen, einige haben Kontakt zu geistigen Führern.«
    »Geistige Führer, was ist das?«, fragte sie interessiert.
    »Überirdische Wesen, die sie beraten und führen.«
    »Hört sich interessant an, wie sehen diese Wesen aus?«
    »Wie Mensch…« Aran hielt abrupt inne. »Woher soll ich das wissen? Ich bin bei den Weißen aufgewachsen.«
    Juliane sah ihn von der Seite an. Sie glaubte ihm nicht. »Hast du auch derartige Fähigkeiten?«
    Aran räusperte sich. Er hätte wissen müssen, dass sie ihn das fragen würde. »Meine Mutter war eine Ausgestoßene«, sagte er und ging schnurstracks davon.
     
    *
     
    Als Talna die Haustür schloss, erwachte Kalira aus einem leichten Schlummer. Sie richtete sich auf. Ihr Nacken schmerzte, weil sie der Stuhl für ein Nickerchen in eine ungünstige Haltung gezwungen hatte.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken«, sagte die Heilerin freundlich. »Hat sich sein Zustand verändert?«
    Kalira schüttelte den Kopf. Sie war untröstlich und fuhr sich über das Gesicht, um die Tränen fortzuwischen, die lautlos über ihr Gesicht kullerten. Talna trug ein weißes, fließendes Gewand. Kopf und Gesicht verbarg ein dünner Schleier. Jedes Stückchen Haut, das Kalira sehen konnte, war mit roter Farbe bemalt. In ihrer Hand hielt sie einen Beutel.
    »Du siehst schlecht aus«, bemerkte Talna nüchtern. »Leg dich in mein Bett und schlafe ein paar Stunden.«
    »Nein, ich weiche nicht von Ranons Seite.«
    »Du kannst ihm nicht helfen, wenn du selbst krank wirst«, entgegnete Talna.
    »Ich werde nicht gehen, bevor ich nicht weiß, was du vorhast.« Talna seufzte. »Nun gut, ich kann es dir in deiner Sprache nicht genau erklären. Ich werde einen Heilzauber anwenden.«
    Kalira trat bis zum Tisch zurück. Die morvannische Heilerin öffnete den Beutel und holte eine Handvoll roter und weißer Blüten heraus. Sie streute einen Halbkreis um sich und Ranon und verteilte die restlichen Blüten über dem Verletzten. Talna streckte die Hände in die Luft und wiegte ihren Oberkörper hin und her.
    »Gib rehtom thera! Lahe tihs fir! Gib rehtom thera! Gib rehtom thera, royu pewor, royu solus rea dednee«, intonierte sie.
    Ein warmer Windhauch streifte Kalira. Der rhythmische Singsang Talnas sprach etwas tief in ihrem Innersten an. Kalira war nie zuvor mit echter Magie in Berührung gekommen, doch was Talna dort in diesem Kreis tat, war mehr als herumzuhüpfen und irgendwelche morvannischen Lieder zu trällern.
    Ranon lag still und unbewegt auf seinem Krankenlager. Kalira betete zu ihren Göttern, dass Talnas Zauber erfolgreich sein würde.
    Irgendwann brach die Heilerin erschöpft zusammen. Schweiß hatte die Farbe verschmiert und ihre Kleidung wies überall rote Flecken auf. Ihr Haar klebte feucht an ihrem Kopf. Talna riss sich den Schleier vom Kopf und wischte sich über das Gesicht.
    »Jetzt können wir nichts weiter tun, als warten.« Talna säuberte die Hände mit ihrem Schleier. »Du wirst dich nun ausruhen! Keine Widerrede. Leg dich in mein Bett.«
    Kalira war viel zu erschöpft, um sich mit der Morvannin zu streiten und ging gehorsam zu Talnas Schlafplatz oben auf der

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