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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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brauche ein Zimmer.« Lisa packte drei in Kürze anstehende Urteilsbegründungen in ihre Aktentasche, um sich auf ein arbeitsintensives Wochenende vorzubereiten. Sie hatte sich damit abgefunden, daß die Wochenenden während ihres Jahres am Gerichtshof nie anders aussehen würden. Es folgten drei Disketten, schriftliche Kommentare von Hollis und ein Dutzend fotokopierte Voten von bereits abgeschlossenen Verfahren, die Lisa für verwendungsfähig hielt. Sie schloß die Tasche zu und verdrehte das kleine Kombinationsschloß neben dem Tragegriff. Als sie gerade ihren Mantel holen wollte, klingelte das Telefon.
    Da sie befürchtete, es könnte Hollis mit einer neuen Aufgabe oder einer weiteren Korrektur sein, hob Lisa den Hörer nicht sofort ab. Wie immer siegte jedoch schließlich ihre Neugier. »Hallo. Lisa am Apparat.«
    »Lisa, du mußt so schnell wie möglich zu mir kommen«, verlangte Ben.
    »Was? Wo bist du denn?«
    »Ich bin im Monument Inn. Das ist in der Upton, nicht weit von der Metro Van Ness. Ich hab' Zimmer sechzehn.«
    »Was ist mit Ober? Kommt er mit allem zurecht?«
    »Das erzähl' ich dir später. Und jetzt komm bitte her. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.«
    Vierzig Minuten später hörte Ben ein Klopfen an der Tür. »Wer ist da?« fragte er argwöhnisch.
    »Mach die Tür auf«, verlangte Lisa.
    Er sah durchs Guckloch und ließ sie ins Zimmer. »Was ist denn passiert?« fragte sie, schon während sie eintrat.
    Ben spähte den Flur hinunter, um sicher zu gehen, daß Lisa allein war, dann schlug er die Tür wieder zu und verriegelte sie.
    Lisa verzog angeekelt das Gesicht. »Hübsch hier«, sagte sie angesichts der von der Wand hängenden Tapete. »Warum haben wir uns nicht einfach in einer öffentlichen Toilette getroffen? Das wäre es sauberer und sicherer.«
    »Rick hat unser Haus mit Wanzen gespickt.« Ben sah wieder durch den Türspion. »Und es würde mich nicht wundern, wenn das auch auf deine Wohnung zuträfe. Also hab' ich mir gedacht, wir brauchen einen neutralen Ort, um uns zu unterhalten.«
    »Also, dann sag mir mal, was passiert ist.« Lisa setzte sich auf eines der beiden Betten.
    Ben drehte sich um und lehnte sich gegen die Tür. »Sie sind nicht da«, sagte er. »Sie sind verschwunden. Ich glaube, sie stehen nicht mehr auf meiner Seite. Das ist die einzige Erklärung dafür, daß -«
    »Langsam, langsam, eins nach dem anderen. Wer ist nicht da?«
    Ben ging zum anderen Bett und setzte sich Lisa gegenüber. »Die Marshals. DeRosa. Sie sind nicht da. Nachdem ich mit Ober gesprochen hatte, wollte ich Alarm schlagen, und -«
    »Du hast die Nummer in eurem Haus gewählt? Bist du verrückt? Wahrscheinlich hat Rick gehört, wie -«
    »Ich bin zu einem Münztelefon gelaufen«, unterbrach Ben sie. »Die Nummer funktioniert nicht mehr.«
    »Soll das ein Witz sein? DeRosa hat doch geschrieben, er -«
    »Ich weiß, was er geschrieben hat. Aber es war eindeutig eine Lüge. Ich glaube, er hat von Anfang an mit Rick zusammengearbeitet. Denk doch mal nach: DeRosa wollte Lungen und Fisk nicht wissen lassen, was vor sich geht, obwohl sie die fürs Gericht zuständigen Marshals sind. Er wollte auch nicht, daß ich irgend jemand anders erzähle, was ich getan habe. Er hat nie eine beeidigte Erklärung von mir verlangt. Und dann hat er mir auch noch geschrieben, ich soll Rick wieder ein Urteil zuspielen. Ich glaube, Rick ist schon vor uns auf DeRosa gekommen.«
    »Ich weiß nicht.« Lisa griff sich eines der Kissen, die auf dem Bett lagen. »Glaubst du wirklich, Rick könnte zum Chef des Marshals Service vordringen?«
    »Wie bitte?« fragte Ben gereizt. »Ich bin doch selbst einfach bei ihm reinspaziert. Denkst du nicht, daß Rick dasselbe tun könnte?«
    Lisa nickte. »Doch. Aber das heißt noch lange nicht, daß die beiden auch zusammenarbeiten.«
    »Na schön. Aber wo stehe ich jetzt?«
    »Da bleiben nicht viele Alternativen. An deiner Stelle würde ich morgen versuchen, DeRosa zu erreichen. Schließlich kann der Plan noch immer gültig sein, und seine Sekretärin hat sich einfach bei der Telefonnummer vertippt.« »Und was ist, wenn ich ihn morgen auch nicht erreichen kann?«
    »Dann würde ich mir überlegen, auszusteigen. Geh zur Presse, geh zu Hollis, geh zu irgend jemand, der dir zuhört, aber mach die Geschichte publik.«
    »Genau das hab' ich mir die letzte Stunde auch überlegt. Wenn DeRosa und Rick gemeinsam gegen mich arbeiten, bin ich erledigt.«
    »Dann hättest du ja deine Lösung.«

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