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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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die Augen«, sagte ich zu Sarah und tat das Gleiche. Die Bäume standen dicht an dicht. Im Dunkeln spürte ich sie eher, als dass ich sie sah.
    Ich setzte darauf, dass Dekker uns hier nicht mit dem Motorrad nachfahren konnte, sondern uns zu Fuß verfolgen musste. Wir würden uns im Unterholz verstecken und warten, bis die Feuerwehr und Onkel Hank zum Haus der Schoenbergs kamen. Wir liefen noch hundert, vielleicht zweihundert Meter tiefer in den Wald hinein. Dann erspähte ich den Umriss eines in die Luft ragenden Wurzelballens und zog Sarah in die Kuhle aus lockerer Erde, die entstanden war, als der Baum umgestürzt war. Mosby fiel mir ein und was er über die Hohlräume zwischen Baumwurzeln gesagt hatte, die man leicht mit Gräbern verwechseln konnte. Es überlief mich kalt.
    So was fällt einem eben ein, wenn man kurz davor ist, umgebracht zu werden.
    »Hier warten wir.« Das Stimmengewirr in meinem Kopf war so laut, dass ich mich selbst kaum hörte, trotzdem zwang ich mich zu flüstern. »Onkel Hank kommt gleich. Alles wird gut.«
    »N-neiiiin!« Sara zitterte. »Neiiiin … Mom … Mom ist tot … Er hat Mom umgebracht …«
    »Komm her.« Ich nahm sie in den Arm, obwohl meine Hände inzwischen wieder kribbelten und piekten. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Okay, ich hatte Witeks Pinsel dabei, aber weder Papier noch Leinwand noch Farben. Und was sollte ich eigentlich malen? Sarah schmiegte sich wie ein verängstigtes Vögelchen in meine Arme. »Das ist noch gar nicht raus. Glaub mir, alles wird gut.«
    Ich fand es schrecklich, dass ich mich so hilflos fühlte, dass ich nur untätig herumhocken und auf Rettung warten konnte. Warum unternahm ich nichts – irgendwas ? Wenn es drauf ankam, zog ich den Schwanz ein. Mrs Schoenberg – die war mutig gewesen. Und statt sie rechtzeitig zu warnen, hatte ich Vollidiot nicht schnell genug geschaltet. Wenn Onkel Hank nun zu spät kam? Wenn Mrs Schoenberg starb?
    Meine Hände kribbelten wie verrückt. Ich konnte mich kaum noch beherrschen.
    »Oh Gott!«, keuchte Sarah.
    Ich hob erschrocken den Kopf und dachte: Scheiße!
    Ein bläulichweißer Lichtkegel bahnte sich seinen Weg durch den Wald, schwenkte nach links und rechts, dann wieder geradeaus. Jemand suchte systematisch den Boden ab und leuchtete zwischendurch an den Bäumen hoch.
    »Huuhuu, Killer! Ich weiß, dass du hier bist. Komm rahaus! Mach es nicht noch schlimmer. Komm raus, dann tu ich dir nichts.«
    Sarah zitterte krampfhaft. Ich hielt den Atem an. In meinem Kopf war der Teufel los, und meine Hände kribbelten und brannten wie verrückt.
    »Du hast meine Maschine ruiniert, Killer.« Dekkers Stimme kam näher, der tanzende Lichtstrahl wurde immer heller, und es war nur noch eine Frage von Minuten, bis er uns entdeckt hatte. »Ich hab gesagt, du hast meine Maschine ruiniert, du Wichser!« Ich hörte tappende Schritte, dann machte es Klack-klack-klack! , als Dekker sein Messer aufund zuschnappen ließ. »Außerdem tut mein Bein saumäßig weh. Ich finde dich, du Schwuchtel, und dann mach ich dich so was von fertig, dass dich kein Arzt der Welt wieder zusammenflicken kann.«
    Wir hockten stumm und reglos hinter dem Wurzelballen. Der Lichtkegel war höchstens noch fünfzig Meter entfernt. Wir konnten uns nicht mehr unbemerkt davonschleichen.
    »Ach, noch was, Killer! Erinnerst du dich noch an deine Tante? Tante Jean ? Letztens war mein Alter mal wieder besoffen und weißt du, was er da erzählt hat? Er hat damals gesehen, wie ihr Auto von der Straße abgekommen und im Eis eingebrochen ist. Sie hat wie am Spieß geschrien und um Hilfe gerufen, als sie abgegluckert ist. Aber Dad war allein unterwegs und konnte ihr nicht helfen. Deswegen hat er sich einen hinter die Binde gekippt und gewartet, bis das Geschrei aufgehört hat. Er meinte, es hat ganz schön gedauert, denn hinterher war die Flasche fast leer. Deine Tante hat gequiekt wie ein Schwein – Quiek-quiek-quiek !« Er kicherte.» Quiek-quiek-quiek-quiek, Hilfe, Hilfe, ich will nicht sterben, quiek-quiek-quiek !«
    Ich schloss die Augen und dachte an die leere Schnapsflasche, die die Polizei damals im Straßengraben gefunden hatte. Das Glatteis war der Auslöser für Tante Jeans Tod gewesen, aber Dekkers Vater hatte ihr schreckliches Schicksal besiegelt.
    Obwohl – ihr Tod war ohnehin unausweichlich gewesen. Ich hatte ihn gemalt. Ich hatte ihn aufs Papier gebannt. Ob ich auch einen Betrunkenen gemalt hatte, wusste ich nicht mehr, aber das war jetzt auch schon

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