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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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hat. Am besten mache ich mit meiner eigenen Recherche erst weiter, wenn uns die Rechtsmedizinerin das ungefähre Todesdatum des Babys genannt hat.«
    Als ich den Mikrofilm wieder aus dem Lesegerät nehmen wollte, kam ich versehentlich an die Rückspultaste. Etliche Seiten flitzten vorbei, bevor ich den Film anhalten konnte. Als ich auf den Bildschirm sah, war ich beim 22. August angekommen. Mein Blick fiel auf einen kurzen Artikel rechts unten auf der Seite:
     
    CAMP WINTER VOR DER SCHLIESSUNG
    Und darunter, mit kleinerer Schrift:
     
    Gefangene nach Westen verlegt
    Auch in dem Artikel vom Oktober, den ich mir schon ausgedruckt hatte, war ein Camp Winter erwähnt – womöglich handelte es sich tatsächlich um das Gefängnis. Ich wollte den Artikel eben in die Bildschirmmitte rücken, da stand auf einmal die blöde Maynard neben mir wie eine Lehrerin.
    »Wir schließen jetzt.« Sie wollte den Film herausholen.
    Ich war schneller. »Ich mach das schon. Ich will bloß noch eben …« Ich drückte auf Drucken , und im Handumdrehen glitt eine Kopie der Zeitungsseite aus dem Drucker. Ich steckte das Blatt ein, ohne einen Blick darauf zu werfen,spulte den Film zurück und legte ihn wieder in seinen Kasten.
    Dann nahmen wir unsere Taschen und gingen zum Ausgang.
    »Vielen Dank!«, rief Sarah über die Schulter. »Vielleicht komme ich morgen noch mal vorbei. Sind Sie dann auch hier?«
    Miss Maynard erwiderte kühl: »Freitags nie.« Sie schloss hinter uns ab.
    + + +
    Auf dem Weg zu den Rädern meinte Sarah: »Alte Hexe. Was hast du denn vorhin noch ausgedruckt?«
    Ich erzählte es ihr und sagte dann: »Ich weiß nicht, ob alles drauf ist. Ich bin nicht mehr dazu gekommen, den Artikel richtig zu zentrieren.« Ich fischte das zerknitterte Blatt aus der Hosentasche und strich es auf dem Fahrradsattel glatt. Der Ausdruck war total verzerrt, die Schrift kippte nach links weg. Lesbar war der Artikel trotzdem. Als ich ihn noch einmal überflog, lief es mir eiskalt den Rücken herunter.
    »Was hast du denn?« Sarah fasste mich am Arm. »Hast du ein Gespenst gesehen?«
    »Ein Gespenst nicht.« Ich hielt ihr das Blatt hin. »Aber etwas genauso Gruseliges.«
    Sarahs Augen weiteten sich beim Lesen. »Ach du Scheiße!«

XX
    Dr. Rainier runzelte die Stirn. »Unglaublich.«
    »Aber wahr.« Ich hielt ihr den Ausdruck hin.
    Während sie den Artikel durchlas, wurde ihre Miene immer düsterer. Dann drehte sie das Blatt um, stellte fest, dass die Rückseite leer war, und fragte: »Wo ist der Rest?«
    Ich kaute an meinem Daumen. »Den konnte ich selber nicht mehr lesen, weil uns die alte Kuh rausgeschmissen hat. Wenn sie noch zehn Minuten gewartet hätte, hätte ich den Rest auch noch ausgedruckt und vielleicht sogar noch mehr entdeckt. Aber was ich nicht verstehe … ich habe von alldem noch nie etwas gehört! Kein Mensch spricht darüber, nicht mal Onkel Hank.«
    »Dein Onkel war damals noch gar nicht auf der Welt. Wann ist er geboren? Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger?« Dr. Rainier klopfte mit dem Fingernagel auf das Blatt. »Wahrscheinlich war den Leuten daran gelegen, dass die Sache so schnell wie möglich in Vergessenheit gerät.«
    »Also mich würde schon interessieren, wann die Nazis hier in Winter waren!«
    + + +
    Okay, »Nazis« war ein bisschen extrem – oder auch nicht.
    In einem Punkt hatte ich jedenfalls recht gehabt: Camp Winter war ein Gefängnis gewesen. Aber nicht irgendeins. Es war ein Lager für Kriegsgefangene, die hier in Winter gearbeitet hatten. Dabei handelte es sich um deutsche Kriegsgefangene.
    Das könnte immerhin die Hakenkreuze erklären.
    + + +
    Diesmal war das Internet ausgesprochen ergiebig. Dr. Rainier las laut vor.
    »Hier steht, dass es zwischen 1942 und 1945 eine halbe Million Kriegsgefangene in den USA gab; nicht nur Deutsche, sondern auch Japaner und Italiener. Anscheinend trafen die ersten Gefangenen 1942 hier ein, als es hieß, Hitler wolle die Kriegsgefangenen in Großbritannien aus der Luft mit Waffen ausrüsten.«
    »Und wieso redet hier niemand darüber?«
    »Es scheint tatsächlich ein heikles Thema zu sein. Jedenfalls haben die Vereinigten Staaten ab November 1942 sämtliche Kriegsgefangenen aufgenommen, weil die Alliierten eine Invasion in Nordafrika planten. Die Gefangenen wurden hierher verschifft und in Militärbaracken untergebracht.«
    »Aber bei uns in Winter war doch gar kein Militär stationiert.«
    »Das haben wir gleich.« Klick-klick. »Na bitte. Das erste Lager war

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