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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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entstanden, zuerst Pastelltöne, die dunkler wurden, als die zeitlose Realität zurückströmte.
    Es lag niemand mehr im Bett. Und Lobsang war fort. Dafür glühten Streifen aus blauem Licht in der Luft, bewegten sich wie Bänder im Wind.
    Susanne dachte daran, wieder zu atmen. »Oh«, sagte sie laut. »Schicksal.«
    Sie drehte sich um. Die ungepflegt wirkende Lady LeJean starrte noch immer auf das leere Bett.
    »Hat dieser Raum einen anderen Ausgang?«
    »Am Ende des Korridors gibt es einen Lift, Susanne. Aber was ist mit…«
    »Nicht Susanne, sondern Fräulein Susanne«, erwiderte die junge Frau scharf. »Nur meine Freunde nennen mich Susanne, und du gehörst nicht dazu. Ich traue dir nicht.«
    »Ich traue mir selbst nicht«, sagte Lady LeJean fast unterwürfig. »Hilft das was?«
    »Zeig mir den Lift.«
    Es war nicht mehr als ein Kasten, etwa so groß wie ein kleines Zimmer, der von einem Netz aus Seilen und Flaschenzügen an der Decke herabhing. Allem Anschein nach hatte man ihn erst vor kurzer Zeit eingebaut, um die größeren Kunstwerke zu transportieren. Eine Schiebetür nahm den größten Teil der einen Wand ein.
    »Im Keller gibt es Winden, um ihn hochzukurbeln«, erklärte Lady LeJean. »Die Fahrt nach unten wird durch einen speziellen Mechanismus verlangsamt. Das Gewicht des sinkenden Lifts pumpt Wasser in Regenzisternen auf dem Dach, das später in ein leeres Gegengewicht geleitet werden kann, um den Transport schwerer Fracht nach oben zu erleichtern…«
    »Danke«, sagte Susanne rasch. »Aber um sich nach unten zu bewegen, braucht es vor allem Zeit.« Leise fügte sie hinzu: »Kannst du mir helfen?«
    Die Bänder aus blauem Licht glitten um sie herum wie verspielte Hündchen. Dann glitten sie in Richtung Lift.
    »Ich glaube, die Zeit ist jetzt auf unserer Seite«, sagte sie.
     
    Es verblüffte Frau Rötlich-Orange, wie schnell der Körper lernte.
    Bisher hatten die Revisoren gelernt, indem sie zählten. Früher oder später lief alles auf Zahlen hinaus. Wenn man alle Zahlen kannte, wusste man alles. Das »Später« konnte viel später sein, aber das spielte keine Rolle, denn für einen Revisor war die Zeit nur eine weitere Zahl. Aber ein Gehirn – ein paar Pfund schwammige Grütze – zählte so schnell, dass die Zahlen aufhörten, Zahlen zu sein. Voller Erstaunen hatte Frau Rötlich-Orange festgestellt, wie leicht das Gehirn die Hand so steuern konnte, dass sie einen Ball auffing. Es berechnete zukünftige Positionen von Hand und Ball, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    Die Sinne sammelten Daten und zogen Schlussfolgerungen, bevor sie Gelegenheit fand, darüber nachzudenken.
    Derzeit versuchte sie, den anderen Revisoren Folgendes zu erklären: Es war keineswegs unmöglich, einen Elefanten, der gar nicht existierte, nicht zu füttern. Frau Rötlich-Orange gehörte zu den schneller lernenden Revisoren und hatte bereits einige Dinge, Ereignisse und Situationen als »dumm und unsinnig« kategorisiert, so brauchte man ihnen keine Beachtung zu schenken.
    Einigen anderen Revisoren fiel es schwer, so etwas zu verstehen, und Frau Rötlich-Orange versuchte, es ihnen zu erklären. Sie unterbrach ihren Sermon, als sie das Geräusch des Lifts hörte.
    »Ist jemand von uns dort oben?«, fragte sie.
    Die um sie herum stehenden Revisoren schüttelten den Kopf. »D IESEN H INWEIS IGNORIEREN « hatte zu viel Verwirrung gestiftet.
    »Jemand kommt nach unten!«, fuhr Frau Rötlich-Orange fort. »Jemand, der nicht hierher gehört! Wir müssen ihn aufhalten!«
    »Wir sollten darüber diskutieren…«, begann ein Revisor.
    »Gehorche, du organisches Organ!«
     
    »Es ist eine Frage von Persönlichkeiten«, sagte Lady LeJean, als Susanne eine kleine Tür öffnete und aufs Dach trat.
    »Ja?«, fragte die junge Frau und ließ den Blick über die stille Stadt schweifen. »Ich dachte, so etwas fehlt euch.«
    »Inzwischen dürften sie damit ausgestattet sein«, meinte Lady LeJean und trat ebenfalls nach draußen. »Und Persönlichkeiten messen sich mit anderen Persönlichkeiten.«
    Susanne schob sich an der Brüstung entlang und dachte über die letzten Worte der Revisorin nach.
    »Du meinst, es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen?«, fragte sie.
    »Ja. Wir sind nie zuvor mit einem Ego ausgestattet gewesen.«
    »Nun, du scheinst damit ganz gut zurechtzukommen.«
    »Weil ich vollkommen verrückt bin«, sagte Ihre Ladyschaft.
    Susanne drehte sich um. Lady LeJeans Hut und auch ihr Kleid wirkten noch mitgenommener als vorher,

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