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Der Zeitenherrscher

Titel: Der Zeitenherrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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ihren Meister.
    Der Anker wurde wie von Geisterhand in die Höhe gezogen. Der Seelensammler setzte vorn wieder auf, und mit einem nochmaligen Schrei der Bugfigur nahm das Schiff in einer pfeilschnellen Geschwindigkeit Kurs auf die beiden Freunde.
    Simon und Neferti konnten endlich wieder ihre Beine bewegen. Der Seelensammler hatte den Zauber des Schattengreifers gebrochen.
    War es die Überraschung des Magiers, der angesichts dieser Situation die Kontrolle über seinen Zauber verloren hatte? Oder war ihm vielleicht doch noch der Wahnsinn seines Vorhabens bewusst geworden?
    Simon wusste keine Antwort darauf. Und im Moment war ihm dies auch nicht wichtig. Simon packte Neferti an der Hand und schwamm mit ihr zum Schiff, das jetzt einladend längsseits vor ihnen Halt machte. Er kletterte hinter ihr die Strickleiter hinauf, dicht gefolgt von der kleinen Krähe, die krächzend über sie hinweg auf die Spitze des Vordermastes flog.
    Der Seelensammler wandte sich knarrend um, und mit einem letzten ohrenbetäubenden Schrei aus dem Schnabel der Bugfigur nahm das Schiff Kurs auf das offene Meer.Keiner hatte bisher einen Ton gesagt. Und das, obwohl sie bereits seit fast einer Stunde wieder auf dem Meer waren. Sie alle standen noch unter dem Eindruck dessen, was geschehen war.
    Simon stand am Bug und strich mit seiner Hand dankbar über das Holz des Krähenkopfes, der bereits wieder in gewohnter Weise auf die endlosen Wellen starrte. Alles Leben war in dem Moment aus der Figur herausgefahren, als sie das offene Meer erreichten. Wie von selbst hatten sich die Segel gebläht, und das Schiff hatte einen eigenen Kurs eingeschlagen.
    Der Sand war durch die Uhr der Zeitmaschine geronnen, ohne dass irgendetwas geschehen war. Normalerweise hätte der Zeitensegler von selbst die Reise zurück in die Gegenwart angetreten, aber nichts passierte. Alle Gesetze, die bisher galten, schienen gebrochen worden zu sein. Und das nahm den Jugendlichen ihre Fassung. Verwirrt standen sie auf dem Deck und versuchten zu begreifen, was sie erlebt hatten.
    Simon dachte an Salomon. Er fehlte ihm. Ebenso wie Basrar. So glücklich er über die Befreiung seiner Freunde war, so groß war doch auch stets die Sehnsucht danach, sie wieder hier an Bord zu haben. Selbst den Jungen aus Australien, der nur sehr kurz an Bord war und der kein Wort mit ihnen gesprochen hatte, wünschte sich Simon wieder hierher zurück.
    Nachdenklich blickte Simon um sich. Moon und Caspar saßen Rücken an Rücken auf dem Deck und hingen ebenfalls ihren Gedanken nach. Nin-Si stand an der Bordwand und beobachtete grüblerisch das Meer. Keiner von ihnen ließ die anderen seine Angst vor dem Erscheinen des Schattengreifers erkennen. Doch dass der Magier sie aufsuchen würde, daran gab es keinen Zweifel.
    Neferti stand am Vordermast. Als sich ihre Blicke trafen, sahen sie beide blitzschnell nach unten. Seit dem Kuss im Waldwaren beide verlegen und wussten nicht, was sie sich sagen sollten. In Simons Bauch rumorte es. Vergleichbare Gefühle hatte er noch nie erlebt.
    Simon beschloss, sich ein Herz zu fassen und zu ihr zu gehen. Es sollte ihm doch leicht fallen, ein Gespräch zu beginnen, nach allem, was sie erlebt hatten. Er drehte sich zu ihr um. Neferti hatte es bemerkt und blickte schnell in eine andere Richtung. Den Mast hinauf. So als hielte sie Ausschau nach der kleinen Krähe. Doch Simon entging natürlich nicht, dass sie ihn aus den Augenwinkeln heraus beobachtete.
    Die Beine wurden ihm schwer. Beinahe wie vorhin bei ihrer Flucht, als der Schattengreifer sie im Meer festgehalten hatte. Simon seufzte. Er hatte den Mut, sich dem mächtigsten Magier entgegenzustellen. Doch bei dem Versuch, ein Mädchen anzusprechen, machte er sich beinahe in die Hose.
    Er atmete tief ein. Das war doch lächerlich. Was sollte denn schon geschehen? Er kratzte seinen Mut zusammen und ging auf sie zu. Gleichzeitig bemerkte er, wie die anderen ihn interessiert ansahen. Das Blut schoss ihm in den Kopf. Dadurch wurde die Sache nicht leichter.
    Neferti blickte noch immer in die Höhe. Bis sie merkte, dass dies inzwischen komisch wirken musste. Also zog sie ihren Kopf zurück und blickte Simon entgegen.
    Ihm war es, als erstrecke sich der Weg zu ihr kilometerlang. Doch endlich hatte er sie erreicht.
    „Du, Neferti, ich …“ Seine Zunge schien wie gelähmt.
    „Ja?“
    „Das vorhin … ich …“ Wieder stockte er. Doch dieses Mal war es nicht Nefertis Anblick, der ihm die Sprache raubte. Es war ein Schatten,

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