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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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Himmelsäquator ist eine Projektion der Erdäquatorebene auf die Oberfläche der Himmelskugel. Er kann ermittelt werden, indem von den Erdpolen ausgehend ein Kreis gleich weit nach außen verlängert wird.«
    »Wie steht es mit der Länge?«
    »Die Länge wird zu Meridianen der Rektaszension, die in östlicher Richtung vom Schnittpunkt des Himmelsäquators und der Ekliptik gemessen werden.«
    »Und was ist das?«
    »Dazu wollte ich gerade kommen«, sagte Fischmehl. »Du unterbrichst Geschichten noch öfter als ich.«
    »Tut mir Leid«, sagte Wasily.
    »Die Ekliptik entspricht dem Weg, den die Sonne am Himmel nimmt, wenn sie von der Erde umrundet wird. Die Position des Schnittpunktes von Himmelsäquator und Ekliptik wird Frühlings-Äquinoktialpunkt genannt – dort steht die Sonne am Frühlingsanfang. Daraus resultiert auch das äquatoriale Koordinatensystem – man benutzt die Linien der Rektaszension, die manchmal auch Stundenkreise genannt werden, wenn man auf der Oberfläche der Himmelskugel Osten oder Westen misst. Die Kreise der Rektaszension erstrecken sich auf der Oberfläche der Himmelskugel von Pol zu Pol, auf dieselbe Weise wie die Längengrade auf der Erde, und sie werden immer entlang des Himmelsäquators in östlicher Richtung vom Frühlings-Äquinoktialpunkt gemessen.«
    »Gibt es keine westliche Richtung, wie beim Längensystem?«
    »Nein – nur Messungen in östlicher Richtung.«
    »Interessant. Stunden, die sich nur nach Osten bewegen. Wenn man rückwärts misst und es keine Messung in westlicher Richtung gibt, würde man dann Stunden abziehen?«
    »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe«, sagte Fisch und freute sich, dass er das auch einmal sagen durfte. »Wieso sollte man Stunden abziehen?«
    »Nun, um zurückzugehen und die Zeitung von gestern zu lesen, nehme ich an, oder um im Nachhinein zu verhindern, dass man ein bestimmtes Wäldchen betritt.«
    Fisch war verblüfft. »Sprichst du von geografischen Messungen oder von Zeit?«
    »Schon gut – ich versuche nur, das Ganze zu verstehen. Denk daran, ich stamme aus einer Generation, deren gesamte Navigation darauf beruhte, die Gestalten der Götter in den Sternen zu lesen. Von dort zu Asimov zu springen…«
    »Azimut.«
    »Was auch immer – das ist ein ziemlich weiter Weg.«
    »Als Messsystem stellte das äquatoriale Koordinatensystem eine große Verbesserung gegenüber der alten Methode dar, den Himmel in Sternbilder einzuteilen«, sagte Fischmehl. »Die Verwendung von Sternbildern erlaubte den Menschen des Altertums, den Nachthimmel in große Bereiche aufzuteilen und in die Unterbereiche, die von den Sternbildern selbst eingenommen wurden. Doch wenn man nur von den Sternbildern ausgeht, konnte man die relative Position von Himmelskörpern unmöglich mit einem auch nur annähernden Grad an Genauigkeit bestimmen.«
    »Ich verstehe. Die Sternbilder dienen zur Bestimmung von Sternengruppen, während man mit dem äquatorialen System einzelne Sterne bestimmen kann. Ich nehme an, Astronomie hat jetzt eine größere Bedeutung als früher«, grübelte der Skalde.
    »Eigentlich nicht«, sagte Fisch beschwichtigend. »Die alten Kulturen haben die Astronomie nicht nur als Hilfsmittel zur Navigation oder Zeitmessung benutzt – ihre Bedeutung gründete sich auch auf praktische Bedürfnisse. Landwirtschaftliche Vorgänge mussten überwacht, religiöse Zeremonien vollzogen und Regierungstätigkeiten geregelt werden.«
    »Die verdammten Politiker«, schimpfte Wasily. »Sogar den Sternen wollten sie Regeln aufzwingen. Wenigstens die Bauern respektieren den Himmel.«
    »Die frühen Völker fanden heraus, dass die gleichbleibende Abfolge der Jahreszeiten den rhythmischen Bewegungen des Himmels entsprach und dass sich diese Kreisläufe durch Himmelsbeobachtung weitaus genauer voraussagen ließen als durch die Beobachtung des Wetters. Sie erkannten, dass sie anhand der Bewegung der Sonne am Himmel den Tag und seine Unterteilungen festlegen konnten, während sich nach den wandelnden Mondphasen die Monate bestimmen ließen…«
    »Wir haben das einen ›manod‹ genannt«, sagte Wasily.
    »Einen was?«
    »Einen manod. Das ist Althochdeutsch für Monat und kommt von mano, ›der Mond‹«, erklärte er.
    »Wie merkwürdig«, sagte Fischmehl.
    »Hey«, sagte Wasily mit seiner besten »Ich-würde-mit-den-Schultern- zucken-wenn-ich-welche-hätte«-Stimme, »ich wollte es dir nur sagen.«
    »Jedenfalls ließ sich die Länge des Jahres bestimmen, indem man den

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