Der Zorn Des Skorpions
stotterte und spuckte, bevor er ansprang. Nachdem er ein paar Mal den Motor hatte aufheulen lassen, schaltete er das Gebläse ein, dann griff er sich den Eisschaber und rückte dem Schnee und dem Eis der letzten paar Tage zu Leibe.
Sein Handy klingelte, und er sah auf das Display. Eine SMS von Heidi. Sein Herz machte einen albernen kleinen Satz. »Wo bist du? Hausarrest? Komm mich besuchen.«
O ja, gern, um das Risiko einzugehen, dass ihr Vater, der gestrenge zweite Sheriff und Vorgesetzte seiner Mutter, ihm den Kopf abriss. Nein danke. Nicht heute. Nicht, wenn Mom verschwunden war.
Heidi war scharf. Zwar spielte sie sonst nur gern mit den Jungs, aber sie war im Begriff, ihn ranzulassen, das ahnte Jeremy. Und Jeremy war ständig geil. Mannomann, diese Art von Entspannung käme ihm wie gerufen.
Aber nicht jetzt. Nicht heute.
Er schickte keine Antwort, konzentrierte sich stattdessen voll und ganz darauf, seine verflixte Frontscheibe von Eis zu befreien, damit er endlich die Kurve kratzen konnte.
Urplötzlich fand er es gar nicht mehr so verlockend, Heidi Brewster flachzulegen.
Aus weiter Ferne hörte Santana Sirenengeheul. Die Rettung nahte. Nicht, dass noch etwas zu retten gewesen wäre. Jedenfalls nicht für Brady. Seine Seele befand sich schon auf dem direkten Weg in die Hölle. Und von dort würde sie nicht zurückkommen.
Santana hatte die Musik ausgeschaltet, die Zigarre, die Brady entglitten und auf den Boden gefallen war, in einen Aschenbecher gelegt, wo sie immer noch vor sich hin glomm, und er war sicher, dass man ihm die Hölle heißmachen würde, weil er einen Mordschauplatz beeinträchtigt hatte. Tja, er hatte Brady Long zwar nicht retten können, aber er konnte immerhin verhindern, dass sein Haus niederbrannte.
Heilige Mutter Gottes,
was war nur hier vorgefallen?
Santana, Jacke und Hände blutverschmiert, saß auf dem langen Ledersofa dem Schreibtisch gegenüber und überlegte missmutig, dass er nie zuvor so viel Zeit in einem Raum mit Brady Long verbracht hatte, ohne in Streit zu geraten. Damit das geschah, hatte der Mann erst sterben müssen. Es grenzte an ein Wunder, dass er seine Arbeit bei Brady so lange behalten hatte.
Nate sah sich in dem Zimmer um. Keinerlei Hinweise auf einen Kampf. Doch irgendwer hatte Brady umgebracht. Wer hatte gewusst, dass Brady Long an diesem Tag zurückkam?
Clementine, keine Frage. Zweifellos auch ihr Sohn Ross.
Aber keiner von beiden war zu einem Mord fähig. Clementine war absolut unterwürfig, so sehr, dass es Santana übel wurde, und Ross, der war ein kräftiger, stiller Junge, der auf der Ranch aushalf, häufig das Sattel- und Zaumzeug reinigte, die Ställe ausmistete oder das Vieh fütterte. Ja, er war Jäger. Und er hatte ein Gewehr mit Zielfernrohr. Aber Mord?
Und wenn Ross ins Zimmer gekommen wäre, als Brady gerade versuchte, Clementine zu kompromittierenden Handlungen zu zwingen? Wie mochte der Junge darauf reagieren, wenn der Boss seine Mutter wie eine Geliebte behandelte?
Nein, das haute nicht hin. Aber der Schuss hatte gesessen. Nahezu professionell.
Nicht ganz. Die Kugel ist in seine Brust gedrungen, nicht in seinen Kopf. Ein Profi würde einen Kopfschuss bevorzugen.
Wie Santana den Vorfall rekonstruierte, musste Long bei der Musik von Guns N’ Roses und was sonst noch im CD -Player war, mit einer Zigarre und einem Drink an seinem Schreibtisch gesessen haben, als jemand ihn überrumpelte.
Aber wer? Und warum?
Dutzende von Personen, zahlreiche Gründe kamen in Frage. Brady Long hatte sich in seinem Leben genauso viele Feinde wie Freunde gemacht. Trotzdem … Mord?
»Wen hast du dermaßen gegen dich aufgebracht?«, fragte er den toten Mann. Das Sirenengeheul wurde lauter, und er hörte Nakita im Pick-up bellen.
Longs Drink mit den schmelzenden Eiswürfeln stand immer noch auf dem Schreibtisch. Und der Mann selbst, tot und mit blicklosen Augen, lag immer noch in seinem Sessel.
Santana hörte etwas.
Schritte?
Dann ein dumpfes Geräusch und wieder Schritte, das unverkennbare Scharren von Leder auf dem Fußboden.
Nates Nackenhaare richteten sich auf.
Ob der Mörder sich noch im Haus aufhielt? Kam er zurück, um sich zu vergewissern, dass er ganze Arbeit geleistet hatte? Vielleicht hatte Santana ihn gestört.
Ziehe keine voreiligen Schlüsse.
Vielleicht war es Clementine; ihr Sohn könnte ihren Wagen genommen haben. Oder sie hatte Ross zu Hause gelassen, als sie fortfuhr.
Weder die eine noch die andere Möglichkeit änderte etwas
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