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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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weil sowohl sie als auch sein Vater Polizisten waren, aber, nein, um nichts in der Welt wollte er irgendwas mit den Ordnungskräften zu schaffen haben. Er traute ihnen allen nicht. Manchmal nicht mal seiner Mom.
    »Hi«, sagte Alvarez. Gab sich freundlich. Aber sie lächelte nicht. Mom hatte gesagt, sie wäre verbissen.
    Jeremy stand der Sinn nicht nach Smalltalk. Genauso wenig, wie ihm der Sinn nach den Plätzchen der Frau mit dem aufgesetzten Lächeln und der sonderbaren Kleidung gestanden hatte. »Haben Sie meine Mom gefunden?«
    »Noch nicht.«
    Er hatte geglaubt, auf schlechte Nachrichten eingestellt zu sein, doch plötzlich fiel ihm das Atmen schwer, so als säße jemand auf seinem Brustkasten. »Ich habe ihr Auto gesehen«, gab er zu. »Totalschaden. Bei Horsebrier Ridge. Es war … Ein Abschleppfahrzeug hat ihn aus der Schlucht gezogen.« Sein Magen krampfte sich zusammen, als er an das zerbeulte Wrack dachte. »Ist sie tot?« Er bemühte sich, den Anschein zu erwecken, als hätte er seine mehr und mehr angeschlagenen Emotionen unter Kontrolle.
    »Das glaube ich nicht.«
    Himmel, das hier war krass. Entsetzlich. Jeremy spürte, wie sein verflixtes Bein zitterte, und er hätte am liebsten geschrien.
Mom ist nicht tot, sie ist nicht tot. Nicht wie Dad … Herrgott noch mal, nein … Mom ist nicht tot.
»Aber Sie wissen es nicht.«
    »Nein. Aber dass du hier bist, nützt uns nichts. Am besten gehst du zu deinem Dad und deiner Schwester nach Hause …«
    »Er
ist
nicht mein Dad, und ich kann nicht nach Hause. Da wimmelt es von Polizisten.«
    »Ich dachte an das Haus deines Stiefvaters. Dort hält sich doch auch Bianca auf, oder? Bei Luke und seiner Frau.«
    Er zuckte die Achseln.
Kein Mensch nennt Lucky »Luke«. Na ja, außer Michelle, besonders, wenn sie sauer ist.
    »Ich bin nicht der Hüter meiner Schwester.«
    »Solltest du vielleicht aber sein. Bis deine Mom zurück ist.«
    »Und wenn sie nicht zurückkommt?«, platzte Jeremy mit seiner schlimmsten Befürchtung heraus. Sein selbstbewusstes Auftreten war wie weggeblasen. Er hatte einen Kloß im Hals, und seine Augen brannten. Ach, bloß nicht, nein, er durfte doch jetzt nicht losheulen. Ausgeschlossen. Aber er hatte Angst. Furchtbare Angst. »Was dann?«, fragte er, und seine Stimme zitterte ein wenig. Musste er dann bei Lucky und Michelle bleiben? Konnte es überhaupt noch schlimmer kommen? Und Mom? Wo steckte sie bloß?
    Alvarez sah ihn an, als käme er von einem anderen Stern, und schließlich wurde ihm bewusst, dass er an einem Fingernagel kaute und kleine Fetzchen auf den Boden spuckte – was seine Mom hasste. Den Blicken nach zu urteilen, die die Polizistin auf ihn abschoss, war auch sie nicht eben begeistert von seiner Angewohnheit. »Ich, hm, ich mache mir halt Sorgen.« Er zwang sich, die Hand in den Schoß zu legen, aber sein Bein zitterte lästigerweise immer noch vor Nervosität.
    »Das kann ich dir nachfühlen«, sagte sie etwas freundlicher, »aber hier kannst du nichts ausrichten. Glaub mir.«
    Er verzog das Gesicht. Sobald ein Erwachsener »Glaub mir« sagte, musste man damit rechnen, dass er einen zwingen würde, etwas zu tun, was dem Bauchgefühl nach einfach falsch war. »Wir tun, was wir können, um sie zu finden.«
    »Das reicht nicht«, bemerkte er mit tonloser Stimme, und jetzt erst bemerkte er die kleine Überwachungskamera unter der Decke. Wurde er jetzt auch noch gefilmt?
    Schritte hallten, und über Alvarez’ Schulter hinweg erhaschte Jeremy durch die offene Tür einen Blick auf einen großen Mann mit dünnem silbrigem Haar, der auf sie zukam.
    Brewster, der zweite Sheriff!
    Heidis blöder Vater.
    Mist!
    »Was will
der
denn hier?«, fragte der Obertrottel, trat um Alvarez herum und baute sich vor Jeremy auf seinem unbequemen Stuhl auf. Unverzüglich sprang Jeremy auf und stand fast Auge in Auge mit dem großen Mann.
    »Er hat Angst um seine Mutter.«
    Brewster sah ihn vernichtend an. »Für deine Taten solltest du hinter Gittern sitzen, Strand.«
    »Ich habe nichts getan.«
    »Du hast meine Tochter betrunken gemacht. Gott weiß, was sonst noch passiert wäre, wenn ihr nicht erwischt worden wäret.« Er wurde gleich wieder sauer. Sein Gesicht lief rot an, seine Lippen waren blutleer.
    »Bleib ruhig«, sagte Alvarez gepresst.
    Brewster wies mit gekrümmtem Daumen auf Jeremy. »Dieser Flegel hat doch nur eines im Sinn. Kiffen und Saufen, und dann setzt er sich auch noch hinters Steuer und will meiner Kleinen an die Wäsche.«

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