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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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so spät noch gestört hatte.
     Gleichzeitig kam Adam Clifford; seine Reitstiefel waren schlammverkrustet,
     die Sporen saßen noch daran und klirrten und klingelten. Der Arzt
     kauerte sich vor den Leichnam; Gaunt winkte Clifford beiseite und
     tuschelte mit ihm. Athelstan beobachtete Cliffords Gesicht und wußte,
     daß er nicht nur in bezug auf Fitzroy recht hatte. Dieser zweite
     Mord war offensichtlich ein schwerer Schlag für Gaunts politische Träume;
     daran ließen Überraschung und Zorn im Blick des Regenten keinen
     Zweifel.
    Clifford stellte dem Regenten
     eine Frage, und Gaunt schüttelte heftig den Kopf. Clifford drängte
     sich durch die Gruppe der Gildemeister. Ohne ein höfliches Wort
     befahl er dem Arzt knapp, beiseite zu treten, und durchsuchte die Tasche
     des Toten, ohne auf die Protestrufe der anderen zu achten. Endlich hatte
     er gefunden, was er suchte; triumphierend strahlte er Gaunt an und hielt
     einen Schlüssel in den Händen.
    »Wir haben ihn, Mylord!«
    »Gut!« Der Regent
     seufzte erleichtert. »Behaltet ihn einstweilen.« Er drehte
     sich um. »Master Medicus, könnt Ihr die Todesursache benennen?«
    »Oh ja.« De
     Troyes erhob sich und wischte sich die Hände am Mantel ab. »Oh
     ja«, wiederholte er sarkastisch. »Also, erstens: Sir Thomas
     ist tot. Zweitens: Die Todesursache ist Mord. Und das bedeutet drittens,
     daß man ihm vermutlich weißes Arsen in sein Essen getan hat.«
    »Unmöglich!«
     rief Goodman, und seine vorquellenden Augen funkelten den Arzt an. »Woher
     wollt Ihr wissen, daß er nicht etwas gegessen oder getrunken hat,
     bevor er herkam?«
    »Aber, aber!« Der
     Arzt hob die schmale Hand. »Ich bin hier nur der Arzt, nicht der
     Giftmörder.« De Troyes wandte sich ab und zog es vor, Goodman
     zu ignorieren. Er lächelte und verbeugte sich vor Sir John und
     Athelstan. »Mylord Coroner, Bruder Athelstan, so treffen wir uns
     also wieder?« Genüßlich nahm der Arzt Goodmans Wut zur
     Kenntnis. »Ihr seid der Coroner der Stadt, Sir John. Ich wurde
     hergebeten, damit ich die Todesursache feststelle, und das habe ich getan.
     Darf ich jetzt auch eine Frage stellen? Wie lange hattet Ihr gespeist, als
     Fitzroy zusammenbrach?«
    »Ungefähr drei
     Stunden«, antwortete Cranston. »Warum?«
    »Nun, weißes
     Arsen braucht ungefähr eine Stunde, ehe es die Säfte angreift.
     Der Patient verspürt eventuell ein wenig Unbehagen, tut es aber
     wahrscheinlich als Blähung ab oder glaubt, etwas liege ihm schwer im
     Magen. Bald danach tritt der Tod ein.«
    »Nun, beklagt hat er
     sich wohl«, meldete Sir James Denny sich zu Wort. »Er sagte,
     ihm sei nicht ganz wohl, aber bekanntlich liebte Fitzroy die Tafelfreuden
     und fraß wie ein Schwein.«
    »Sir John«, fuhr
     der Arzt fort, ohne auf den Gildemeister zu achten, »Ihr habt mein
     Urteil: Fitzroy wurde hier vergiftet. Benötigt Ihr nun noch weiter
     meine Hilfe?«
    »Jawohl, die brauchen
     wir.« Der junge König hatte mit seinem Tutor Sir Nicholas
     Hussey gesprochen; jetzt klopfte er leicht mit der Stiefelspitze auf den
     Fußboden, bis alle aufmerksam geworden waren. Richard hatte eine
     überraschend kräftige Stimme. »Bestimmte Fragen sind also
     geklärt, nicht wahr, liebster Onkel?« Er lächelte Gaunt
     ins mürrische Gesicht. »Erstens: Sir Thomas Fitzroy ist
     vergiftet worden. Zweitens: Das Gift ist hier verabreicht worden. Aber -
     drittens -Sir Thomas Fitzroy hat das gleiche gegessen und getrunken wie
     wir.«
    Gaunt verneigte sich. »Euer
     Gnaden, teurer Neffe, Ihr seid wie immer äußerst hellsichtig.
     Ein kluger Kopf auf so jungen Schultern. Was ratet Ihr als nächstes?«
    »Mylord Coroner soll
     seine Aufgabe zu Ende führen.«
    Cranston verbeugte sich, ging
     zu Fitzroys Tisch und zog das Mundtuch weg. Er winkte den Arzt heran, und
     zusammen mit ihm und Bruder Athelstan untersuchte er sorgfaltig die
     Speisereste, den Weinbecher sowie Fitzroys Serviette und Messer. Die
     anderen schauten zu, scharrten unruhig mit den Füßen und
     redeten miteinander. De Troyes hörte sich trotz seiner Umständlichkeit
     aufmerksam alles an, was Athelstan zu sagen hatte, während sie alles
     auf dem Tisch beschnupperten, berührten und Proben davon kosteten.
    »Nichts«, befand
     de Troyes schließlich. »Mylord Coroner, ich schlage vor, daß
     die Überreste all dieser Speisen mir überlassen werden. Es gibt
     Möglichkeiten, dergleichen zu prüfen - vielleicht, indem man es
     als Rattenköder auslegt. Aber

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