Der Zorn Gottes
Clerkenwell!«
Immer weiter sang der
Ausrufer und rezitierte, was er erfahren hatte, eine Mischung aus
Halbwahrheiten und Lügen. Athelstan und Cranston zogen weiter. Bei
der Brücke machten die Gemüsehändler gute Geschäfte;
den Blick starr auf die Ware gerichtet, gingen die Leute vorbei und
runzelten nachdenklich die Stirn. Auf den Ständen türmten sich
die verschiedensten Gemüse und Früchte: dunkelrote Liebesäpfel,
Bündel von weiß glänzendem Lauch, Sellerie mit rosigen Strünken
und hellgrünen Spitzen, die weißen Knollen der Pastinaken und
Kastanien in sattbrauner Schale. Die Händler brüllten: »St.-Thomas-Zwiebeln!«
und »Lauch, ganz frisch aus dem Garten!« Träger drängten
sich mit zusammengebissenen Zähnen durch das Gedränge; ihre Wämse
waren durchgeschwitzt, und unter überquellenden Kiepen halb gebückt
kämpften sie sich voran. Ein Vogelhändler, dessen Stiefel rot
vom Staub des Ziegelfeldes waren, stand neben einem Stapel von Käfigen
und bot Hänflinge, Dompfaffen, Goldfinken und sogar
Nester mit Eiern feil. Ein kleines Mädchen in schwarzen Lumpen
verkaufte Brunnenkresse aus einem kleinen Faß. Sie sah so jämmerlich
aus, daß Athelstan für zwei Pence bei ihr kaufte; Philomel
mampfte die Kresse im Handumdrehen weg.
Cranston und Athelstan
bahnten sich ihren Weg durch das Treiben, vorbei an Ständen mit Käsekuchen,
Kämmen, alten Hüten und Schweinsfüßen; ein Klingenhändler,
der Beile schärfte, beschimpfte einen Marktbeamten, der bei ihm
Steuern kassieren wollte. Vor einer Schenke saß das Marktgericht und
regelte den Betrieb des Marktes - oder versuchte es wenigstens. Die Luft
war schwer vom Qualm und Gestank der Gerberei und der dichtgedrängten,
schwitzenden Menschenleiber.
»Bei den Zähnen
der Hölle!« schnaufte Cranston. »Das ist des Teufels Küche!«
Sie mußten einen
Augenblick haltmachen, weil eine Schar verdrossener Büttel versuchte,
eine Legion von Katzen und streunenden Hunden zu vertreiben, die sich um
einen Marktstand versammelt hatten, wo Innereien feilgeboten wurden. Ab
und zu warf die alte Frau hinter dem Stand faulige, schmutzige
Fleischbrocken weg, was den Appetit der Streuner nur noch mehr anregte und
der alten Vettel die Verwünschungen und Flüche ihrer Händlerkollegen
eintrug. Athelstan führte Philomel am Zügel durch das Getriebe
und lächelte Cecily zu, die auf den Stufen vor dem Marktkreuz saß
und ernst auf einen jungen Laffen in liederlicher Kleidung und fleckiger
Hose einredete. Sie winkte Athelstan zu und bedachte Cranston mit einem
verführerischen Gurren; dieser wandte sich grunzend ab. Plötzlich
schoß der Arm des Coroners vor und packte einen zerlumpten, kahlköpfigen
kleinen Mann, der sich mit einem Schoßhund im Arm durch die Menge drückte.
Während Philomel Athelstan um mehr Brunnenkresse anbettelte, sah der
Ordensbruder erstaunt, wie der kräftige Coroner den kleinen Mann am
Schlafittchen packte und samt Schoßhund in die Höhe hob.
»Ja, ja, wenn das nicht
der alte Peterkin ist!« Cranston schüttelte den
frettchengesichtigen Bettler. »Peterkin, der alte Hundefänger.
Du rotznasiger kleiner Mistkerl! Was treibst du hier?«
»Gar nichts, Sir John.
Ich habe diesen Hund gefunden und suche seinen Besitzer.«
Cranston schrie nach einem Büttel,
und der triefäugige Beamte kam hastig heran.
»Ich bin Sir John
Cranston, der Coroner. Und das hier« - er schob dem Büttel
Peterkin und den Schoßhund in die Arme - »ist ein kleiner
Scheißer, der durch die Stadt schleicht, einer Lady den Schoßhund
klaut und ihn dann gegen Belohnung zurückbringt. Kümmere dich um
ihn!«
Cranston ließ den Büttel
und Peterkin ohne ein weiteres Wort stehen und zwinkerte Athelstan zu; sie
bogen um die Ecke und zogen die Hauptstraße zur London Bridge
hinunter.
Stock und Pranger zu beiden
Seiten der Straße waren voll von Missetätern, Nachtschwärmern,
Taschendieben und allerlei Lumpenkerlen aus Southwark. Manche ließen
die Demütigungen und den Schmutz, mit dem die Vorübergehenden
sie bewarfen, stoisch über sich ergehen, als wäre es ein
Berufsrisiko; andere heulten und jammerten um Wasser. Athelstan musterte
rasch die Gesichter und sah zu seiner Erleichterung, daß keines
seiner Gemeindekinder dabei war.
Am Zugang zur Brücke
blieb Cranston stehen und hämmerte gegen die mit Eisennägeln
beschlagene Tür
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