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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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eines Blickes würdigte.
    »Weiter, Pater!«
     rief Crim.
    »Natürlich.«
     Athelstan rieb sich die Augen. Die Mühen des vergangenen Tages hatten
     ihn müde gemacht. »Natürlich ist Gott überall; Er
     sieht alles und hört alles.«
    »Ist er auch in meiner
     Hand?« fragte Crim.
    »Natürlich.«
    Crim schlug die Hände
     zusammen. »Dann sitzt er fest. Ich habe ihn!«
    »Nein, nein«,
     erklärte Athelstan lachend. »So ist das nicht, Crim.«
    »Aber Ihr habt gesagt,
     er ist überall.«
    »Crim.« Athelstan
     lehnte sich zurück und verzog schmerzlich das Gesicht, als sein Knie
     knackte. »Gott ist wie die Luft, die wir atmen. Er ist in uns, ist
     ein Teil von uns, und zugleich ist er außerhalb von uns. Wie die
     Luft: Du atmest sie ein, und sie ist gleichzeitig in deiner Hand.«
    Mugwort, der Glöckner,
     kam in die Kirche gestürmt, und Athelstan verzog das Gesicht, als der
     kleine, koboldhafte Mann in der Turmnische verschwand und wie ein Dämon
     am Glockenseil zu zerren anfing, um den mittäglichen Angelus zu läuten.
     Athelstan sprach das Gebet, erhob sich und klopfte seine Kutte ab.
    »Ihr könnt jetzt
     spielen gehen. Crim, nicht aus dem Weihwasserbecken trinken. John und
     James!« Er schaute die beiden Kesselflickersöhne mit gespielter
     Strenge an; die beiden glichen sich wie ein Ei dem anderen mit ihren
     schmutzigen Gesichtern und dem fettigen Borstenhaar. »Der
     Taufbrunnen ist keine Burg. Ihr könnt draußen auf der Treppe
     spielen, aber nicht in der Kirche. Petronella und Thomas, bleibt bitte
     noch einen Augenblick hier.«
    Die übrigen Kinder
     grinsten hinter vorgehaltenen Händen, und unter viel »Oooh«
     und »Aaah« trieb Athelstan sie zur Kirche hinaus. Daß
     die beiden ein Liebespaar waren, war in der Pfarrgemeinde wohlbekannt -
     das heißt, nur ihre Eltern wußten nichts.
    »Pater?«
    »Ja, was gibt's?«
     Athelstan schaute in das angestrengte, bleiche kleine Gesicht, das ihn
     unter der geteerten Spitzkappe hervor anspähte. »Was gibt's,
     Roland?«
    Der kleine Junge flüsterte
     etwas, und Athelstan mußte sich niederhocken, um besser zu hören.
     Der Sohn des Rattenfängers Ranulf ließ ausrichten, daß
     sein Vater sich dringend mit ihm treffen wolle.
    »Ja, ja«, sagte
     er dann und richtete sich auf. »Sag deinem Vater, wir sprechen uns
     morgen.«
    Er biß sich auf die
     Unterlippe, um sein Lächeln zu verbergen. Der Kleine war seinem Vater
     wie aus dem Gesicht geschnitten; beide hatten die gleichen Gesichtszüge
     wie die Nager, denen sie nachstellten. Der Junge rannte davon, den übrigen
     nach, und Athelstan ging durch das Kirchenschiff zurück zu den beiden
     jungen Turteltauben, die vor dem Lettner saßen.
    »Pater.« Thomas
     stand auf. »Ihr müßt bald mit unseren Eltern sprechen.«
    »Warum?« Nervös
     schaute Athelstan das Mädchen an. »Ist etwas passiert?«
    Sie schüttelte lächelnd
     den Kopf.
    »Pater«, sagte
     sie flehend, »wir sind gekommen und haben Euch unser Geheimnis
     verraten. Ihr habt ins Buch des Blutes geschaut und festgestellt, daß
     keine Verwandtschaft zwischen uns besteht, außer, daß Thomas'
     Ururgroßonkel mit einer Verwandten meiner Großmutter
     verheiratet war.« Das Mädchen zählte die Punkte an den
     Fingern ab. »Wir sind bereit, uns unterrichten zu lassen. Thomas hat
     eine gute Stellung beim Hafenmeister in Dowgate, und ich kann sehr gut
     sticken. Pater, ich war es, die diese Altartücher gemacht hat. Warum
     also kann nicht das Aufgebot bestellt werden?«
    Athelstan hob die Hand.
     »Gut. Ich werde am kommenden Sonntag nach der Messe mit euren Eltern
     sprechen. Vielleicht kommen sie alle auf einen Becher Wein zu mir nach
     Hause, um die gute Nachricht zu feiern?«
    Das starre Lächeln blieb
     auf seinem Gesicht, als die beiden Verliebten vor Freude aufsprangen und
     Hand in Hand durch das Kirchenschiff liefen.
    »Oh Gott!« flüsterte
     er. »Nur noch fünf Tage Zeit, bis Sonntag der Bürgerkrieg
     ausbricht.«
    »Ich sollte wohl besser
     auch dasein.«
    Athelstan lächelte.
     »Benedicta«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Wie lange
     bist du schon hier?«
    »Lange genug, um zu hören,
     wie Ihr mit Euch selbst sprecht, Pater.«
    Athelstan drehte sich um und
     ging durch die Kirche auf die Witwe zu, die dastand, eine Hand an eine Säule
     gelehnt. Sie sah elegant und schön aus wie immer. Das glatte,
     olivfarbene Gesicht, von einer sahnegelben Haube umrahmt, diese Augen, die
     spöttisch, heiter, tränenfeucht,

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