Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
Athelstan beinahe umgerannt.
    »Du verdammtes kleines
     Luder!« brüllte er das Mädchen an.
    Athelstan starrte ihn verblüfft
     an. Er merkte, daß das Hämmern in den Wänden aufgehört
     hatte. Das Mädchen aber kreischte weiter seine Beschuldigungen, bis
     Cranston ans Bett trat und ihr rechts und links eine Ohrfeige verpaßte.
     Dann packte er sie bei den Schultern und schüttelte sie.
    »Aufhören!«
     donnerte er. »Hör auf, du verlogene kleine Dirne!« Wütend
     sah er Athelstan an. »Du bist hereingelegt worden, Bruder!«
     Wieder schüttelte er das Mädchen. »Eine raffinierte kleine
     Verschwörung zwischen dieser Kleinen und ihrer Amme.«
    Seine Worte hatten die gewünschte
     Wirkung. Das Mädchen verstummte. Das Feuer des Hasses in ihren Augen
     erlosch, und furchtsam schaute sie erst Athelstan und dann Sir John an.
     Cranston sank auf die Bettkante und wischte sich den Schweiß von der
     Stirn.
    »Diese kleine Hexe«,
     keuchte er, »und ihre Amme haben ein Gemisch von Lügen und Täuschungen
     zusammengebraut. Komm her, Mann!« Er winkte Walter Hobden herein.
     Der Vater des Mädchens trat zögernd ein, und sie barg das
     Gesicht in den Händen und schluchzte lautlos. »Bist du denn nie
     auf den Gedanken gekommen«, fragte Cranston den Mann höhnisch,
     »daß dies alles nur ein Mummenschanz sein könnte?«
    »Aber sie hat Anna
     vertrieben«, klagte er.
    »Hör zu, du
     Erbsenhirn«, erwiderte Cranston und stand auf, »das war doch
     Teil der Maskerade. Es sollte so aussehen, als seien die beiden
     verfeindet! Während Elizabeth hier oben Hof hielt, nutzte die gute
     Amme, die in die Küche verbannt war, allerlei Kaminlöcher und Lücken
     in der Wandtäfelung, um das Pochen erschallen zu lassen.« Er
     trat an den kleinen Kamin. »Dies ist ein altes Haus«, erklärte
     er. »Hier sind Essen und Rauchabzüge, Kamine und alte Spalten.
     Wenn du hinunter in die Küche gehst zur großen Feuerstelle,
     dann kannst du dort mit sorgfältig in den Schlot hinaufgeschobenen
     Stangen klappern und so im ganzen Haus Getöse erschaffen. Das habe
     ich schon öfter gesehen. Ein Kinderspiel, das man am Vorabend von
     Allerheiligen treibt.« Cranston klopfte an die Wandtäfelung.
     »Und das hier hilft wahrscheinlich. Es läßt das Echo noch
     lauter klingen. Ich war unten in der Küche, und da hockte die alte
     Anna wie eine Mitternachtshexe am Kamin und klapperte geschäftig mit
     ihren Eisenstangen.«
    »Aber die Stimme?«
     Eleanor Hobden kam herein.
    »Ach, um Himmels
     willen, Weib!« antwortete Cranston verächtlich. »Hast du
     noch nie gehört, daß jemand Stimmen nachahmt?« Er sah den
     verblüfften Athelstan an. »Ich glaube, dein Meßdiener
     Crim, so klein er ist, kann mich sehr gut imitieren, nicht wahr?«
    Athelstan lächelte matt.
     Er war erleichtert über Cranstons unverhoffte Enthüllungen und
     den kurzen Prozeß, den der Coroner mit all diesem betrügerischen
     Mummenschanz gemacht hatte; verspürte aber immer noch ein tiefes
     Unbehagen.
    »Aber dieser Geruch?«
     Athelstan schnupperte.
    »Oh, ich bin sicher,
     auch dafür findet sich eine Antwort.«
    Cranston kniete nieder, griff
     unter das Bett und förderte zwei kleine, unverschlossene Töpfe
     zutage. Dann ging er auf die andere Seite und
     fand dort das gleiche. Er nahm einen hoch, schnupperte daran und wich
     angewidert zurück; dann gab er ihn Athelstan.
    »Weiß der Himmel,
     was das ist. Wahrscheinlich Ziegenkäse.«
    Athelstan roch daran und
     wandte sich voller Abscheu ab. »Ziegenkäse«, hustete er,
     »und noch etwas anderes.«
    »Ein bekannter Trick«,
     bemerkte Cranston. »Man nimmt die Deckel ab, und verglichen damit
     duftet ein Schweinestall nach Rosen.« Er grinste. »Stell die Näpfe
     offen unters Bett, wedle mit den Decken, und ein Gestank aus der Hölle
     weht herauf.«
    Athelstan betrachtete das
     schluchzende Mädchen. Ein Gepolter vor der Tür zeigte an, daß
     die furchterregende Eleanor Hobden jetzt die alte Amme die Treppe herauf
     zerrte. Mit verächtlichem Blick auf ihren Mann kam sie herein und
     stieß die widerstrebende Anna, die vor Angst einer Ohnmacht nahe
     schien, auf die Binsenstreu nieder. Dann ging sie zum Bett, packte
     Elizabeth bei den Haaren und riß ihr den Kopf in den Nacken. Trotz
     des bösartigen Spiels empfand Athelstan Mitleid mit dem Mädchen.
     Ihr Gesicht sah gespenstisch aus: rotgeränderte Augen und fahle, tränennasse
     Wangen. Sie hatte sich auf die Lippen gebissen, und Blut

Weitere Kostenlose Bücher