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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Schulte
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WasistzumBeispielmitdemjungenSozi-vonderKantine? IchsagnurKnackpo!“
„Zu alt!“
„UndderProf, dereinAugeaufdichgeworfenhat“, Zoe bemühte sich, die Augen offen zu halten. „DerLindberg?“
„Bei dem habe ich morgen einen Termin. Meinst du es bringt was, wenn ich den Minirock anziehe?“
„UndHighheels! Sicheristsicher!“
„Vielleicht sollte ich einfach mit ihm schlafen?!“
„Dasistauchgut!“
„Das war ein Scherz! Ein Scherz! Das würde ich nie machen!“
An die Uni wollte Clara gar nicht denken. Immer wieder tauchte der Name Finn in ihren Gedanken auf: Finn, Finn, Finn.
„Vielleicht sollte ich ihn vergessen und mir stattdessen ein paar Katzen zulegen. Irgendwann sterbe ich als einsame alte Frau. Jahrelang brennt mein Weihnachtsbaum. Und wenn sie mich finden, werden sie sich fragen: Wieso hat niemand das gemerkt? Sie war so eine zauberhafte Person.“
„Ichglaubeichmussjetztgehen!“
„Du kannst hier übernachten.“
„MitdirunddemAlten? Lassmallieber! Außerdemmussich-michbewegen. MeinelinkeSchamlippeistschoneingeschlafen!“
Clara hätte sich noch gerne mit ihr unterhalten, was bedeutete, dass sie alle fünf Minuten über Finn sprach und alle fünf Minuten die gleichen Fragen stellte: Soll ich ihn anrufen? Soll ich ihn anrufen? Soll ich ihn anrufen? Soll ich ihn anrufen? Warum ruft er nicht an?
Zoe marschierte zur Tür, warf sich die Jacke über und zielte mit ihrem Finger wie mit einer Pistole auf Clara.
„Höraufzuheulen! DasmachtFalten.“

Rentenartfaktor
    Eigentlich dürfte Maximilian gar nicht mehr dort sein. Die Besuchszeit war seit Stunden vorbei. Selbst die Geschäfte im Foyer hatten bereits geschlossen. Trotzdem gelang es Maximilian, einen Strauß Nelken zu besorgen. Vor dem Friedhof gab es einen Blumen-Automaten, die kosteten dort weniger als beim Händler, schöner oder hässlicher sahen sie deswegen auch nicht aus.
Der Wachmann im Foyer beobachtete, wie Maximilian sich in das Krankenhaus schlich, aber er tat so, als sähe er das nicht. Er saß dabei über seinem Buch, drehte ihm sogar den Rücken zu und las; seine Aufgabe bestand schließlich nur darin, Informationen zu geben, nicht Besucher aufzuhalten. Außerdem hielten sich nur wenige in den Gängen auf, hin und wieder wuselte eine gedankenverlorene Schwester vorbei.
Wie ein Geist gelangte Maximilian bis in den fünften Stock zum Zimmer seines Bruders – selbst hier verwehrte ihm niemand den Zutritt. Er hätte sogar ein paar Patienten klauen können, einfach das Bett losmachen, in den Aufzug fahren, raus aus der Tür und rein in den nächsten Wagen. Niemand hätte ihn gestoppt. Niemand käme aber auch nur auf die Idee, einen Patienten zu stehlen. Doch die bloße Möglichkeit dieser Tat beschäftigte Maximilian. Was wäre, wenn er am nächsten Tag einträfe und man ihm sagte: „Tut mir leid, aber ihr Bruder wurde letzte Nacht gestohlen. Wir haben die Polizei bereits gerufen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn wieder finden, ist sehr gering.“?
Bekäme er dann Schadenersatz?
Als Maximilian das Zimmer betreten wollte, hielt er inne. Diese verfluchten Nelken, irgendwas stimmte nicht mit ihnen, sie wirkten so unförmig, so schief und farblos, er konnte sie nicht mit rein nehmen. In seinen Händen drehte und betrachtete er die Pflanze. Was sollte er mit Blumen? Sein Bruder und Blumen? Dieser Elektronikbastler? Er liebte Plastik, keine Pflanzen. Das passte nicht zu ihm. Dann warf er den Strauß in einen Abfalleimer. Wieder umsonst Geld ausgegeben.
Das Zimmer seines Bruders lag im Dunkeln. Nur der Schein einer Straßenlaterne fiel durch das Fenster und versenkte das Zimmer in ein grünes Meer. Die Sirene eines Krankenwagen ertönte; es dauerte einige Zeit, bis das Geräusch sich entfernte. Maximilian holte seinen Dackel hervor, die Dunkelheit genügte, um ihn frei umherlaufen zu lassen. Am Fenster stand ein Stuhl, hier machte er es sich gemütlich und setzte den Hund auf seinen Schoß. Der Dackel hechelte, weil er nicht genug Luft unter der Jacke bekommen hatte. Erst nach ein paar Minuten beruhigte er sich, legte sich hin und schloss die Augen.
Maximilian beobachtet seinen Bruder. Genauso regungslos wie beim letzten Mal, er wusste nicht einmal, ob sein Bruder schlief oder etwas mitbekam. Er lag einfach nur da. Der Brustkorb hob sich bei jedem Pumpgeräusch der Maschine, die ihn mit Luft versorgte. Mit jedem Ächzen bewegte sich der Bauch mit, dieses große runde Ding, das bei seinem Bruder wie ein verschlungenes Monster-Ei

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