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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Kriegskasse des siebenten Korps sei dort untergebracht; und das wirkte auf sie nun ganz sonderbar ein, all dies Gold, Millionen, wie es hieß, in diesem Schuppen versteckt, während sie sich draußen um die Stadt herum schon mordeten. Aber im Augenblick, wo sie eine zum Schlafzimmer Gilbertes hinaufführende Nebentreppe betreten wollte, hielt eine neue Überraschung sie fest, ein so unvorhergesehenes Zusammentreffen, daß sie die drei Stufen, die sie schon hinaufgestiegen war, wieder herunterging, weil sie nicht recht wußte, ob sie jetzt wohl noch hinaufgehen könnte. Ein Soldat, ein Hauptmann, schlüpfte leicht wie eine Geistererscheinung an ihr vorbei und war sogleich verschwunden; siehatte aber doch Zeit genug gehabt, ihn wieder zu erkennen, da sie ihn in Charleville bei Gilberte gesehen hatte, als diese dort noch als Frau Maginot lebte. Sie ging ein paar Schritte durch den Hof, dann sah sie nach den beiden hohen Fenstern des Schlafzimmers hinauf, deren Läden noch geschlossen waren. Nun entschloß sie sich, trotzdem hinaufzugehen.
    Als alte Freundin aus der Kinderzeit, als Vertraute, die manchmal so des Morgens zum Plaudern herüberkam, wollte sie im ersten Stock an die Tür des Ankleidezimmers klopfen. Diese Tür aber war bei dem eiligen Abschied schlecht geschlossen worden und stand halb offen. Sie brauchte sie nur ganz zu öffnen und befand sich in dem kleinen Raume, dann im Schlafzimmer. Es war dies ein Raum mit sehr hoher Decke, von dem reiche rote Samtvorhänge herabfielen, die das große Bett vollständig umschlossen. Kein Laut, nur das müde Schweigen nach einer seligen Nacht, nur leichtes, kaum merkliches Atmen in dem schwachen Duft zerstäubten Flieders.»Gilberte!« rief Henriette leise.
    Die junge Frau war sofort wieder eingeschlafen; und in dem schwachen, durch die roten Fenstervorhänge hereindringenden Tageslicht zeigte sich ihr niedlicher runder Kopf, der vom Kopfkissen heruntergerutscht war, in der wundervollen Flut ihres aufgelösten schwarzen Haares auf einen ihrer nackten Arme aufgestützt.
    »Gilberte!«
    Sie geriet in Bewegung und streckte sich, ohne die Augenlider zu öffnen.
    »Ja, lebe wohl... Oh! bitte...«
    Dann hob sie den Kopf und erkannte Henriette
    »Ach! Du bist es... wieviel Uhr ist es denn?«Als sie dann hörte, es sei nach sechs, wurde sie etwas verlegen, und um das zu verbergen, meinte sie scherzhaft, das wäre doch keine Tageszeit, zu der man die Leute weckte. Bei der ersten Frage nach ihrem Mann erwiderte sie dann:
    »Ach, der ist noch nicht wieder da, der kommt auch nicht vor neun Uhr, glaube ich ... Warum sollte er denn so früh wiederkommen?«
    Wie Henriette sie so schlaftrunken nach ihrer Glücksnacht lächeln sah, glaubte sie, sie etwas drängen zu müssen.
    »Ich sage dir doch, in Bazeilles wird seit Tagesanbruch gefochten, und weil ich in großer Sorge um meinen Mann bin ...«
    »Ach, Liebste!« rief Gilberte, »wie unrecht! ... Meiner ist so vorsichtig, der wäre längst wieder hier, wenn auch nur die geringste Gefahr bestände ... Solange du den nicht zu sehen kriegst, kannst du ganz ruhig sein.«
    Diese Überlegung wirkte auf Henriette sehr stark ein. Tatsächlich war Delaherche nicht der Mann danach, sich unnötig auszusetzen. Sie fühlte sich ganz beruhigt und machte sich daran, die Fenstervorhänge, aufzuziehen und die Läden zu öffnen; und das Zimmer erfüllte sich mit starkem, rötlichem Tageslicht, das die allmählich den Nebel mit ihren goldenen Strahlen durchdringende Sonne hervorbrachte. Eines der Fenster war halb offen geblieben, und sie hörten jetzt in dem großen, lauen, so schwülen, stickigen Zimmer den Donner der Geschütze. Gilberte hatte sich halb aufgerichtet und einen Ellbogen auf das Kopfkissen gestützt; sie sah mit ihren hübschen hellen Augen nach dem Himmel.
    »Also jetzt fechten sie«, flüsterte sie.
    Das Hemd war ihr heruntergeglitten und eine ihrer zarten,rosigen Schultern zeigte sich nackt zwischen den wirren Locken ihres schwarzen Haares; ihr ganzes Erwachen strömte einen durchdringenden Duft, den Duft der Liebe aus.
    »So früh schlagen sie sich schon, mein Gott! Wie lächerlich ist diese Fechterei!«
    Aber gerade jetzt fielen Henriettes Blicke auf ein Paar Diensthandschuhe, ein Paar Männerhandschuhe, die auf einem Leuchtertischchen liegengeblieben waren; sie konnte eine Bewegung nicht zurückhalten. Da wurde Gilberte dunkelrot; mit einer verwirrten, schmeichelnden Bewegung zog sie sie auf den Bettrand nieder. Dann verbarg sie ihr

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