Der Zusammenbruch
Unternehmung zurückgekommen waren, mit vier frischen Broten und einem Käse beladen, die sie einer braven alten Frau abgekauft hatten.
»Das Wasser kocht, wir wollen Kaffee machen,« sagte der Korporal. »Wir haben Käse und Brot, das gibt ja eine wahre Schlemmerei!«
Aber als er plötzlich die zu seinen Füßen ausgestreckte Gans bemerkte, konnte er ein Lachen nicht zurückhalten. Er befühlte sie voll Sachverständnis, von Bewunderung hingerissen.
»Herrgott nochmal, das schöne Tier! Die wiegt ja an zwanzig Pfund!«
»Wir trafen den Vogel,« sagte Loubet in seiner Spaßvogelweise, »und er wollte gern unsere Bekanntschaft machen.«
Jean zeigte durch eine Bewegung, daß er nicht mehr darüber wissen wollte. Man mußte ja leben. Und dann, lieber Gott! Warum sollten die armen Teufel nicht auch mal schlemmen, die den Geschmack von Geflügel wohl kaum kannten?
Loubet hatte schon eine wahre Glut entfacht. Pache und Lapoulle pflückten eifrig die Gans. Chouteau, der zu den Artilleristen gelaufen war, um etwas Bindfaden zu holen, kam und hängte sie zwischen zwei Bajonetten an das Feuer, und Maurice mußte sie von Zeit zu Zeit durch einen kleinen Stoß umdrehen. Unten tropfte das Fett in die Schüssel der Korporalschaft. Es war ein Siegesfest der Bindfadenbratkunst. Das ganze Regiment stand im Kreise herum, von dem guten Geruch angelockt. War das ein Schmaus! Gänsebraten, gekochte Kartoffeln, Käse, Brot! Nachdem Jean die Gans zerlegt hatte, machte sich die Korporalschaft bis über die Augen drüber her. Zugeteilt wurde nicht; jeder nahm, soviel er wollte. Sie brachten sogar ein Stückchen zu der Artillerie hinüber, die den Bindfaden hergegeben hatte.
Die Offiziere des Regiments fasteten nun heute abend. Durch einen Fehler in der Leitung war der Küchenwagen auf Abwege geraten, zweifellos hinter dem großen Train her. Wenn die Mannschaften hungerten und keine Verteilung stattfinden konnte, dann fanden die schließlich fast immer noch etwas Eßbares, sie halfen sich gegenseitig aus, die Leute der verschiedenen Korporalschaften legten ihre Vorräte zusammen;der Offizier aber konnte, sich selbst überlassen, alleinstehend, vor Hunger platzen, ohne irgend etwas dagegen tun zu können, sobald der Marketender fehlte.
Chouteau, in das Gänsegerippe vergraben, grinste daher, als er Hauptmann Beaudouin sich über das Verschwinden des Küchenwagens ereifern hörte, während er ihn in seiner steifen, stolzen Haltung vorbeigehen sah. Er zeigte auf ihn mit einem Augenzwinkern:
»Seht mal an, wie ihm die Nase wackelt!... Hundert Sous gäbe er für den Stüt!«
Alle hatten ihren Spaß an dem Hunger des Hauptmanns, der sich mit seiner Jugend und seiner Härte bei den Leuten nicht beliebt machen konnte, ein Stänker, wie sie ihn nannten. Einen Augenblick schien er drauf und dran, sich wegen des Skandals, den sie mit ihrer Gans machten, an die Korporalschaft wenden zu wollen. Aber dann fürchtete er wohl, daß er seinen Hunger zeigen könnte, und ging erhobenen Hauptes davon, als hätte er nichts gesehen.
Leutnant Rochas dagegen, den auch der Heißhunger plagte, wandte sich vergnügt lachend nach der glücklichen Korporalschaft um. Ihn beteten seine Leute an, zunächst, weil er den Hauptmann, diesen aus Saint-Cyr hergelaufenen Laffen, nicht leiden konnte, und dann, weil er den Affen geschleppt hatte wie sie alle. Er war zwar nicht immer gerade gemütlich und manchmal so grob, daß man ihm am liebsten ein paar heruntergehauen hätte.
Jean hatte sich durch einen Wink mit den Kameraden verständigt; er stand auf und ließ Rochas hinter sich her hinter das Zelt kommen.
»Herr Leutnant, sagen Sie, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, wenn es Ihnen recht wäre ...«Und er reichte ihm ein Stück Brot und eine Schüssel hin, in der eine Gänsekeule auf sechs großen Kartoffeln lag.
Heute nacht brauchten sie wieder einmal nicht in Schlaf gesungen werden. Die sechs verdauten das Viech mit geballten Fäusten. Und sie konnten sich nur bei dem Korporal für die ordentliche Art und Weise bedanken, in der er das Zelt aufgeschlagen hatte, denn sie merkten nicht einmal was von dem heftigen Sturm, der sich, von einem Sturzregen begleitet, gegen zwei Uhr erhob: Zelte wurden weggerissen, die Leute fuhren durchnäßt aus dem Schlafe auf und mußten in der Finsternis herumlaufen; ihr eigenes aber hielt gut aus, und sie lagen wohl aufgehoben im Trocknen, ohne einen Tropfen Wasser, dank den Rinnen, in denen die Sintflut ablief.
Maurice erwachte,
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