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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Gerissenheit bewies; man weiß nie, wohin es führt, das Reden. Übrigens warfen sich die drei Männer auf die Eßsachen und verschlangen sie. Man hörte nur das wütende Knacken ihrer Kinnbacken.Honoré stand auf und ging nach der Anrichte, um nach einem Krug Wasser zu sehen.
    »Vater, du hättest uns auch etwas Wein geben können.«
    Fouchard hatte sich beruhigt und war wieder seiner selbst gewiß; nun fand er auch seine Sprache wieder.
    »Wein! Ich habe keinen, keinen Tropfen mehr! ... Die andern, die von Ducrot, haben mir alles aufgegessen und ausgetrunken, alles ausgeplündert.«
    Er log; das bewies trotz aller Anstrengung das Zwinkern seiner großen hellen Augen. Seit zwei Tagen hatte er sein Vieh verschwinden lassen, die paar Tiere, die er zum Hofdienst nötig hatte sowohl wie die zum Schlachten bestimmten, hatte sie nachts weggeführt und sie versteckt, wo niemand es ahnte, in irgendeinem Gehölz oder verlassenen Steinbruch. Und Stunden hatte er damit zugebracht, in seinem Hause alles über die Kante zu bringen, Wein, Brot, ebenso alle geringeren Vorrate bis zum Mehl und Salz, so daß man tatsächlich ohne jeden Erfolg in seinen Schränken hätte nachsuchen können. Das Haus war blank. Selbst den ersten Soldaten, die kamen, hatte er nichts verkaufen wollen. Man konnte nicht wissen, es würden vielleicht bessere Gelegenheiten kommen; undeutlich begannen allerlei Handelsentwürfe in seinem geduldigen, verschlagenen Geizhalsschädel zu entstehen.
    Maurice hatte sich gesättigt und sprach zuerst.
    »Habt Ihr meine Schwester Henriette schon lange nicht mehr gesehen?«
    Der Alte fuhr fort umherzurennen und Blicke auf Jean zu werfen, der riesige Bissen Brot verschlang; ohne sich zu beeilen, sagte er wie nach langer Überlegung:
    »Henriette, ja, vorigen Monat in Sedan ... Aber heutemorgen habe ich Weiß, ihren Mann, gesehen. Er begleitete seinen Geschäftsinhaber, Herrn Delaherche, der ihn in seinem Wagen mitgenommen hatte, um die Truppen in Mouzon vorbeiziehen zu sehen, bloß zum Vergnügen ...«
    Ein tiefer Hohn lief über das verschlossene Bauerngesicht.
    »Vielleicht haben sie trotzdem nicht allzuviel davon gesehen, von dem Heere, und haben auch nicht viel Vergnügen dabei gehabt; denn seit drei Uhr konnte man auf den Straßen nicht mehr durchkommen, so voll waren sie von fliehenden Soldaten.«
    Immer im demselben ruhigen, gleichgültigen Tonfall gab er nun einige Einzelheiten über die Niederlage des fünften Korps zum besten, das bei Beaumont während des Abkochens überrascht und von den Bayern gezwungen worden war, sich Hals über Kopf auf Mouzon zurückzuziehen. Zerstreute, vor Furcht rein verrückte Soldaten, die durch Remilly kamen, hatten ihm zugeschrien, de Failly habe sie an Bismarck verkauft. Und Maurice dachte an die unsinnigen Märsche der beiden letzten Tage, an die Befehle des Marschalls Mac Mahon, der den Rückzug beschleunigen und um jeden Preis über die Maas gehen wollte, und wieviel kostbare Tage dabei in unbegreiflichem Zaudern verlorengegangen waren. Es war zu spät. Zweifellos mußte der Marschall, der außer sich geriet, als er das siebente Korps in Oches fand, das er schon in la Besace glaubte, überzeugt gewesen sein, daß das fünfte Korps schon bei Mouzon lagere, während dieses sich verspätete und bei Beaumont vernichten ließ. Aber was konnte man auch von so schlecht geführten Truppen verlangen, die durch Warten und Flucht entmutigt sind und vor Hunger und Ermattung sterben?
    Fouchard hatte sich endlich in seinem Erstaunen über dasVerschwinden derartiger Bissen hinter Jean aufgepflanzt. Und kalt und spöttisch fragte er:
    »Na, es geht wohl schon besser?«
    Der Korporal hatte den Kopf erhoben und antwortete mit der gleichen bäurischen Dickfelligkeit:
    »Es läßt sich so an, danke schön.«
    Honoré hatte, seit er da saß, trotz seines Hungers zuweilen innegehalten und den Kopf nach einem Geräusch gedreht, das er zu hören glaubte. Wenn er nach all den Kämpfen seinen Eid gebrochen hatte, nie wieder einen Fuß über die Schwelle dieses Hauses zu setzen, so war er nur durch den unwiderstehlichen Wunsch nach einem Wiedersehen mit Silvine soweit gebracht worden. Unter seinem Hemde, unmittelbar auf der Haut, bewahrte er ihren Brief auf, den er in Reims bekommen hatte, diesen so zärtlichen Brief, in dem sie ihm sagte, daß sie ihn immer noch liebe und trotz der grausamen Vergangenheit nie einen andern lieben würde als ihn, trotz Goliath und dem kleinen Karlchen, das sie von dem

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