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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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uneingeschränkte Macht zu genießen. Intellektuell begabt, emotional kalt und moralisch arm, sah er sich zurückgeworfen auf elementarste Bedürfnisse. Sexuelle Triebbefriedigung wurde zum wichtigsten Lebensinhalt. Nun ist natürlich ein möglicherweise angeborener starker Sexualtrieb nichts Unmoralisches.
    Daß er bei Kürten zum Sadismus pervertierte, ist nur – wie Prof. Berg sagte – »aus der schicksalhaften Verbundenheit von Taten und Täter« zu erklären. Und auch dann bleibt ein Rest Unbegreifliches.
    Kürtens Sadismus besteht darin, daß er, wie jeder Sadist, ohne Gewalttätigkeit nicht zum Orgasmus gelangt. Kürten berichtet selbst, wie sich seit der Kindheit sein Sadismus immer mehr steigerte: Mit dreizehn Jahren suchte er mit Schulmädchen ersten Geschlechtsverkehr. Das mißlang. »Da bin ich auf den Gedanken gekommen, es mit Tieren zu machen, Ziegen, Schafen.« Frühzeitig sah er bei Schlachtungen zu und begann bald selbst, Tiere zu töten. Einem Hund und einer Gans schnitt er den Kopf ab. »Da merkte ich, daß etwas Schönes dabei war. Ein wohliges Gefühl. Als ich dreizehn war, stach ich ein Schwein in den Rücken. Es blutete und schrie. Ich stach auf ein Schaf ein, und im selben Moment kam auch Samenerguß. Da bin ich mir des Zusammenhangs zwischen Grausamkeit und Geschlechtstrieb bewußt geworden.«
    Kürten leitet von daher sein »Vergnügen am Blut« ab. Dieses Vergnügen wurde zur Zwangsvorstellung. Immer wieder schildert er emphatisch, was er empfand, wenn er auf Tier oder Mensch einstach: »Das Bluten kann ich hören. . . Wenn ich es rauschen hö re, kommt der Samen.« Als er Maria Hahn tötete: »Als beim Halsstich das Blut rauschte und ich das Blut von der Wunde trank, kam der Erguß.« Kürtens vampirhafte Blutgier ist so zwanghaft, daß er einmal Prof. Berg fragt: »Wenn ich geköpft werde, Herr Professor, kann dann der abgeschlagene Kopf noch das eigene Blut rauschen hören? Das wäre dann mein letzter Genuß.«
    Der Kriminalpsychologe v. Hentig ist überzeugt, daß die Wahl einer bestimmten Mordwaffe einem Fingerabdruck gleiche. Sie weist auf das Unterbewußtsein des Täters hin.
    Für Kürten eröffnete das Messer (die Schere) den Weg zum fließenden Blut.
    »Oft«, gesteht Kürten, »habe ich einen Geschlechtsverkehr versucht. Das ging eben nicht. Da habe ich die betreffende Person weiter verletzt, da habe ich Samenerguß gehabt.« So wurden für Kürten seine blutigen Messer- und Hammerorgien zum Ersatz für den Geschlechtsverkehr, Messer und Hammer für sein impotentes Glied.
    Aber bei allem Drang Kürtens, sich »als ein nie dagewesenes Ungeheuer« darzustellen und die Welt damit zu schockieren, tut er sich anfangs schwer, die eigentliche Triebkraft seiner Verbrechen einzugestehen: eben diese hemmungslose sexuelle Lust. Einmal ruft er dem Untersuchungsrichter empört zu: »Ich bin doch kein Lustmörder!« Nein, mit sadistischem Vergnügen hätten seine Taten überhaupt nichts zu tun. Mit seinen Morden, das wiederholt er hartnäckig, habe er eine heilige Mission erfüllt. Diesem Schicksal habe er nicht entgehen können.
    Zornig berichtet er seinen Gutachtern die Erlebnisse in den preußischen Zuchthäusern, den als grausam erlebten Strafvollzug: Hunger, wochenlang angekettet, Schläge, Dunkelarrest, Einzelhaft jahrelang, Quälereien durch die Aufseher. Das erzeugte Haß. Und so malte sich Kürten, wenn er nachts schlaflos in seiner Zelle lag, aus, wie er sich rächen könnte: »Nichts übertrifft den Seelenschmerz desjenigen, der Qualen durch andere Schmerzbereiter erlitt, und der nun den Drang in sich entdeckt, selbst anderen Schmerz zu bereiten. Und wenn ich mir vorgestellt habe, daß ich einem den Bauch aufgeschlitzt habe, da hatte ich Samenergüsse. Dabei erfolgte endgültige Befriedigung.«
    Kürtens Gewaltphantasien wuchsen sich immer grotesker aus: »Massenkatastrophen herbeizuführen, Brücken kaputt zu machen, Bazillen ins Trinkwasser zu bringen«. Und er fügt hinzu: »Es ist auch kein Wunder, wenn ich mich an diese Vorstellungen gewöhnte und sie mich bei der Haftentlassung zur Ausführung drängten.«
    So entwickelte sich, behauptet Kürten, seine »Vergeltungs- und Sühnetheorie«. Es sei seine göttliche Mission, Menschen umzubringen. Damit strafe er die, die ihn gequält haben. Der Psychiater Prof. Sioli hält ihm entgegen, man räche sich doch höchstens an seinen Peinigern, nicht an unschuldigen Menschen. Kürten erwidert, Beamte und Polizisten seien zu mächtig,

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