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Der Zweite Messias

Titel: Der Zweite Messias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Nidals Leichnam aus dem Leichenwagen. Hassan berührte das Tuch, in das sein Bruder gehüllt war, und küsste es.
    Nach moslemischem Brauch legten die Totengräber den Leichnam mit geschlossenen Augen ins offene Grab, drehten ihn auf die rechte Seite, zogen das Totengewand vom Gesicht und achteten darauf, dass der Kopf nach Mekka gewandt war.
    Der Imam sprach die Gebete für den Toten. Anschließend warfen alle Anwesenden drei Hände voll Erde ins Grab, während sie aus dem Koran zitierten.
    Als die Gebete verstummten, zogen die Totengräber und alle anderen sich respektvoll zurück. Nur Hassan blieb. Er beobachtete, wie die roten Rücklichter der beiden Limousinen in der Ferne verblassten. Dann kniete er sich vor das Grab, strich über den Boden und spürte die Kälte in seine Finger kriechen. Von heute Nacht an würde Nidal für alle Ewigkeit so kalt sein wie die Erde.
    Voller Trauer sprach Hassan seine Gebete. Als er sie beendete, erschütterte ein Donnerschlag den frühen Morgen. Hassan hob den Blick. Dunkle Gewitterwolken zogen über den Himmel. Es blitzte und krachte. Regen prasselte auf die ausgedörrte Erde.
    Hassan warf einen letzten Blick auf das Grab seines Bruders. In seinem Innern tobte eine solche Wut, dass seine Hände zitterten.
    Er wischte sich über die Augen und gab sich einen Ruck. Es wurde Zeit. Er musste tun, was getan werden musste.

105.
    »Wer war es, Jack? Wer hat die Schriftrolle gestohlen und Green ermordet?«
    Jack und Lela saßen in einem Taxi, das sie zum Hotel brachte. An diesem Sonntagmorgen herrschte kaum Verkehr auf den Straßen Roms.
    »Mein Gefühl sagt mir, dass der Vatikan dahintersteckt. Ich verstehe noch immer nicht, was die beiden Kreuze bedeuten, die Pater Novara mit seinem eigenen Blut an die Wand gemalt hat. Sicher, er war Experte für Altaramäisch, aber vielleicht wollte er einfach nur ausdrücken, dass es tatsächlich mehr als einen Messias gab. Oder er wollte damit sagen, dass die Kirche für seinen Tod mitverantwortlich war.«
    Lela starrte ihn an. »Das sind ziemlich abenteuerliche Vermutungen, Jack. Ohne handfeste Beweise kannst du eine so kühne Behauptung nicht aufstellen. Der Vatikan ist kein Tummelplatz für Mörder und Diebe, jedenfalls nicht mehr seit den Tagen der Borgias. Also, was für Beweise hast du?«
    Nachdem Jack kurz mit dem Fahrer gesprochen hatte, war er sicher, dass der Mann kein Englisch sprach. Das war auch besser so: Er hätte den Wagen wahrscheinlich zu Schrott gefahren, hätte er das Gespräch verfolgen können.
    »Was ist mit einem Motiv?«, hakte Lela nach. »Wer profitiert am meisten vom Besitz der Schriftrolle? Ein reicher Sammler?«
    »Du glaubst selbst nicht daran, stimmt’s?«
    »Kein Sammler, egal wie reich er ist, würde für eine Schriftrolle vom Toten Meer eine Anklage wegen mehrfachen Mordes und eine lebenslängliche Gefängnisstrafe riskieren.«
    »Und wenn jemand anders die Rolle für ihn gestohlen hat?«
    »Er würde sich trotzdem in große Gefahr begeben. Als ich im Kloster in Maalula war, hat Pater Novara etwas gesagt, das mich sehr nachdenklich gestimmt hat.«
    »Und was?«
    »Er hat gesagt, diese Schriftrolle solle niemand je zu Gesicht bekommen – ebenso wenig wie die anderen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass schon andere Schriftrollen wie die, die in Qumran gefunden wurden, aus dem Verkehr gezogen wurden. Nur eine sehr mächtige Organisation kann es sich leisten, ein ganzes Bündel Schriftrollen zu kaufen. Der Vatikan hat ein starkes Motiv – einen brisanten Hinweis auf Jesus, der den Glauben erschüttern oder sogar zerstören könnte. Und da ist noch etwas.«
    »Und was?«
    »Nachdem ich mit dir jetzt über meinen Verdacht gesprochen habe, fallen mir tausend Dinge wieder ein. Als meine Eltern damals ums Leben kamen, waren zuerst zwei katholische Priester am Unfallort, und die Schriftrolle verschwand. Ein seltsamer Zufall, nicht wahr? Dein eigener Vater hatte den Verdacht, jemand könnte sich an den Bremsen des Pick-ups zu schaffen gemacht haben.«
    »Du scheinst wütend zu sein, Jack.«
    »Das bin ich allerdings. Und je länger ich über die Sache nachdenke, desto wütender werde ich. Es wäre immerhin möglich, dass es kein normaler Unfall war, sondern dass jemand ihn absichtlich herbeigeführt hat, um in den Besitz der Schriftrolle zu gelangen.«
    »Es gab keine Beweise.«
    »Du bist Polizistin. Du weißt so gut wie ich, dass man manchmal keine Beweise findet und der Schuldige ungestraft davonkommt.«
    »Stimmt,

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