Der Zweite Messias
mit deinem Freund Cane.« Ari lächelte verkniffen und trank einen Schluck Espresso. Er ließ die unter der Zeitung versteckte Waffe sinken, hielt sie aber weiterhin schussbereit in der Hand. »Sobald er nach seiner Privataudienz beim Papst auftaucht, bringen wir die Sache hier zu Ende.«
111.
»Ich habe zwanzig Jahre mit einer Lüge gelebt. Ich habe ein dunkles Geheimnis für mich behalten und beschlossen, nicht darüber zu sprechen. Wissen Sie, warum?«
Jack war erschüttert, denn er wusste nicht, was er gleich hören würde. »Nein.«
»Weil ich wusste, dass mein Geheimnis dem Ansehen der Kirche schaden würde. Mein eigenes Schicksal war mir gleichgültig, aber die Kirche bedeutete mir alles, und daran hat sich nichts geändert. Deshalb habe ich geschwiegen.«
»Haben Sie meine Eltern getötet?«
Der Papst kniff die Lippen zusammen. »Ich war an Lügen und Verschwörungen beteiligt, Jack«, erwiderte er, seufzte gequält und vergrub das Gesicht in den Händen. Eine ganze Weileverharrte er in dieser Pose, bis er schließlich den Blick zu Jack hob. »Ich habe gelogen. Ich war in ein Verbrechen verstrickt, indem ich geschwiegen habe. Letztendlich aber verlangt jede Sünde ihren Preis.«
»Wer hat meine Eltern ermordet? Wer hat die Schriftrolle meines Vaters gestohlen? Sie wurde doch gestohlen, oder nicht?«
Becket nickte. »Ja.«
»Warum?«
»Weil einige Leute glaubten, es sei zum Wohle der Kirche.«
»Wie können Sie so etwas sagen? Wie können Sie Mord und Diebstahl rechtfertigen?«
»Das tue ich nicht, Jack. Ich nenne nur die Fakten.«
»Wer hat meine Eltern getötet?«
Der Papst blickte kurz auf den plätschernden Brunnen und wandte Jack dann wieder seinen Blick zu. »Als dein Vater die Schriftrolle entdeckt hatte, war er verwirrt, weil ein Teil des Textes keinen Sinn ergab. Deshalb erlaubte er Pater Kubel, einen Blick darauf zu werfen. Kubel sah sofort, dass der Text verschlüsselt war. Solche Schriftrollen waren mit einer bestimmten Markierung versehen.«
»Ich weiß. Und weiter?«
»Kubel wusste, was die Markierung bedeutete. Als vatikanischer Koordinator bei den Ausgrabungen hatte er von seinen Vorgesetzten bereits erfahren, dass der Inhalt verschlüsselter Schriftrollen möglicherweise kontrovers sein könnte. Er wusste auch, dass im Laufe der Jahre schon mehrere Schriftrollen an Ausgrabungsstätten am Toten Meer gefunden und mit Zustimmung Israels geheim gehalten worden waren.«
»Warum?«
»Weder der Vatikan noch Israel wollten, dass die Fundamente ihrer Religion durch Kontroversen erschüttert wurden.«
»Die Schriftrollen enthielten brisante Texte?«
»Manche, ja. Enthüllungen, mysteriöse Prophezeiungen, Hinweise auf Jesus und die frühe Kirche. Es waren Behauptungen darunter, die die religiösen Dogmen hätten erschüttern können.«
»Was hat Kubel getan?«
»Der Fund der Schriftrolle hat Ihren Vater begeistert. Er erzählte Kubel, dass er auf dem Weg nach Jerusalem einen alten Freund aufsuchen wolle, einen Journalisten der Post , um ihm die Schriftrolle zu zeigen. Als Kubel das hörte, schrillten bei ihm sämtliche Alarmglocken.«
»Warum?«
»Er fürchtete, dass der Inhalt der Schriftrolle enthüllt werden könnte, wenn die Presse eingeschaltet wurde.«
»Was hat er unternommen?«
Der Papst seufzte. »Er beschloss, die Schriftrolle um jeden Preis an sich zu bringen … was natürlich der reinste Wahnsinn war. Aber Kubel war hitzköpfig. Er ließ sich durch nichts aufhalten.«
»Was geschah dann?«
»Er hat versucht, die Bremsleitung des Pick-ups so zu manipulieren, dass die Bremsen auf der Fahrt nach Jerusalem versagten und Ihr Vater einen Unfall baute. Kubel wollte dem Pick-up folgen. In seinem Wahn, die Schriftrolle an sich zu bringen, nahm er in Kauf, dass alle starben. Er war ein Glaubensfanatiker, der buchstäblich über Leichen ging, um sein Ziel zu erreichen.«
»Dann war Kubel so schnell am Unfallort, weil er uns hinterhergefahren ist?«
»Ja.«
»Aber Sie waren ebenfalls da.«
Der Papst nickte. »Ich habe gesehen, dass Kubel dem Pick-upgefolgt ist. Er sah aus, als wäre er nicht mehr bei Sinnen, und da bin ich ihm hinterhergefahren. Dann hörte ich die Explosion. Als ich den Unfallort erreichte, sah ich die Trümmer eines Militärlasters, der explodiert war. Wie es letztendlich zu dem Unfall gekommen ist, werden wir wohl nie herausfinden.«
»Wie haben Sie erfahren, dass Kubel damit zu tun hatte?«
»Ein paar Wochen später bat er mich, ihm die Beichte
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