Der zweite Tod
Bericht.
»Barbro ist nach Solna rausgefahren«, sagte Kjell. »Brauchst du Verstärkung?«
»Ich muss es Lasse Björklund bald sagen. Da brauche ich dann Verstärkung.« Henning erklärte Kjell, was alles daraufhinwies, dass Lasses Frau nicht mehr am Leben war.
»Hör zu, wir brauchen Fingerabdrücke und DNA von Kajsa aus ihrem Haus. Per will bald zu dir aufbrechen.«
Sie fanden Lasse Björklund besorgt im Lehrerzimmer. Inzwischen hatte er in der Bibliothek angerufen und dort erfahren, dass seine Frau nicht zur Arbeit erschienen war.
»Wir müssen jetzt zu euch nach Hause«, sagte Henning. Moas bloße Anwesenheit beruhigte ihn und erleichterte alles.
Zu dritt fuhren sie nach Södersvik. Vor dem Haus wartete Per schon in seinem Wagen. Henning fragte sich, wie er es immer schaffte, so schnell zur Stelle zu sein. Das Haus war leer, die beiden Kinder waren bis fünf Uhr im Hort. Lasse sah sich um und war sich dann sicher, dass Kajsa seit dem Morgen nicht hier gewesen sein konnte.
»Das ist Per Arrelöv«, stellte Henning den Kriminaltechniker vor, bevor der es am Ende noch selbst tat. »Er muss jetzt euer Haus untersuchen.«
Lasse nickte. Sein Unverständnis war unverringert, dennoch fügte er sich in die Ereignisse und Maßnahmen, die er nicht verstand. Während Per seine Arbeit aufnahm und Lasse Tee kochte, setzten sich Henning und Moa auf die große braune Couch im Wohnzimmer. Genau so eine hatte er 1981 unglücklich in den Sperrmüll gegeben, erinnerte sich Henning. Seine Frau hatte darauf bestanden.
»Nun, Lasse«, begann Henning dann behutsam. »Wir wissen, dass das Haus in Nysättra deiner Frau gehörte. Es ist niedergebrannt, und wir haben darin die Leiche einer Frau gefunden. Wir wissen nicht, ob es Kajsa ist, aber es könnte möglich sein.«
Lasse schloss die Augen, bewegte die Lippen und schmatzte dabei. Er stülpte sie nach innen und nach außen, als kaute er die Nachricht durch. Aber er verstand sie nicht. Für ihn kam alles aus heiterem Himmel.
51
Zuallererst fielen Kjell an Sofi die Haare auf. Sie lagen noch genau wie am Samstag. Das beunruhigte ihn. Er wusste ja von Linda, wie überstürzt sie aufgebrochen waren. Da war es doch seltsam, dass Sofi nach dieser langen Reise drei Tage lang nicht geduscht hatte. Und sie roch auch so.
Sie setzten sich auf die beiden Sessel im Wohnzimmer. Im Flur stand immer noch ihre Tasche. Sie war unausgepackt.
»Wie geht es dir?«, fragte er. »Wann kommst du wieder? Wir brauchen dich jetzt dringend.«
Sofi wusste, dass dies Fragen waren, die sie beantworten musste. Sie verhielt sich immer noch apathisch, es hatte sogar noch etwas zugenommen.
»Ich habe es mir überlegt«, sagte sie und spielte mit ihren Fingern. »Ich würde lieber aufhören.«
»Aufhören? Womit denn?«
»Kündigen. Ich würde gerne kündigen.«
Sie hatte plötzlich eine Klarsichtmappe mit einem Blatt Papier darin zur Hand und streckte sie ihm entgegen. Das hatte sie bereits am Samstag beschlossen, da war er sich im Nachhinein sicher. Er hatte es jedenfalls da schon gefühlt.
»Also, so etwas Blödes habe ich auch noch nicht gehört.« Er ignorierte das Kündigungsgesuch, obwohl sie ihm leidtat, wie sie den ausgestreckten Arm mit dem Papier in der Hand nach einer Weile zurückziehen musste. »Jetzt pass mal auf, was heute und am Wochenende alles passiert ist!« Er wollte versuchen, sie auf den Abenteuerpfad zurückzubringen. Das war bei ihr am aussichtsreichsten. Er glaubte, dass sie jetzt keine einfühlsame Nähe ertragen konnte. Doch Sofis Konzentration richtete sich nur auf das Papier in ihrer Hand und darauf, ihm dabei in die Augen zu blicken. »Jetzt lass das doch mal.« Er nahm ihr die Mappe aus der Hand, knüllte sie zusammen und warf sie in die Ecke. Doch die Plastikfolie entfaltete sich wieder, noch bevor sie auf dem Boden landete. Obwohl sie nichts verriet, war es das erste Mal, dass sie ihr Inneres nicht verbarg. Weil sie es jetzt nicht mehr kann, dachte er.
In diesem Moment klingelte es.
»Das ist Barbro.« Er sprang auf. Barbro hatte wieder eine Punktlandung geschafft. Er öffnete die Tür und ließ sie angelehnt. Dann setzte er sich wieder zu Sofi. Kurz darauf erschien Barbro im Zimmer. Sie keuchte.
Kjell deutete auf das Papier am Boden, das dicht neben Barbro lag. »Schau dir das an, Sofi will kündigen.«
Er konnte darauf vertrauen, dass Barbro das Richtige tat. Barbro runzelte die Stirn, als ob sie sich vor diesem Gedanken ekelte, und nahm das Papier auf. Sie
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