Der Zweite Weltkrieg
die Juden, inzwischen durch die polnischen und russischen zu einem Millionenheer angewachsen, durch Um- oder Aussiedlung „loswerden“ könnte. Geahnt hatte er das wohl schon vorher, denn die den Fronten in Russland folgenden vier Einsatzgruppen dienten zwar offiziell der „Bandenbekämpfung“, im Grunde aber der Ermordung der Juden, die in deutsche Hände fielen (siehe Kasten).
Babi Jar
Was unter dem „polizeilichen“ Auftrag der Einsatzgruppen zu verstehen war, belegt eine „Aktion“ des Sonderkommandos (SK) 4a der Einsatzgruppe C am 29./30.9.1941 bei Kiew. Die Juden der ukrainischen Hauptstadt waren aufgefordert worden, sich zur „Umsiedlung“ zu melden. Es kamen 33 771 Männer, Frauen und Kinder, die von den SK-Männern in die Schlucht Babi Jar in der Nähe der Stadt geführt und dort sämtlich erschossen wurden. Nach dem zweitägigen Massaker sprengten Pioniere die Ränder der Schlucht, so dass das herabfallende Erdreich die Toten und die nur Verwundeten begrub. Im SK-Bericht vom 3.11.1941 hieß es: „Obwohl man zunächst nur mit einer Beteiligung von etwa 5000 bis 6000 Juden gerechnet hatte, fanden sich über 30 000 Juden ein, die infolge einer überaus geschickten Organisation bis unmittelbar vor der Exekution noch an ihre Umsiedlung glaubten.“
Wannseekonferenz
Die globale Ausweitung des militärischen Konflikts nutzte Hitler nun zur Erinnerung an seine am 30.1.1939 geäußerte „Prophezeiung“: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“ Der Rassenkrieger hatte keine Zeit mehr für territoriale Übergangslösungen. Der Weltkrieg war da, Hitler beschloss Ende 1941 die „Endlösung“, also die Vollstreckung des Todesurteils. In welcher Weise es zu organisieren sein würde, beriet am 20.1.1942 ein hochrangiges Gremium auf der sogenannten Wannseekonferenz unter Vorsitz von Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA).
Heer von Mitwissern
Im besetzten Polen entstanden das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz sowie die „Tötungsfabriken“ Kulmhof, Majdanek, Belzec, Sobibor und Treblinka. Aus den besetzten Ländern Europas wurden Juden zu Millionen in Reichsbahnwagons unter unvorstellbar grausamen Bedingungen dorthin deportiert und durch Sklavenarbeit oder in Gaskammern direkt vernichtet. Trotz strikter Geheimhaltung und sprachlicher Bemäntelung („Sonderbehandlung“) konnte, wer wollte, erfahren, dass im Osten ein umfassender Völkermord in Gang gesetzt worden war, von dem auch bald die Alliierten wussten. Eisenbahner, Fronturlauber, Zulieferer und am Töten Beteiligte bildeten ein Heer von Mitwissern, deren Kenntnisse nicht verborgen bleiben konnten. Wenn es die Wahrheit dennoch schwer hatte durchzudringen, dann wegen der Unfassbarkeit des Geschehens und der Opferzahl: über fünf Millionen.
Endstation der als „Umsiedlung“ deklarierten Todestransporte in die Vernichtungslager: Ungarische Frauen und Kinder an der Selektionsrampe von Auschwitz-Birkenau, 1944
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(c) dpa/picture alliance
Unsichtbare Front
Der Partisanenkampf im Osten (seit 1941)
Partisanen traten in allen von der Wehrmacht besetzten Ländern auf, doch während sie in vielen Gebieten wie in Frankreich, Griechenland, Polen oder in der Slowakei die Truppe erst in der Spätphase des Krieges vor ernsthafte Probleme stellten, entwickelte sich ihre Schlagkraft im Osten sehr rasch. Sie rekrutierten sich aus von der Front überholten Rotarmisten, entwichenen Kriegsgefangenen und zunehmend aus Zivilisten, darunter auch zahlreiche Frauen. Bereits einige Tage nach dem deutschen Überfall fasste der sowjetische Rat der Volkskommissare am 29.6.1941 Beschlüsse, die die ersten allgemeinen Anweisungen zur Bildung von Partisanen-Abteilungen betrafen. Neben Einzelkämpfern und losen Gruppierungen, bildeten KP-Funktionäre und sowjetische Offiziere besonders effektive Verbände, die straff organisiert waren.
Am 10.7.1941 nahm sich Stalin sogar höchstpersönlich der Frage des Partisaneneinsatzes an. Er verfügte die Aufstellung eines „Stabes der zentralen Partisanenbewegung“ und wies ihm die Aufgabe zu, im „Großen Vaterländischen Krieg“ in den von den Deutschen besetzten Gebieten dem Gegner jeden nur möglichen Schaden zuzufügen. In den ersten Monaten
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