Des Teufels Alternative
haben, immer nur zu reden. Wenn sie wüßten, was wir bereits getan haben … Ja, ich kann bis zum Monatsende fünf Mann zusammenhaben.«
»Okay«, sagte Krim, »da wir einmal angefangen haben, müssen wir auch weitermachen. Welchen Auftrag hast du für mich?«
»Du fährst nach Belgien«, entschied Drake. »Ich brauche eine große Wohnung in Brüssel – als Hauptquartier. Die anderen lassen wir dorthin kommen.«
Während Drake sprach, ging auf der anderen Seite der Erde die Sonne über Chita und der IHI-Werft auf. Die Freya lag wieder am Ausrüstungskai – diesmal jedoch mit leise summender Maschinenanlage.
Am Vorabend hatte eine längere Besprechung im Büro des Werftdirektors stattgefunden. Teilgenommen hatten daran die beiden Schiffsbaumeister, die Finanzchefs, der Werftdirektor, Harry Wennerström und Thor Larsen. Die beiden technischen Experten waren sich darüber einig gewesen, daß sämtliche Systeme des gigantischen Tankers einwandfrei arbeiteten. Wennerström hatte die Abnahme bescheinigt und durch seine Unterschrift bestätigt, daß die Freya den Spezifikationen seines Auftrags voll und ganz entsprach.
Damit waren weitere fünf Prozent des Kaufpreises fällig. Wennerström hatte fünf Prozent angezahlt, als der Bauvertrag unterschrieben worden war. Die Kiellegung und der Stapellauf waren ebenfalls mit jeweils fünf Prozent honoriert worden. Die restlichen 80 Prozent waren mit Zinsen in den kommenden acht Jahren zu zahlen. Aber die Freya gehörte praktisch ihm. Die Werftflagge war feierlich niedergeholt worden, und die blaue Flagge mit dem silbernen Wikingerhelm der Nordia Line wehte jetzt in der Morgenbrise.
Hoch auf der Brücke über dem riesigen Deck zog Harry Wennerström Thor Larsen am Arm mit sich in die Funkkabine und schloß die Tür hinter ihnen. Bei geschlossener Tür war dieser Raum völlig schalldicht.
»Jetzt sind nur noch Sie für das Schiff verantwortlich, Thor«, sagte er. »Übrigens hat sich eine kleine Änderung ergeben, was Ihre Ankunft in Europa betrifft. Ich habe nicht die Absicht, die Ladung vor der Küste in Leichter umschlagen zu lassen. Nicht auf der Jungfernfahrt der ›Freya‹. Dieses eine Mal bringen Sie sie vollbeladen an die Kais von Europort Rotterdam.«
Larsen starrte seinen Reeder ungläubig an. Beide Männer wußten recht gut, daß vollbeladene ULCC niemals in Häfen einliefen; sie ankerten weit draußen und pumpten ihre Ölladung in kleinere Tanker um, bis ihr Tiefgang soweit reduziert war, daß sie mit dem Rest einlaufen konnten. Oder sie legten an künstlichen Inseln an, die auf Stelzen weit draußen im Meer standen und von denen die Ladung über eine Pipeline an Land gepumpt wurde. Für die Besatzungen dieser Supertanker gab es nicht die Mädchen in jedem Hafen; ihr Schiff lief oft das ganze Jahr über keinen einzigen Hafen an, und die Urlauber wurden per Hubschrauber von Bord geholt und wieder zurückgebracht. Deshalb mußten ihre Unterkünfte auch besonders gemütlich und komfortabel sein.
»Der Ärmelkanal ist zu klein für das Schiff«, stellte Larsen fest.
»Sie fahren auch nicht durch den Kanal«, antwortete Wennerström. »Ihre Route führt westlich an Irland und den Hebriden vorbei, zwischen den Orkney- und den Shetland-Inseln hindurch, entlang der Zwanzig-Faden-Grenze durch die Nordsee nach Süden und vor die holländische Küste, wo Sie von Lotsen bis zur Maasmündung gebracht werden. Von Hoek van Holland aus wird die ›Freya‹ in den Europort geschleppt.«
»Für den Inneren Kanal von der K. I.-Boje bis zur Maas hat sie zuviel Tiefgang!« protestierte Larsen.
»Nein, das stimmt nicht mehr«, stellte Wennerström gelassen fest. »Die Fahrrinne ist in den letzten vier Jahren auf fünfunddreißig Meter Tiefe ausgebaggert worden. Die ›Freya‹ hat beladen dreißig Meter Tiefgang. Thor, wenn ich einen Kapitän nennen sollte, der einen Millionentonner in den Europort bringen kann, würde mir nur Ihr Name einfallen. Ich weiß, daß das eine verdammt knappe Sache wird, aber Sie müssen mir diesen letzten Triumph gönnen! Ich will, daß die Welt das Schiff sieht, Thor. Meine ›Freya‹. Ich sorge dafür, daß sie würdig empfangen wird – von der holländischen Regierung, von der Weltpresse. Alle sind meine Gäste, und alle werden sprachlos sein! Sonst bekommt niemand die ›Freya‹ zu sehen, Thor; sie wird sich immer außerhalb der Sichtweite von Land befinden.«
»Gut, meinetwegen«, sagte Larsen langsam. »Nur dieses eine Mal. Wenn alles
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