Des Teufels Alternative
bildeten die Besatzung des Flugzeugs.
Die Radargeräte der Maschine orteten jedes Stück Metall auf der Wasseroberfläche; die elektronischen Kameras lieferten – unabhängig vom Wetter – Tag und Nacht gestochen scharfe Bilder, mit denen die Datalink-Computer an Bord gefüttert wurden. Nachdem die Aufnahmen analysiert worden waren, wurden sie elektronisch nach Kinloss oder an ein dem Datalink-System angeschlossenes Kriegsschiff übermittelt.
An diesem sonnigen Freitag hatte Latham den Auftrag, in 15 000 Fuß Höhe über der Freya zu kreisen, bis er abgelöst wurde. »Wir haben sie auf dem Bildschirm, Skipper«, meldete Lathams
Radarbeobachter über die Bordsprechanlage nach vorn. Im Rumpf der Nimrod saß der Beobachter vor seinem Radarschirm, erkannte die verkehrsfreie Zone um die Freya herum und verfolgte, wie der große Blip, der den Tanker darstellte, in die Schirmmitte vorrückte.
»Kameras ein«, befahl der Major ruhig. Unter dem Rumpf der Nimrod drehten sich die F-126-Tageslicht-Kameras wie Geschützrohre und erfaßten die Freya. Entfernung und Schärfe wurden automatisch geregelt. Der Teil der Flugzeugbesatzung, der in dem fensterlosen Rumpf der Maschine hockte, sah die Freya jetzt auf den Bildschirmen. Von nun an konnte das Flugzeug beliebige Manöver fliegen – die Kameras würden stets auf das Schiff gerichtet bleiben und ihre Position automatisch verändern, falls es die Flugbahn der Nimrod verlangte. Selbst wenn die Freya Fahrt aufnehmen sollte, würden sie wie Augen, die nie zu blinzeln bräuchten, auf sie gerichtet bleiben, bis neue Anweisungen kamen.
»Und senden«, fügte Latham hinzu.
Die Aufnahmen wurden über Datalink nach Großbritannien gefunkt und von dort aus nach London übermittelt. Als die Nimrod die Freya überflog, legte sie sich in eine Linkskurve, und Major Latham konnte selbst auf das Schiff hinunterblicken. Das Zoomobjektiv einer Kamera, die unter ihm außen in der Bordwand angebracht war, holte Einzelheiten des Schiffs heran. Sie zeigte die einsame Gestalt des maskierten Terroristen im Bug, der zu dem winzigen, silberglänzenden Flugzeug fünf Kilometer über ihm aufsah. Sie holte den zweiten Terroristen auf dem Schornstein so nahe heran, daß seine schwarze Überziehmütze den Bildschirm füllte. Der Mann hielt eine Maschinenpistole an sich gedrückt.
»Da hocken die verdammten Kerle!« rief der Kameramann. Die Nimrod beschrieb einen weiten Kreis um den Liegeplatz der Freya. Sie flog mit eingeschaltetem Autopiloten, hatte zwei Triebwerke abgestellt und die Leistung der beiden anderen soweit verringert, daß die maximale Flugdauer gewährleistet war. Die Maschine führte ihren Auftrag aus: Sie kreiste, beobachtete, hielt Wache und übermittelte das Gesehene nach Großbritannien.
Mark Latham übergab die Maschine seinem Kopiloten, schnallte sich los und verließ das Cockpit. Er ging nach hinten, wo ein Eßplatz für vier Personen abgeteilt war, verschwand auf der Toilette, wusch sich die Hände und holte ein Fertiggericht aus dem Mikrowellenherd. Eigentlich eine ziemlich bequeme Art der Kriegführung, dachte er.
Der vor Sauberkeit strahlende Volvo des Polizeichefs von Alesund fuhr im Stadtviertel Bogneset, das fünfzehn Autominuten vom Zentrum entfernt lag, über die mit Kies bestreute Zufahrt eines ländlichen Bungalows. Der Wagen hielt am Feldsteinfundament der Veranda.
Trygve Dahl war ein Altersgenosse von Thor Larsen. Die beiden waren gemeinsam in Alesund aufgewachsen, und Dahl war in dem Jahr, in dem Larsen zur Handelsmarine gegangen war, in den Polizeidienst getreten. Dahl kannte Lisa Larsen, seit der Freund seine junge Frau nach der Hochzeit von Oslo hierher gebracht hatte. Dahls Kinder waren mit Kurt und Kristina Larsen befreundet, gingen mit ihnen in dieselbe Schule und segelten in den langen Sommerferien mit ihnen.
Herrgott noch mal! dachte er, während er aus dem Volvo stieg. Was soll ich ihr bloß sagen?
Lisa hatte sich am Telefon nicht gemeldet, als er sie zu erreichen versucht hatte. Die Kinder mußten noch in der Schule sein. Falls Lisa beim Einkaufen war, konnte sie jemanden getroffen haben, der ihr bereits alles erzählt hatte. Dahl klingelte an der Haustür. Als niemand aufmachte, ging er ums Haus herum in den Garten.
Lisa Larsen, die ihr Gemüse selbst zog, war gerade dabei, ein Frühbeet umzugraben. Sie sah lächelnd auf, als sie Dahl um die Ecke kommen sah.
Sie weiß noch nichts! dachte er. Lisa ließ ihren Späten stecken, zog ihre
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