Des Teufels Alternative
Matthews traf seine Entscheidung.
»Stan, ich möchte, daß Sie sofort im Nationalen Sicherheitsrat einen Krisenstab zusammenstellen. Er soll klein sein und absolut geheim bleiben. Sie, Bob und David, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, der Verteidigungsminister, der Finanzminister und der Landwirtschaftsminister. Ich will wissen, welche Auswirkungen eine Hungersnot in der Sowjetunion weltweit haben wird. Ich muß es wissen, und zwar bald.«
Eines der Telefone auf seinem Schreibtisch klingelte: die Direktverbindung zum Außenministerium. Präsident Matthews warf Lawrence einen fragenden Blick zu.
»Rufen Sie mich an, David?« fragte er lächelnd.
Der Außenminister stand auf und nahm den Hörer ab. Er lauschte einige Minuten, dann legte er ihn wieder auf.
»Mr. President, die Dinge entwickeln sich schneller, als wir gedacht haben. Vor zwei Stunden hat in Moskau Außenminister Rykow Botschafter Donaldson ins Ministerium bitten lassen. Im Auftrag der Regierung hat er ihm den Wünsch der Sowjetunion übermittelt, bis Anfang nächsten Jahres fünfundfünfzig Millionen Tonnen Getreide von den Vereinigten Staaten zu kaufen.«
Einige Sekunden lang war nur das Ticken der Kaminuhr auf dem Marmorsims zu hören.
»Was hat Donaldson geantwortet?« fragte der Präsident.
»Natürlich nur, daß er das Ersuchen nach Washington weiterleiten werde«, antwortete Lawrence, »und daß Rykow davon ausgehen könne, Ihre Entscheidung in absehbarer Zeit zu erhalten.«
»Meine Herren«, sagte Matthews, »ich brauche Ihre Informationen so schnell wie möglich. Ich kann meine Antwort bestenfalls vier Wochen hinauszögern. Spätestens am fünfzehnten September muß ich antworten. Bis dahin muß ich wissen, womit wir es hier zu tun haben. Unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten!«
»Mr. President, wir rechnen in den nächsten Tagen mit weiterem Material von der Nachtigall. Vielleicht gibt es Aufschluß darüber, wie der Kreml das Problem sieht.«
Präsident Matthews nickte. »Bob, falls tatsächlich Material eintreffen sollte, möchte ich sofort eine Übersetzung davon auf den Schreibtisch bekommen.«
Als in Washington die Besprechung beim Präsidenten in der Abenddämmerung endete, war es in Großbritannien schon lange dunkel. Aus dem Polizeibericht ging später hervor, daß in der Nacht vom 11. auf den 12. August Dutzende von Diebstählen und Einbrüchen verübt worden waren, aber der Fall, der die Polizei am meisten verblüffte, war der Diebstahl aus einem Waffengeschäft in der hübschen Kleinstadt Taunton in der Grafschaft Somerset.
Die Täter mußten bereits an einem der Tage zuvor als scheinbar harmlose Kunden das Geschäft aufgesucht und dabei das Kabel der Alarmanlage durchschnitten haben. Daraufhin hatten sie das Scherengitter am Hintereingang des Ladens in aller Ruhe mit einem Bolzenschneider knacken können.
Die Ladenkasse war nicht aufgebrochen worden, auch die übliche Beute – Schrotflinten, deren Lauf abgesägt wurde und die dann für Banküberfälle benützt wurden – hatten die Einbrecher verschmäht. Der Geschäftsinhaber stellte fest, daß nur ein einziges Jagdgewehr fehlte: eines seiner besten Stücke, ein finnisches Kleinkalibergewehr der Marke Sako – das Präzisionsschußmodell Hornet 22. Ebenfalls verschwunden waren zwei Schachteln Remington-Munition für diese Waffe: stumpfe Weichkerngeschosse mit hoher Geschwindigkeit und beträchtlicher Verformbarkeit beim Aufprall.
In seiner Wohnung in Bayswater saß Andrew Drake mit Miroslaw Kaminski und Asamat Krim zusammen und begutachtete die auf dem Couchtisch liegende Ausrüstung. Sie bestand aus zwei Pistolen mit je zwei vollen Magazinen, dem Gewehr mit zwei Schachteln Munition und dem Bildverstärker.
Es gibt zwei Arten von Nachtsichtgeräten: das Infrarotzielgerät und den Bildverstärker. Wer nachts schießen will, bevorzugt eher den Bildverstärker. Krim, in Westkanada aufgewachsen und ehemaliger Fallschirmjäger, hatte gut gewählt.
Das Infrarotzielgerät. arbeitet mit einem Infrarotlichtstrahl, der entlang der Visierlinie ausgesandt wird und das Ziel beleuchtet, das im Okular als grünliche Silhouette erscheint. Da das Infrarotzielgerät für das menschliche Auge unsichtbares Licht aussendet, braucht es eine Batterie als Stromquelle. Der Bildverstärker dagegen sammelt alles Restlicht, das selbst in der Dunkelheit noch vorhanden ist, und konzentriert es – vergleichbar der riesigen Netzhaut eines Uhus, die ebenfalls das
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