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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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nichts ohne ausdrücklichen Befehl herein- oder herausgebracht werden. Das tue ihm leid, hatte er noch gesagt, bevor er die Tür wieder von außen abgesperrt hatte.
    Im nächsten Augenblick erschien auf dem Fernsehschirm eine Graphik vor dem Hintergrund einer Landkarte Chinas, auf der die Städte Wuxi und Hefei farbig hervorgehoben waren.
    Stand um zweiundzwanzig Uhr zwanzig Pekinger Zeit: WUXI: Zahl der Todesopfer: fünfzehntausendsiebenhundertacht. Hefei: Zahl der Todesopfer: siebenundachtzigtausendfünfhundertdreiundfünfzig.
    Danach ein rascher Szenenwechsel nach Peking. Dort stand ein Reporter auf dem Platz des Himmlischen Friedens.
    Marsciano griff nach der Fernbedienung.
    Nun war die Stimme des italienischen Reporters zu hören. Soeben sei eine wichtige Regierungsverlautbarung in bezug auf die jüngsten Naturkatastrophen in Hefei und Wuxi angekündigt worden, berichtete er. Nach vorerst noch unbestätigten Gerüchten werde die Zentralregierung den Provinzen eine umfassende und mit Hochdruck voran-441
    getriebene Rekonstruktion aller Wasser- und Kraftwerke Chinas zusichern.
    Marsciano berührte die Fernbedienung, der Reporter sprach ohne Ton weiter. Palestrina hatte gesiegt. Aber obwohl er gesiegt hatte, sollte noch ein weiterer See, aus dem eine chinesische Großstadt ihr Trinkwasser bezog, vergiftet werden. Welche teuflische Überlegung steckte dahinter?
    Marsciano schloß müde die Augen und wünschte sich, Pater Daniel wäre bei dem Busattentat umgekommen, um nie erleben zu müssen, welche schrecklichen Folgen Marscianos verdammenswürdige Schwäche und seine Untätigkeit gegenüber Palestrina gehabt hatten.
    Er wünschte sich, Pater Daniel wäre bei der Explosion umgekommen, anstatt hier von Farels Schergen ermordet zu werden, wenn er auf der Suche nach seinem Mentor herkam, nachdem die Anschläge in China bereits verübt worden waren.
    Der Kardinal wandte sich von der kalten Grausamkeit des Fernseh-bilds ab. Frühe Nachmittagssonne fiel durch die Glastür und lockte ihn dorthin. Außer Schlaf und Gebet war diese Tür sein einziger Trost. Von dort aus konnte er die vatikanischen Gärten überblicken, eine heitere Welt voller Frieden und Schönheit.
    Jetzt stand Marsciano auf, trat an die Tür, zog den Vorhang zurück und beobachtete, wie das Sonnenlicht durch die Bäume fiel und die alte Gartenanlage in Hell-Dunkel-Kontraste tauchte. Er wollte sich von der Tür abwenden, um an seinem Bett niederzuknien und Gott wie schon unzählige Male in den letzten Tagen um Vergebung für das Grausen bitten, das er mitverursacht hatte. Da verschwand schlagartig alle Schönheit unter ihm. Was er sah, erschütterte ihn bis ins Innerste seines Wesens. Obwohl er dieses Bild schon hundertmal gesehen hatte, hatte es ihn noch nie mit solchem Abscheu erfüllt wie heute.
    Zwei Männer kamen langsam den Kiesweg entlang. Der eine war ein Hüne in Schwarz, der andere war älter, viel kleiner und weiß gekleidet. Der eine war Palestrina. Der andere, der zierliche, ge-brechliche Mann in Weiß, war der Heilige Vater, Giacomo Pecci, Papst Leo XIV.

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    Palestrina sprach lebhaft auf ihn ein, gestikulierte dabei mit anstek-kender Energie. Als ob er die Welt und alles, was darin lebte, mit seiner Fröhlichkeit und Lebensfreude anstecken wolle. Und der Papst neben ihm stand wie immer unter dem Einfluß des Charismas dieses Mannes, dem er kritiklos vertraute. So bedingungslos, daß er für die Wahrheit blind war.

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    20.35 Uhr
    »Mr. Harry!« rief Herkules aus, als Harry die Tür von Piano 3a öffnete und Roscani Herkules bedeutete, er solle eintreten. Der Zwerg schwang sich völlig überrascht auf seinen Krücken in die Wohnung.
    Roscani, Scala und Castelletti folgten ihm.
    Castelletti schloß die Tür von innen ab und blieb neben ihr stehen, während Scala nach einem Blick zu Danny und Elena hinüber einen Rundgang durch das Apartment machte.
    »Ihr Kletterseil liegt draußen im Flur«, sagte Roscani.
    Harry nickte dankend, dann wandte er sich an Herkules, der mit vor Staunen offenem Mund neben Castelletti an seinen Krücken hing.
    »Kommen Sie bitte herein, und nehmen Sie Platz. Das ist mein Bruder, Pater Daniel, und das ist Schwester Elena«, sagte er zu Herkules und Roscani, um sie mit dem Priester im Rollstuhl und der neben ihm stehenden attraktiven jungen Frau bekannt zu machen, als seien die beiden Besucher zum Abendessen eingeladene Gäste.
    Herkules war noch immer sichtlich verwirrt, als er Harry durch den Raum folgte.

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