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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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Sie… tragen eine Pistole.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Sie wissen ja, daß ich Carabiniere bin.«
    »Nicht mehr.«

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    »Aber noch immer Reservist.« Marco sah plötzlich nach vorn.
    »Luca, Schwester Elena möchte wissen, wohin wir fahren.«
    »Nach Norden.«
    Marco verschränkte seine Arme, lehnte sich zurück und schloß die Augen. »Ich schlafe jetzt«, bemerkte er zu Elena. »Das sollten Sie auch tun. Wir haben eine lange Fahrt vor uns.«
    Elena beobachtete ihn noch einen Augenblick, dann sah sie nach vorn, wo Lucas Gesichtszüge kurz von der Flamme seines Feuer-zeugs erhellt wurden, als er sich eine Zigarette anzündete. Sie hatte die Ausbuchtung unter seiner Jacke gesehen, als er mitgeholfen hatte, ihren Patienten einzuladen, womit ihre Vermutung, er sei ebenfalls bewaffnet, sich bestätigt hatte. Und obwohl niemand diese Tatsache erwähnt hatte, wußte Elena, daß Pietro, der immer Frühdienst hatte, in seinem Wagen hinter ihnen herfuhr.
    Neben ihr hatte Michael Roark die Augen geschlossen. Ob er träumte? Wie seine Träumen aussehen mochten? Und wohin sie ihn wohl entführten? Oder ob er ebenso ahnungslos wie Elena unterwegs war: auf nachtdunklen Straßen, ohne das Ziel der Fahrt zu kennen, in Gesellschaft bewaffneter Fremder.
    Elena fragte sich wieder einmal, wer er war, daß er solche Männer brauchte. Sie fragte sich, wer er überhaupt war.

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    Rom.
    Zur selben Zeit
    Plötzlich hatte er das Gefühl, Hunderte von winzigen Füßen liefen auf ihm herum. Leichte, rasche Füße. Klein. Wie die von Nagetieren.
    Mit scheinbar übermenschlicher Anstrengung öffnete Harry ein Au-ge und sah sie.
    Keine Mäuse. Ratten.
    Sie waren auf seiner Brust, auf seinem Bauch und beiden Beinen.
    Er schrie entsetzt auf, versuchte, sie abzuschütteln. Einige verschwanden, aber die meisten klammerten sich fest, stellten die Ohren hoch, beobachteten ihn mit ihren winzigen roten Augen.
    Dann nahm er den Gestank wahr. Und er erinnerte sich an den Abwasserkanal.
    Überall rauschte fließendes Wasser. Harry spürte die Nässe und merkte, daß er im Wasser lag. Er stemmte sich mühsam hoch, drehte den Kopf zur Seite und sah mit dem rechten Auge weitere Ratten.
    Hunderte. Sie saßen etwas höher auf dem Trockenen, beobachtend, wartend. Anscheinend fürchteten sie das Wasser. Nur die Tapfersten von ihnen hatten sich durch die seichte Flut bis zu ihm vorgewagt.
    Über sich sah er ein gemauertes altes Gewölbe: das Dach des Abwasserkanals. Die gleichen, von brüchigem Mörtel zusammengehal-tenen Steine bildeten die Wände und die Wasserrinne, in der er lag.
    In regelmäßigen Abständen an der Decke angebrachte schwache Glühbirnen lieferten das trübe Licht, in dem er seine Umgebung wahrnahm.
    Er konnte sehen!
    Zumindest schemenhaft.
    Als er sich zurücksinken ließ und das rechte Auge schloß, verschwand plötzlich alles. Harry blieb sekundenlang unbeweglich liegen und sammelte sich, bevor er sein linkes Auge öffnete.
    Schwärze. Nichts zu erkennen.
    Er öffnete sofort wieder das rechte Auge, und die Welt kam zurück.
    Trübe Lampen. Steine. Mörtel. Wasser. Ratten.

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    Er sah die beiden Tiere, die seinem rechten Auge am nächsten waren, langsam vorrücken. Zuckende Nasen, gefletschte Zähne. Als ob sie wüßten, daß er blind war, wenn er dieses Auge verlor. Daß er dann ihnen gehörte.
    »Haut ab!« brüllte er, während er sich aufzurichten versuchte. Er spürte, wie sie sich an ihm festklammerten, damit er sie nicht abschütteln konnte. Er warf sich von einer Seite zur anderen und hörte seine Worte von dem Gewölbe widerhallen. Dann rutschte er seitlich in tieferes Wasser. Er spürte, wie es über ihn hinwegflutete, ihn mit-riß. Er war sich sicher, daß die Ratten von ihm abließen. War sich sicher, daß er ihr schrilles Quieken hörte, während sie versuchten, sich aus dem Wasser zu retten, um nicht zu ertrinken. War sich sicher, daß er Hunderte von anderen in einem schrecklichen Aufruhr kollektiver Angst quietschen hörte. Er öffnete den Mund, schrie gegen sie an und wollte tief Luft holen. Aber sein Mund füllte sich mit Wasser, und er würgte keuchend, während er abgetrieben wurde. Das einzige, was er deutlich wahrnahm, war der Geschmack des Wassers: faulig und nach seinem eigenen Blut schmeckend.

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    Freitag, 10. Juli, ein Uhr morgens
    Eine Hand berührte Harrys Gesicht, und er stöhnte, während ein Schauder seinen Körper durchlief. Die Hand zog sich zurück und kam im nächsten Augenblick mit einem

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