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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Dokumente, Akten, die niemals in die Hände … Uneingeweihter … hätten geraten dürfen. Wäre ich noch einmal umgekehrt, ich hätte die Entdeckung der beiden Drachen und damit schlimme Konsequenzen riskiert. Ein entschieden zu hoher Preis.«
    Er verschränkte die Hände, wie zum Gebet. »Eine Schlamperei, zweifelsohne. Aber damals hatte ich tatsächlich gehofft, dass es dir gelingen würde, sie an dich zu nehmen.«
    Mir, der in Gewahrsam gestellt war? Dessen Offiziersdegen man zerbrochen hatte? Mir, dem Geschmähten, dem Ehrlosen? Auf seine Weise war Felix stets ein Träumer gewesen. Ich nippte am Cognac und tätigte die naheliegende Schlussfolgerung.
    »Diese Schriftstücke gerieten in Waldhausens Hände, und daraufhin erpresste er dich?«
    Felix lächelte. »Wie man es eben in vergleichbaren Situationen zu tun pflegt. Allerdings erst, als viele Jahre vergangen waren. Vor knapp zwei Jahren nahm er zum ersten Mal Kontakt zu mir auf. Er drohte abwechselnd, sie in den ihm bekannten Tagesblättern veröffentlichen zu lassen oder sie an sämtliche Befehlshaber von Armee und Marine weiterzuleiten.
Damit wäre das gesamte Bureau in akuten Erklärungsnotstand geraten. Und, schlimmer noch, die Bevölkerung wäre zweifelsohne in Panik gestürzt, hätte sie erst von nüchternen staatlichen Bestandaufnahmen erfahren, die es von Gestaltenwandlern, Vampiren, den Auseinandersetzungen mit dem Alten Volk und noch weit absonderlicheren Angelegenheiten – über die ich selbst dir gegenüber Stillschweigen bewahren will – gibt. All das hatte er angedroht«, eine winzige Pause entstand, »wenn ich ihn nicht bezahlte.«
    Er war aufgestanden und wieder ans Fenster getreten. Halb abgewandt sprach er mehr zu der Stadt, die sich im Dämmerlicht unter uns erstreckte, als zu mir.
    »Das Bureau in Kenntnis zu setzen oder meine Kollegen um Hilfe zu bitten, stand natürlich außer Frage.«
    Natürlich. Eher hätte Felix alles, was ihm lieb und teuer war, geopfert, und sich obendrein die Kehle durchschneiden lassen, als sich zu solch einer gedankenlosen Dummheit zu bekennen. Schon damals, als wir noch Freunde waren, hatte er eine hohe Stellung als Agent in okkulten Belangen bekleidet; schon damals hatte er großen Wert auf seinen Ruf, sein Prestige gelegt. Nie sollte man ihn, Felix Graf Trubic, eines Fehlers oder eines Versagens bezichtigen können.
    Geistesabwesend fuhr ich mir mit einer Hand durch mein Haar. »Dir ist hoffentlich bewusst, dass du dich in dem Mordfall Waldhausen soeben selbst schwer belastet hast?«
    Er wandte sich zu mir um, zuckte die Achseln. »Du verdächtigst mich, ich verdächtige dich. Und was kümmert mich das noch?«
    Er riss ein Streichholz an, um sich eine weitere Zigarette anzuzünden. »Ich bitte dich, höre dir nur meine Geschichte bis zum bitteren Ende an, und richte erst dann über mich«, murmelte er, seine Stimme so indifferent wie das abendliche Zwielicht.

    Hatte Felix Trubic soeben das Wort »bitte« verwendet? Schweigend nickte ich, und lauschte.
    »Die Dokumente – du darfst nicht vergessen, als Waldhausen sie endlich dechiffriert hatte, waren sie bereits mehr als zehn Jahre alt. Alte Handlungsanweisungen, alte Rapports, und dennoch, für die unwissende Bevölkerung wären sie von ungekannter Brisanz gewesen. Unglücklicherweise hatten wir damals lediglich mit einer Mischung aus Zahlen- und Schiebecode gearbeitet, wenigstens was Schriftstücke von minderer Bedeutung betraf. Und diese Verschlüsselung war zwar nicht unbedingt leicht, aber mit ausreichend Hartnäckigkeit und Zeitaufwand dennoch zu knacken. Die Zahl der Jahre, die Waldhausen dafür benötigte, spricht offenkundig nicht für seine Geisteskräfte.«
    »Weshalb hast du in all der Zeit niemals versucht, die Schriftstücke von Waldhausen zurückzuerlangen?«, unterbrach ich ihn neugierig.
    »Um bei der Wahrheit zu bleiben – wie du es von mir verlangt hast –, ob nun aufgrund des wechselhaften Ablaufs meines Lebens, all der phantastischen Aufträge, mit denen ich mich befasst habe oder all der Wunderlichkeiten, die ich sah, es war mir gelungen, ihre Existenz binnen kürzester Zeit gänzlich zu vergessen.«
    »Oh«, machte ich nicht eben geistvoll, einmal mehr erschüttert von Felix’ Leichtfertigkeit.
    »Wie ich schon erwähnte, er wollte Geld«, nahm Felix seine Erzählung wieder auf. »Eine unvorstellbare Summe, mehr als ich selbst in meinen besten Tagen, mit tätiger Hilfestellung all meiner Freunde und Bekannten hätte

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