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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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froh, als auch Hans Mergel endlich bereit war weiterzuziehen.
    Auslöser für Mergels plötzliche Aufbruchsstimmung war ein Abend gewesen, an dem sein Freund Vitus Hasenmann es doch tatsächlich gewagt hatte, in einer großen Runde zu erzählen, weshalb der gute Hans ein gespaltenes Verhältnis zur stadt Frankfurt hatte.
    Und das kam so:
    »Oh, das ist schon lang her«, berichtete Hasenmann in seinem schwäbischen Akzent, »wir waren beide junge Burschen und gut im Saft, wenn ihr wisst, was ich meine. Hans hatte damals noch zwei Beine und so schönes blondes Haar, dass er sich vor dem Weibsvolk kaum retten konnte. Ja, ein schöner Kerl ist das mal gewesen, auch wenn man das heute kaum mehr glauben mag.
    Zusammen zogen wir durch die Lande, hatten uns zufällig irgendwo in der Fränkischen schweiz getroffen und beschlossen, gemeinsam weiterzugehen, wohin uns unsere jungen Füße trugen. Das war sehr großmütig vom Hans, denn immerhin ist er ein stolzer Zimmermann, während meine Wenigkeit als Gerber einem unehrbaren Gewerbe nachgeht. Aber das hat uns nicht gestört, haben uns halt gut verstanden, und so kamen wir dann auch eines Tages in die stadt Frankfurt.
    Dort verbrachten wir so manche durchzechte Nacht. Ja, ihr Lieben, es gab da nämlich eine Spelunke, die es in sich hatte. Von außen klein und unscheinbar, erwies sie sich von innen als das reinste, prächtigste Babel. Und da wurde getanzt, gesungen, gesoffen und geküsst.
    Und jetzt ratet mal, wer der wildeste Küsser von allen war: Das war unser guter Hans. Nicht ein, nicht zwei, nicht drei, nein, vier Mädel hat der an manchem Abend verführt. Ganz besonders angetan hatte es ihm ein junges Ding namens Sofia, zur Hälfte Zigeunerin, mit schwarzem Haar und stechend grünen Augen. Doch die Augen waren nicht einmal das Schönste an ihr. Nein, es gab was anderes, was noch viel, viel prächtiger war. Nicht wahr, Hans?«
    Und Hasenmann machte mit beiden Händen eine eindeutige Bewegung vor seiner Brust.
    »Ja, die hat dem Hans den Kopf verdreht. Möchte gar nicht wissen, wie viel Geld er für sie verprasst hat, Unmengen müssen es gewesen sein, denn die Dame hatte Wünsche. sie wünschte sich einen neuen Schal, purpurrot und aus seide sollte er sein, dann bildete sie sich eine Bernsteinkette ein und schließlich ein grünes Samtkleid. Hans kaufte ihr alles.
    Doch wie das bei schönen Frauen so ist, hatte auch die feurige Sofia nicht nur einen Verehrer. Nein, sie pflegte – und das war stadtbekannt – auch ein sehr inniges Verhältnis zu einem jungen Kaufmannssohn, einem zwar gebildeten, aber dennoch flegelhaften Lüstling. Der pflegte mitsamt einem Anhang von fünf, sechs weiteren nichtsnutzigen, aber reichen Söhnen allabendlich die Stadt unsicher zu machen, um den darauffolgenden Tag in seinem weißen Himmelbett zu verschlafen.
    Dieser – seinen Namen kenne ich, will ihn aber hier nicht nennen – erfuhr schließlich von seinem Nebenbuhler Hans und glühte vor Eifersucht.
    Eines Abends – wir feierten gerade wieder in besagter Spelunke, und auch Sofia und Hans waren turtelnd zugegen – kam dieser Jüngling, der sich sonst nie in solch einer gemeinen Ab-steige zeigte, mit seinem Gefolge hereingestürmt. Zunächst begann es friedlich, denn er machte sich alle Anwesenden zu Freunden, indem er eine Runde schnaps nach der nächsten spendierte. Doch dann, ehe wir’s uns versahen, schnappte er sich mit einem seiner starken Freunde den Hans und band ihn bäuchlings auf eine Bank. Wir anderen sahen darin nichts Böses, und obwohl der gute Hans protestierte, lachten wir, als sie ihm die Hosen runterzogen, seinen Hintern mit Salz be-schmierten, sodann die Ziege des Wirtes hineinführten und sich an dem Salz gütlich tun ließen.
    Ja, sie spielten noch so manchen Streich mit dem Hilflosen, bevor sie ihn – es war bereits Morgen, und ein redlichers Mensch ging längst seinem Tagwerk nach – losbanden und vollkommen nackend durch die stadt jagten.
    Der Hans war splitternackt, er trug nichts am Leibe, rein gar nichts. Und so drehten sie ihre Runden, bis hin zum Römer, auf dem schon längst ein reges Treiben war. Dort banden sie den Armen wieder auf eine Holzbank und gaben jedem, der spaß daran hatte oder gierig nach Geld war, ein paar Kreuzer, wenn er dem hilflosen Kerl mit einer Rute einen ordentlichen streich über den Allerwertesten verabreichte. Und ich sage euch, es kamen viele, die sich dazu anboten. Des Geldes wegen, hauptsächlich, so nehme ich an.
    Es verging

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