Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)
Geschichten zu erzählen, deren Inhalt nicht gerade schmeichelhaft für die Bäuerin war, vor deren Haus sie unmittelbar standen. Und ihre Erzählung lautete so:
Die Gramshuber Leni war schon immer ein seltsames Weib gewesen. Seit drei Jahren war sie nun Witwe. Ihr Mann, der Gramshuber Sepp, hatte ihr, nachdem er endgültig unter der Erde gewesen war, den reichsten Hof des Ortes vermacht. Der sepp übrigens, welcher im Grunde ein feiner Mann gewesen war, war damals an der Pest gestorben. Man hatte ihn vergraben, so wie drei weitere Bewohner des Dorfes, doch nach zwei Tagen hatte er plötzlich wieder vor der Tür gestanden – ein Wiedergänger.
So freundlich und lieb der Sepp auch zu Lebzeiten gewesen war, seine Auferstehung machte ihn zu einem unheimlichen Geist, dem die Menschen aus dem Dorf besser aus dem Weg gingen. Kalkweiß wie eine Wand schlich er mitunter auf seinem Hof herum, doch die meiste Zeit versteckte er sich in seinem Haus. Nach fünf Wochen war er wieder gestorben, dieses Mal an den Folgen einer Erkältung. Und dieses Mal sollte er tot bleiben. Dafür hatten einige Burschen gesorgt, als der Sepp bereits in seinem Sarg lag. Man hatte dem Verstorbenen die Gurgel zugedrückt, ihm die Hände und Füße gebunden, den Sarg doppelt und dreifach vernagelt und schließlich eine große Steinplatte auf das frische Grab gelegt. Da war der Sepp nicht wieder herausgekommen.
Die Gramshuberin hatte seitdem keinen einzigen Handschlag mehr getan. Auch das Gesinde hatte bereits nach dem unheimlichen Wiedererscheinen des Bauern das Weite gesucht. Es ließ sich auch niemand Neues finden, weil sich schon im ganzen Seenland die teuflische Geschichte vom Wiedergängertum des Sepp Gramshuber verbreitet hatte. Und einen neuen Ehemann wollte das scheußliche Weib auch nicht haben, obwohl es da einige Freier gegeben hatte. Freilich hatten die es mehr auf den Hof als auf die Vettel abgesehen. Diese aber vermachte lieber alles ihrem einzigen Sohn, dem Zwerg.
So lebte sie nun, nachdem ihre Tochter schon vor Jahren gestorben war – was wieder eine Geschichte für sich gewesen sei – mit ebendiesem Zwerg, dem Bartel, in dem immer mehr heruntergekommenen Anwesen. Und der Bartel, das sei ein ganz garstiger Unhold, nicht nur dem Aussehen, sondern auch dem Wesen nach. Ein bösartiger Zwerg, ging der Fischerin gerade einmal bis zur Brust und hatte Freude daran, Menschen und Tiere zu quälen. Allein zehn Katzen und vier Hunde der Fischerfamilie hatte er in den letzten Jahren ertränkt, erstickt, erschlagen, erhängt oder sonstwie um ihr Leben gebracht. Und ein Kind war der schon lange nicht mehr, fast dreißig Jahre zählte er, der Bartel. Den wollte natürlich auch keine haben, obwohl er auf den Dorffesten den Dirndln so sehr nachstellte, dass ihn die Burschen schon mehrmals verprügeln mussten, damit er seine Finger bei sich behielte.
Ja, so lebten diese beiden nun schon seit drei Jahren und lie ßen Haus und Hof immer mehr verkommen. Der Sepp war ordentlich und fleißig gewesen, die Leni aber war schon immer faul und dazu mit einem frechen Mundwerk ausgestattet. Die hatte stets einen Streit gefunden, wenn sie einen gesucht hatte. Doch nun war seit Jahren Stille, die Felder lagen brach, und manchmal sah man sie schimpfend und fluchend auf ihrem Hof herumschleichen, Eier einsammeln und die Hühner füttern. Weitere Tiere hatten die nicht mehr, ein paar Kaninchen noch, aber von den vielen Kühen, Pferden und schweinen war nichts mehr übrig. Wie die es schafften, ihren Zehnten zusammenzubringen, blieb allen im Dorf ein Rätsel. Man munkelte, dass die reiche Bauernfamilie über die Jahre eine ganze Truhe mit Geld angesammelt hatte, von dem die beiden nun zehrten. Doch lange werde auch das nicht mehr gutgehen.
Ja, die Familie Gramshuber hatte es schwer getroffen. Dabei waren sie ursprünglich angesehen und, wie gesagt, die reichsten Bauern im Ort gewesen. Der Sepp, der Wiedergänger, hatte zunächst auch ein hübsches Maderl geheiratet, die Stiegler Maria, doch die war ihm gleich bei der ersten Geburt mitsamt dem Kindlein gestorben. Und dann hatte er irgendwann dieses garstige Weib aus den Bergen dahergeschleppt, dabei hätte er jede andere Schönere, Fleißigere und Frommere aus dem Ort haben können. Nun, es war wohl Gottes Wille, dass es mit den Gramshubern einen solchen Weg nahm.
Ob denn die Leni Gramshuber auch jetzt in ihrem Hause sei, fragte Hans Mergel die redselige Fischerin.
Nun, die säßen beide mit großer sicherheit
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