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Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition)

Titel: Des Teufels Sanduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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sein, im Jahre 1622 des gelobten Herrn, der für uns am Kreuze gestorben ist. Ja, im Jahre 1622, Frühsommer, um genau zu sein.«
    »Ich glaube, da war er schon fort. Da muss er schon dabei gewesen sein.«
    »Na, vielleicht ist er auch übergelaufen, machen viele. Kannst ihn ja im Tilly-Heer suchen. Weiß allerdings nicht, wo das Regiment von damals gerade steht. Ist in ganz Deutschland unterwegs, wegen dem Edikt des Kaisers, das alle wieder katholisch machen soll. Dazu braucht es viele soldaten. Weigern sich natürlich, die Evangelischen, ist ja klar.
    Aber wir wollen nicht vom Thema abkommen. Es gibt noch viel zu erzählen. Wo war ich? Ach, in Hoechst. Ja, da dachten wir, der Krieg sei gewonnen. Doch falsch gedacht. Der Mansfelder nämlich und der Halberstädter waren nicht totzukriegen. Mussten noch einmal verkloppt werden, der eine bei Stadtlohn, habe ich ja schon berichtet, mit den Krabaten und so weiter, und der andere … Ja, der andere. Das weiß ich jetzt gar nicht, wo der Mansfelder damals war. Ist ja auch egal. Aber wenn du denkst, dass jetzt endlich Ruhe war, dann hast du falsch gedacht, denn jetzt kam auf einmal der Däne. Warum der sich plötzlich einmischen musste, kann ich dir sagen, aber das würdest du nicht verstehen, das ist hohe Politik.
    Oh, da mussten wir also in den Norden. Da sind wir übrigens auch hier durch diese Gegend gekommen, mit dem Tilly-Heer, wo ich damals noch war. Da waren wir schon ganz schön müde, konnten nicht mehr, aber es musste weitergehen. Ja, und da hat dann der Wallenstein sein Heer aus dem Boden gestampft. 40 000 Mann auf einen Schlag, und alles aus eigener Tasche bezahlt. Das hat er dem Kaiser angeboten, und der hat aufgeatmet, das kann ich dir sagen. Endlich hatte er nämlich sein eigenes Heer und musste sich nicht mehr nur auf den Bayern und die Liga verlassen.
    Hier irgendwo an der Weser hat sich Wallenstein mit Tilly getroffen, und ich bin damals übergewechselt. Gibt nämlich besseres Geld und besseres Essen beim Wallensteiner. Dafür aber Teufelsmärsche, davon konnte ich schon bald ein Liedchen singen. Von Norddeutschland nach Ungarn und wieder zurück nach Stralsund sind wir in den nächsten Wochen gezogen. Stralsund haben wir dann belagert, doch das war zäh wie Zunder, nichts zu machen, aber den Dänen haben wir bei Wolgast den Arsch versohlt, und jetzt ist ja angeblich Frieden, heißt es. Ja, aber auf den haben wir schon so oft gewartet. In Lübeck wurde wohl verhandelt. Ich glaube aber nicht daran.
    Na, auf jeden Fall hocken wir jetzt hier in Westfalen und warten, was sich der Wallenstein als Nächstes einfallen lässt.«
    »Mal sehen, ob der uns überhaupt noch braucht. Frieden wäre schön, aber was sollen wir dann tun?«, fragte einer der jungen Männer, die ebenfalls das Kartenspielen aufgegeben hatten.
    »Es gibt keinen Frieden«, warf plötzlich der dicke, haarige Mensch ein, der die ganze Zeit über gesoffen hatte. »Jetzt wird ganz Deutschland katholisch gemacht, und dazu braucht man uns.«
    »Ja, das stimmt. Dafür wird man uns brauchen. Aber ich glaube nicht, dass es dabei bleibt. Dieser Krieg ist wie ein Wespennest: Einmal reingestochen, kommen von überall her neue Biester, man kann sie gar nicht zählen. Auf eine, die du totgeschlagen hast, kommen zehn neue. Es gibt keinen Frieden, das sage ich euch.«
    Und dann wandte sich Hans Mergel wieder Anna zu. »Hast du alles verstanden, Anna, oder soll ich dir noch mehr erzählen?«
    »Um Gottes willen, halt endlich den Mund. Ist ja schon ganz fusselig und trocken. Hier, trink erst einmal ein Bier, und schweig. Das tut nicht nur dir gut, sondern uns allen.« Liese, die mit den Polieren der Stiefel fertig war, nahm jetzt wieder das Kommando in die Hand. Es war ohnehin ein Wunder gewesen, dass sie den alten Mergel so lange, fast ohne Unterbrechungen, hatte reden lassen. »Jetzt, Anna, wollen wir doch einmal ein bisschen was von dir hören. Weißt du, so ein Lager ist zwar riesengroß, aber eigentlich ist es wie ein Dorf. Jeder weiß alles von jedem, und das ist ordentlich langweilig. Deshalb ist es auch gut, dass der Mergel so eine blühende Fantasie hat und immer wieder neue Geschichten erfindet, sonst würden wir hier abends am Lagerfeuer noch versauern. Warum bist du aus deinem Dorf fort?«
    »Weil … weil dort nichts mehr ist, was mich noch hält. Mein Mann ist schon seit Jahren weg, den Bauern, bei dem ich gearbeitet habe, haben sie aufgeknüpft, und auch meine liebe Schwester ist tot.«
    »Ja,

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