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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gestopftem Maul hast du mir besser gefallen.«
    Er spielte mit der Messerspitze zwischen Peters verängstigt dreinblickenden Augen herum, während er die DVD in die Tasche schob. »Was sagt denn dieses Täterprofil sonst noch über mich?«
    Du lieber Gott! Was war besser? Rückzug oder weitermachen? Was wusste er über die Erstellung psychologischer Täterprofile? Was würde ihn eher aus dem Gleis werfen? Etwas Besänftigendes oder etwas Brutales? Ich kramte Fakten aus, auf die ich im Rahmen meiner Recherchen gestoßen war. »Dass Sie ein Berufskiller sind – ein rachsüchtiger Stalker, der den Frauen die Schuld daran gibt, dass er zu niemandem eine Beziehung aufbauen kann … dass Sie Ihre Opfer sorgfältig auswählen und Ihre Morde genau planen, um möglichst nicht entdeckt zu werden.« Ich hielt meinen Blick auf die Messerklinge gerichtet. »Dass Sie aus der Unterschicht kommen – wahrscheinlich unverheiratet sind – möglicherweise an Wahnvorstellungen leiden – von Körperhygiene bei sich selbst nicht viel halten …« Ich schwieg, weil seine Aggressivität plötzlich verschwand.
    Er senkte das Messer und musterte mich mit kritischem Blick. »Du bist ja nur noch Haut und Knochen, Feder«, sagte er milde. »Was ist denn los mit dir?«
    »Ich kann nicht essen. Mir wird jedes Mal schlecht, wenn ich etwas in den Mund stecke.«
    »Aha, du denkst an mich, hm?«
    »In einem fort.«
    »Weiter«, drängte er und legte das Messer nieder, um nach einer Leinentasche auf dem Schreibtisch zu greifen, die ich bisher nicht bemerkt hatte. Ich sah ihm zu, wie er die Klappe zurückschlug, um die DVD und das Handy meines Vaters zu verstauen, und erkannte plötzlich betroffen, dass es meine Tasche war.
    »Nachts wache ich schreiend auf, weil ich Angst habe, dass Sie im Zimmer sind«, sagte ich mit monotoner Stimme. »Tagsüber habe ich Panikattacken, wenn ich einen Hund sehe oder einen Geruch wahrnehme, der mich an Sie erinnert.« Im Inneren der Tasche konnte ich einen kleinen Feldstecher erkennen, von dem ich sicher war, dass er meinem Vater gehörte. »Ich habe Tag und Nacht keine Minute Ruhe vor Keith MacKenzie.«
    Ich schwieg wieder, weil ich nicht wusste, was er vorhatte. Ich fragte mich, ob er gehen wollte; blieb aber gleichzeitig zutiefst argwöhnisch. Wenn er hinauswollte, musste er an mir vorbei, einen anderen Weg gab es nicht, aber ich würde bestimmt nicht die Axt senken, um ihn vorbeizulassen. So naiv war ich nicht. Und ich war auch nicht bereit, mich von Jess und Peter zu trennen. Mochten sie beide auch völlig ohnmächtig sein, ihre Anwesenheit allein gab mir ein Vertrauen, das ich nicht gehabt hätte, wenn ich MacKenzie allein gegenübergestanden hätte.
    Meine Sorge galt jetzt Jess. Sie begann müde zu werden. Am Rand meines Gesichtsfelds konnte ich erkennen, wie sie immer wieder ruckartig den Kopf zurückwarf, um mit den Schultern in Kontakt mit den Wänden zu bleiben. Peter hatte ungeheure Angst um sie. Er verdoppelte seine Anstrengungen, sich aus den Fesseln um seine Hände zu befreien, und ich sah seine Verzweiflung jedes Mal, wenn er von ihr zu mir herüberschaute.
    MacKenzie sah sie auch und grinste, als er mit einer Kopfbewegung zu dem Nagelbrett hinunterwies. »Scharfes kleines Ding, was? Ich nehm an, es war für mich gedacht, Feder. Wenn deine Freundin Pech hat, kriegt sie die Nägel direkt in den Bauch. Ich hab mehr Soldaten an Bauchverletzungen sterben sehen als sonst was. Der Dreck aus den Därmen vergiftet das Blut.« Wieder einmal zuckte er gleichmütig mit den Schultern. »Die Entscheidung liegt bei dir. Du kannst reinkommen und das Ding weglegen – oder du kannst sie in die Nägel reinstürzen lassen. Ich bin sogar zu einem Abkommen mit dir bereit. Sobald du durch die Tür bist, hau ich ab.«
    Peter flehte mich mit verzweifeltem Nicken an, auf das Angebot einzugehen. Ich leckte mir mühsam die trockenen Lippen, um eine gewisse Lautstärke zustande zu bringen. »Jess!«, schrie ich. »Hören Sie mir zu! Sie
müssen
sich konzentrieren. Ich
kann nicht
reinkommen.
Verstehen
Sie?« Sie neigte den Kopf vielleicht einen Millimeter. Ruhiger fuhr ich fort: »Ganz egal, wie müde Sie sind und wie weh es tut, Sie müssen auf den Beinen bleiben. Wenigstens stehen Sie aufrecht und hocken nicht mit eingezogenem Kopf in einer Ecke.
Verstehen Sie?«
Noch so ein winziges Nicken.
    Ich weiß nicht, wann mir bewusst wurde, dass meine Angst nicht so groß war, wie ich erwartet hatte. Angstsymptome waren da, mein

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