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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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bleiben, wischte ich erst die eine Hand, dann die andere an meinem Rock ab und stopfte den Saum dann unter das Gummiband meines Schlüpfers, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
    Sehen zu können, veränderte alles. Zum ersten Mal begriff ich, wie sehr die Angst meine Wahrnehmung des Mannes, mit dem ich es zu tun hatte, verzerrt hatte. Obwohl ich wusste, wie gewalttätig MacKenzie werden konnte, sah ich ihn jetzt als einen kleinen Menschen, der nicht viel größer war als ich. Und er konnte nicht verbergen, was in seinem Kopf vorging. Sein Blick flog ständig hin und her, er musste sich immer wieder vergewissern, dass er die Situation noch im Griff hatte; aber jedes Mal, wenn er mich ansah, zeigten sich Zweifel.
    War ich noch bereit, seine Übermacht anzuerkennen? Wie sehr kümmerten mich die anderen Menschen im Zimmer? War mein Hass auf ihn stärker als meine Loyalität zu ihnen? Wie groß war meine Angst? Wie stark meine Anteilnahme an Jess' entsetzlicher Lage?
    »Die wird nicht die ganze Nacht da stehen können«, sagte er zu mir, »und du auch nicht. Tu lieber, was ich sage, Connie.«
    »Nein.«
    Er hob wieder das Messer zu Peters Gesicht. »Soll ich ihn aufritzen?«
    »Nein.«
    »Dann komm rein.«
    »Nein.«
    Er drückte Peter die Messerspitze unter das rechte Auge. »Ein kleiner Stoß, und er ist blind. Möchtest du daran schuld sein?« Peter drückte sich krampfhaft an die Rückenlehne des Stuhls. »Schau ihn dir an«, sagte MacKenzie verächtlich. »Der hat noch mehr Angst als du.«
    »Dann binden Sie ihn los, und schauen Sie, ob er noch genau so viel Angst hat, wenn er die Hände frei hat.«
    »Das würde dir so passen.«
    »Natürlich«, stimmte ich kalt zu. »Sie müssten doch leicht mit ihm fertig werden, wenn Sie bei der SAS waren. Aber da waren Sie nie, stimmt's?«
    Er ließ sich nicht aus der Reserve locken, aber ich hatte es auch nicht erwartet. Immer noch musterte er Peter voller Verachtung. »Dein Vater hat mehr Mumm gezeigt als dieser Wicht.«
    Diese Taktik hatte er bei mir schon gebraucht, genau wie zweifellos bei allen seinen anderen Opfern. Je mehr ein Mensch herabgesetzt wird, desto schwieriger wird es für ihn, sich sein Selbstwertgefühl zu bewahren. Ich versuchte das Gleiche bei ihm. »Was glauben Sie wohl, was ich tun werde, wenn Sie dieses Messer benutzen?«, fragte ich mit aller Verachtung, die ich aufbieten konnte. »Sie können doch nicht im Ernst so dumm sein sich einzubilden, ich würde Ihnen brav wieder einen blasen? Aber vielleicht sind Sie ja doch so dumm. Ihre Mutter hat den Tests zufolge den IQ einer Schwachsinnigen.«
    Es perlte von ihm ab wie Wasser vom Rücken einer Ente. Wieder fuchtelte er mit der Messerspitze zwischen Peters Augen herum. »Du tust, was ich will, Connie, genau wie vorher.«
    Peters Angst war so intensiv, dass ich sie spürte. Sie lag wie Spannung in der Luft. Und ich war tatsächlich völlig kaltblütig. Ich weiß noch, dass ich dachte, du hast noch nicht einmal eine Ahnung von dem, Peter, was ich durchgemacht habe, oder was Jess gerade durchmacht. Ich war auch wütend auf ihn, weil seine Angst MacKenzies Selbstsicherheit nährte.
    Ich schaffte es, genug Speichel zu produzieren, um auf den Boden zu spucken. »Jetzt wissen Sie, was ich von Ihnen halte, Sie widerlicher kleiner Wichser«, zischte ich MacKenzie an. »Wehe, Sie kommen mir zu nahe! Dann sind Sie tot. Sie sollten auf die Stimmen in Ihrem Kopf hören, die Ihnen sagen, wie gefährlich Frauen sind. Man darf ihnen auf keinen Fall in die Nähe kommen, wenn sie die Hände frei haben.«
    Auch das schien keinen Eindruck zu machen.
    »Wissen Sie, wie die Nutten in Freetown Sie genannt haben?«, sagte ich mit einem abrupten Lachen. »›Die Zooschwuchtel‹. Sie dachten, Sie wären schwul, weil Sie so einen Frauenhass hatten – und es ging das Gerücht um, dass Sie es mit Hunden trieben, weil Sie sich hübsche Jüngelchen nicht leisten könnten. Was denken Sie, warum die Europäer Ihnen alle aus dem Weg gegangen sind? Als Erstes lernte jeder von uns, gib Harwood besser nicht die Hand, sonst kriegst du, was sein Ridgeback hat.«
    Jetzt merkte er auf.
    »Ich habe der Polizei erzählt, dass Sie nur einen Steifen bekamen, wenn Hunde dabei waren«, fuhr ich fort, wild nach allem grapschend, was ihn provozieren könnte. »Nichts, was
ich
getan habe, konnte Sie erregen. Schauen Sie sich doch jetzt mal an. Peter erregt Sie weit mehr als ich oder Jess. Sie können es mit Frauen nur, wenn die gefesselt und

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