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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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aufzugeben.
    Als sie wieder regelmäßig zu mir kam, versuchte ich nicht mehr zu ergründen, was in ihr vorging. Sie kam genau wie zuvor zu ungelegenen Zeiten, aber mich störte es jetzt weniger, weil sie es nicht übel nahm, wenn ich sagte, ich hätte zu tun. Oft ging sie einfach hinaus, mähte das halbmondförmige Stück Rasen hinter dem Haus und verschwand dann wieder, ohne sich zu verabschieden. Einmal meinte ich, ich erwarte nicht, dass sie meine Pflichten übernehme, und sie antwortete nur mit einem Schulterzucken, sie tue es gern. »Vor Jahren, als Lily einen Gärtner hatte, hat der das Gras immer bis zur Grundstücksgrenze gemäht. Die Tiere haben sich damals alle zurückgezogen. Jetzt sind sie wieder hier. Sie leben im hohen Gras, und man kann ihre Spuren verfolgen. Sie haben übrigens ein Wiesel hier, falls Sie das interessiert. Es trinkt aus dem Fischweiher.«
    »Was gibt es noch?«
    »Feldmäuse, Wühlmäuse, Eichhörnchen. Vor kurzem ist auch mal ein Dachs vorbeigekommen.«
    Ich schnitt eine Grimasse. »Ratten?«
    »Kaum, denke ich … außer Sie lassen Müll herumliegen. Ihr Wiesel wird sich die Jungen schnappen, wenn es geht, und im Tal gibt es eine Kolonie Waldkäuze, bei denen Ratten beliebte Beute sind.«
    »Haben Sie auf dem Hof Ratten?«
    Sie nickte. »Die gibt es auf allen Bauernhöfen. Die Getreidespeicher und das Tierfutter locken sie an.«
    »Und wie kommen Sie ihnen bei?«
    »Indem ich ihnen das Leben so schwer wie möglich mache, das Tierfutter in verschlossenen Behältern aufbewahre und bei den Getreidespeichern auf guten baulichen Zustand achte. Sie nisten sich nur ein, wenn sie Zugang zu Nahrung und Wasser haben und Höhlen und Löcher finden, in denen sie sich verstecken können. Sie sind wie alle anderen Tiere auch. Wenn ihnen die Verhältnisse entgegenkommen, nutzen sie das aus.«
    Wie MacKenzie, dachte ich. »Das klingt so einfach, wie Sie das sagen.«
    Jess zuckte mit den Schultern. »In gewisser Weise ist es das ja auch. Mit einer Rattenplage bekommt man es nur zu tun, wenn man faul oder nachlässig ist. Offen herumliegende Essensreste und Abfälle sind eine Einladung für sie. Sie machen es sich gern leicht, genau wie manche Menschen.« Sie hielt inne. »Was nicht heißt, dass ich nicht auch gelegentlich zu Gift greife oder mein Luftgewehr heraushole, wenn ein besonders fettes Exemplar herumstöbert. Sie können die Weil'sche Krankheit auf Menschen und Tiere übertragen, und Vorbeugen ist besser als Heilen.«
    Es beeindruckte mich, wie nüchtern sie die Sache sah, aber ich konnte mir nicht recht vorstellen, dass sie auch bei einer Heuschreckenplage so locker bleiben würde. Es ist etwas ganz anderes, wenn einem ein Schwarm Heuschrecken sämtliche Felder kahl frisst. Da weint man und fleht Gott um Erbarmen an, denn dann kann nichts auf der Welt einen retten.
    Als ich das sagte, entgegnete sie ziemlich scharf, BSE und Maul- und Klauenseuche seien nicht weniger grausam. »Ich habe die ganze Herde meines Vaters verloren, als wegen der BSE-Gefahr alle Rinder über dreißig Monate getötet und verbrannt werden mussten – ganz gleich ob sie erkrankt waren oder nicht –, und ich habe acht Jahre gebraucht, um eine neue Herde heranzuziehen, die nur halb so groß ist. Die Krankheit hat die Rindfleisch- und Milchindustrie in diesem Land ruiniert, aber glauben Sie bloß nicht, dass den Bauern besondere Teilnahme entgegengebracht wird.«
    »Aber sind Sie denn nicht entschädigt worden?«
    »Doch, aber weit unter Wert. Mein Vater hat Jahre darauf verwendet, seine Herde heranzuziehen – er hat auf Ausstellungen immer Preise gewonnen –, und keines der Tiere hatte BSE. Ich bekam sechzig Pfund für jedes unnötig getötete Tier, wenn die Tests
nach
der Schlachtung negativ ausfielen. Es war ein Witz – und verdammt traurig. Diese Tiere waren mir ans Herz gewachsen.«
    »Das tut mir Leid.«
    Sie nickte. »Man muss eben weitermachen. Hatte Ihr Vater mal mit einer Heuschreckenplage zu tun?«
    »Nur mit einer von der menschlichen Sorte. Mugabe hat ihm seine Farm weggenommen.«
    »Wie lange war sie im Besitz Ihrer Familie?«
    »Nicht lange genug«, sagte ich ironisch. »Drei Generationen – vier, wenn man mich mitzählt –, ungefähr ebenso lange wie Barton House im Besitz von Madeleines Familie ist.«
    »Wieso dann nicht lange genug?«
    »Falsche Hautfarbe«, erklärte ich bitter. »Sind Sie schwarz, dann sind Sie seit Jahrhunderten dort ansässig – spielt keine Rolle, ob Sie in Mozambique

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