Des Todes Liebste Beute
Umschlag, auf dem ebenfalls ein körniges Polaroid prangte. Das Bild zeigte drei Leichen, die Schulter an Schulter auf dem Boden lagen. Kristen blinzelte und hob das Bild dichter an die Augen. »Haben Sie eine Lupe, Jack?« Wortlos reichte er ihr eine. Sie sah hindurch und blinzelte erneut. »Oh, Gott.«
Mia sah über ihre Schulter und fluchte leise. »Blades.«
Abe zog eine Augenbraue hoch. »Blades? Die drei Typen da sind Blades?« Er hatte während seiner Zeit undercover immer wieder mit dieser Gang zu tun gehabt. Die Blades waren bekannt für ihren Handel mit Drogen und Waffen. Es waren kleine Fische gewesen, als sie mit Betäubungsmitteln begonnen hatten, doch ihre Macht war rasch gewachsen. Wenn jemand drei Blades umgebracht hatte, dann würde es mächtig Ärger geben.
Wieder sah Kristen ihn von der anderen Seite des Tisches her an. »Zumindest haben sie die typische Tätowierung. Sehen Sie selbst.« Sie gab ihm den Umschlag und die Lupe. »Ich habe letztes Jahr gegen drei Blades verhandelt, die zwei Grundschulkinder getötet hatten«, fuhr sie fort, während er die Tätowierung der drei sich umeinander windenden Schlangen auf dem Unterarm des einen Mannes musterte. Sie hatte ein gutes Auge. Oder vielleicht vergaß man einen solchen Anblick einfach nicht. »Die Kinder warteten auf ihren Schulbus und gerieten in eine Schießerei zwischen verschiedenen Gangs. Die zwei waren erst sieben Jahre alt.«
Gott. Erst sieben Jahre und einfach niedergemäht, nur weil ein Haufen Vollidioten Revierkämpfe austrug.
»Vermutlich wurden die Typen freigesprochen?«, fragte er gepresst.
Sie nickte, und wieder sah er das Bedauern in ihren Augen. Bedauern und Zorn und langsames Begreifen. »Wir hatten vier Augenzeugen.«
»Die prompt am Tag der Verhandlung an Gedächtnisschwund litten«, fügte Mia bitter hinzu. »Das war mein Fall gewesen.« Sie blickte weg. »Meiner und Rays.«
»Sie haben Ihr Bestes gegeben, Mia«, sagte Spinelli. »Das haben Sie alle.«
Abe gab den Umschlag Jack zurück. »Sehen wir uns den Letzten an.«
»Ich bin mir nicht sicher, dass ich das will«, murmelte Mia.
Kristen straffte die Schultern. »Der Letzte wird wahrscheinlich auch einen meiner Fälle betreffen.« Sie nahm den Umschlag selbst. »Der Kerl ist zugenäht worden. Vom Solarplexus bis zum Bauchnabel.« Ihre Lippen pressten sich zu einer dünnen Linie zusammen. »Und es hätte keinen Besseren treffen können.« Sie warf Spinelli einen Blick über die Schulter zu. »Ross King.«
Spinellis Mund verzog sich. »Da wird es heute aber voll in der Hölle.«
Abe griff über den Tisch und nahm den Briefumschlag aus ihrer Hand. Sie hatte Recht, aber man musste genau hinsehen, um ihn zu erkennen. Das zerschlagene Gesicht auf dem Polaroid hatte kaum mehr Ähnlichkeit mit den Porträts, die auf der Titelseite jeder Tageszeitung zu sehen waren, als Kings Prozess die Schlagzeilen angeführt hatte. »Sie haben scharfe Augen. Ich hätte ihn hier nicht erkannt.«
»Vielleicht liegt es daran, dass ich ihn mir immer so vorgestellt habe«, erwiderte sie ohne Ironie. »Ich war überzeugt, dass er so aussähe, wenn die Eltern seiner Opfer mit ihm fertig sein würden.«
Abe sah erstaunt auf, und sie schenkte ihm ein bitteres Lächeln. »Wir sind auch nur Menschen, Detective. Ich habe Bilder der Opfer gesehen. Es ist schwer, einen Mann nicht zu verabscheuen, der sich an kleinen Jungen vergreift.«
»Ich habe während meiner Ermittlung darüber gelesen.« Abe reichte den Umschlag an Spinelli weiter, der bereits die Hand danach ausgestreckt hatte. »Softball Coach und Pädophiler.«
»Mit einem verdammt cleveren Anwalt.« Kristen presste die Kiefer zusammen. »Er rief Kings Bruder in den Zeugenstand und impfte ihm ein, ›versehentlich‹ zu erwähnen, dass King wegen sexueller Verfehlungen vorbestraft war. Ein grober Verfahrensfehler, sein Anwalt bekam einen auf den Deckel, aber wir mussten schließlich von der Anklage wegen Vergewaltigung abgehen und auf ein minderes Vergehen plädieren, weil die Eltern der Jungen ihren Kindern nicht noch einen Prozess zumuten wollten.«
»Was genau das war, was der Mistkerl von Anwalt von Anfang an geplant hatte«, knurrte Spinelli.
»Wie gesagt … sein Anwalt war verdammt clever.« Kristen beugte sich vor, legte ihre Fingerspitzen auf die Tischplatte und sah in die Behälter. »Jetzt wissen wir also, welche Rollen in diesem Spiel schon vergeben sind. Fünf böse Männer. Erster Akt, Jack.«
Alle Anwesenden sahen zu,
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