Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)
Ablauf.» Ich glaube, Babys brauchen Gewohnheiten. Er findet das toll, wenn er weiß, morgens wird er ins Bett geholt, und dann gibt’s das Fläschchen. Für mich ist es der totale Horror. Ich habe mein Leben lang versucht, alles zu vermeiden, was mit Ritualen zu tun hat. Ich habe immer am wichtigsten gefunden, jedes Jahr anders Weihnachten zu feiern. Jedes Jahr alles anders zu machen. Um nicht den Satz sagen zu müssen: «Also, wir machen das immer so.» Mit dem Kind fange ich jetzt an, auch für mich selber sogar Weihnachten in immer gleicher Form zu feiern.
Und macht dir das Angst? Beklemmung?
Nein, ich finde es jetzt super!
Das kam mit dem Muttergefühl?
Ja, und mit der Liebe zu meinem Mann. Davor habe ich das so nicht gehabt. Ich dachte mir immer: «Ach, komm! Bloß nichts Gleiches!» Aber jetzt finde ich es schön, sich so eigene Traditionen, Rituale zu bauen.
CS: Gibt’s Aberglauben in deinem Leben?
Das ist mir eigentlich relativ fremd. Wobei, in meiner Arbeit gibt es ein Vorbereitungs-nicht!-ritual. Aber da habe ich immer die gleiche Technik. Ich würde nie im Leben Moderationskarten benutzen, die mir jemand bedruckt hat und wo dann meine Texte und Aktionen draufstehen. Ich muss immer alles selber schreiben. Mit meinem eigenen Kugelschreiber. Mit meiner Handschrift. Es muss einmal durch mich durchgegangen sein. Moderationsmäßig. Ich könnte niemals etwas moderieren, was mir jemand anderes mit der Schreibmaschine auf so ’ne Karte draufgeschrieben hat. Da würde ich überhaupt nicht wissen, was zu tun ist.
So geht’s mir auch.
Und wenn’s beim Filmpreis 40 Seiten sind! Stichpunktartig. Schreibe ich mir alles mit der Hand auf.
Und gehörst du zur Fraktion der Kontroll-Freaks?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe totales Gottvertrauen, lustigerweise. Manchmal hat man so eine kurze Vorahnung: «Oh Gott! Was wäre eigentlich, wenn ich doch so ’n Freak wäre oder so?» Vielleicht passiert es ja irgendwann, dass man so wird. Als Kind hab ich immer an diesen Leitplanken die Pfosten gezählt, die ja im Abstand von 50 Metern sind. Dann habe ich dazu gesungen. Das mache ich manchmal heute noch. Ich singe eine Melodie, und der Rhythmus, also der Gesang – die Noten – müssen auf diese weißen Abgrenzungspfosten passen. Immer, wenn ich einen Ton singe, muss der Pfosten kommen. Nun ist aber das Problem: Die Pfosten sind immer im gleichen Abstand. Die Melodie besteht aber aus punktierten Noten, halben Noten, ganzen Noten, Viertelnoten. Das bedeutet, ich muss, was die Geschwindigkeit angeht, mal schneller, mal langsamer fahren, um das einigermaßen hinzubekommen.
Und singst du immer dasselbe Lied?
Nein. Immer ein anderes Lied. Als Kind habe ich eine tiefe Manie gehabt, diese Dinger – immer deding-deding-deding –, also diesen Rhythmus zu haben. Und: Wenn ich bei meinen Eltern bin, muss ich mitzählen, wenn ich die Treppen hochgehe.
Musst du?
Muss ich.
Nur bei deinen Eltern?
Nur bei meinen Eltern. Ich würde sonst nie auf die Idee kommen.
Das ist auch das Haus, wo du groß geworden bist?
Ja. Ach! Was ich noch mache! Das macht mein Vater auch! Das ist lustig. Das fällt mir jetzt gerade ein. Mein Vater macht das, wenn man mit ihm diskutiert. Mein Vater diskutiert nie, mein Vater hört zu, wenn ich mit meiner Mutter diskutiere. Und ist am Rande betroffen. Und dann macht er so …
Liebe Lesenation: Barbara lehnt sich im Stuhl entspannt zurück, schließt ein Auge und fixiert mit dem offenen Auge das Fensterkreuz.
Der knipscht ein Auge zu und verschiebt so den Kopf.
Liebe Lesenation: Barbara bewegt ihren Kopf auf dem Hals wie ihre Namensvetterin Barbara Eden als «Bezaubernde Jeannie»!
Alle denken: Was macht er? Und er bringt das Fensterkreuz mit irgendwelchen Ästen oder anderen Hausmauern in Einklang. Das heißt, er stellt Symmetrie her.
Ich finde es psychologisch so lustig! Es herrscht Chaos, oder zwei Leute diskutieren – und mein Vater versucht, das Lot zu fällen, nach dem Motto: Also, hier ist es gerade. Okay, das ist gerade. Und das ist gerade. Und er denkt: «Boah, echt, die Mauer gegenüber ist genauso gerade wie das Fenster. Wie haben die das hingekriegt, dass es genau gerade ist?» Und das habe ich geerbt! Wenn ich telefoniere, verschiebe ich immer Sachen übereinander! Ich setze mich hin, gucke dann genau und denke mir: «Irre, die Wand ist genau so gerade wie da drüben das Fenster. In Deutschland ist
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