Des widerspanstigen Zaehmung
Sonnenschein. Das war für eine Frau einfach zu viel. Als sie sich endlich von seinem Anblick erholt hatte, wollte sie sich am liebsten hinter der Buchsbaumhecke verstecken. Doch ihre Erziehung verlangte es von ihr, nicht von der Stelle zu weichen, während er wieder etwas Tempo aufnahm und sich ihr näherte.
„Da sind Sie ja", sagte er freundlich und nahm ohne Zögern ihre Hände in die seinen. „Ich hatte schon befürchtet, Sie könnten sich versteckt haben. Das ginge natürlich nicht."
Und dabei war eben das ihr Wunsch gewesen!
Unter dem Druck seiner Finger begann ihre Haut zu kribbeln. Wiederholt versuchte sie dezent, ihre Hände zu befreien, doch er nahm davon keine Notiz. Verlegen sah sie zu ihrer Mutter und ihren Schwestern, die vergebens vorzutäuschen versuchten, nicht jede seiner Bewegungen zu beobachten.
„Hören Sie, Sedgecroft", sagte sie mit gedämpfter Stimme, entschlossen, diesem Dickschädel endlich klarzumachen, was sie wollte.
„Natürlich."
Oh, seine Augen waren so eindringlich, so lebendig... und so einladend. Wen kümmerte seine maßlose Überheblichkeit, die alles überbot, was sie bislang erlebt hatte? Seine gute Laune war dafür viel zu ansteckend. „Ich habe über Ihr großzügiges Angebot nachgedacht, Sie als meine Eintrittskarte zurück in die Gesellschaft zu benutzen."
Er lächelte breit und gab ihr so den Eindruck, als sollte sie sich von seiner Einmischung geschmeichelt fühlen. „Gut", gab er zurück und nickte, als habe sie alles gesagt, was zu sagen war.
„Und ich bin zu dem Schluss gekommen ... "
Ihre Gedanken wurden förmlich in alle Winde zerstreut, als er auf einmal ihr Handgelenk fasste und sie zu dem alten Holztor in der Gartenmauer dirigierte. Sie spürte seinen kräftigen, gestählten Körper in ihrem Rücken, und sie genoss dieses Gefühl.
„Ich glaube, auf diesem Weg gelangen wir auf die Straße, richtig?", fragte er, ohne ihr eine Chance zu geben, darauf zu antworten. „Meine Kutsche ist dort abgestellt. Welch ein Verkehr auf den Straßen! Ich musste mich gegen Kühe und Obsthändler durchsetzen, um herzukommen."
Erschrocken hob sie die Stimme: „Ich glaube, ich muss ablehnen."
Sedgecroft führte sie zwischen den Pappeln hindurch und sah zu den Gärtnern, deren Scheren mitten in der Bewegung erstarrt zu sein schienen. Sein leicht missbilligender Ausdruck ließ sie ihre Arbeit sofort wieder aufnehmen. Er war eben ein Mann, dem andere auf der Stelle gehorchten. „Das können wir unterwegs besprechen. Unter vier Augen."
Mit einer Mischung aus Verärgerung und Ehrfurcht sah sie ihn an und fragte sich , wie es einem Menschen möglich war, sich mit einer solch beharrlichen Arroganz einen Weg durch diese Welt zu bahnen. „Sedgecroft, ich bin noch nicht bereit, mich in der Öffentlichkeit zu zeigen!"
„Unsinn." Er blieb stehen, um sie genauer zu betrachten. „Sie sehen gut genug aus, um ..., um heute ausgeführt zu werden. Allerdings muss ich zugeben ... " Abrupt verstummte er.
„Was müssen Sie zugeben?"
„Nicht so wichtig." Er warf einen Blick über die Schulter zu den drei Frauen, die ihnen mit einigem Abstand gefolgt waren. „Ich nehme an, es macht nichts aus", meinte er und zuckte flüchtig mit den Schultern. „Es ist jetzt ohnehin zu spät, um daran noch etwas zu ändern."
Jane blieb stur stehen. Mit seiner Andeutung, etwas stimme nicht mit ihrem Erscheinungsbild, hatte dieser attraktive Rohling ihre weibliche Eitelkeit auf den Plan gerufen. Vielleicht sollte sie ihm sagen, wie er in ihrem Traum in der letzten Nacht ausgesehen hatte.
„Es macht sehr wohl etwas aus", erklärte sie entschieden. „Jedenfalls bin ich mir sicher, dass es der Fall sein würde, wenn Sie mir freundlicherweise erklären könnten, was an meinem Erscheinungsbild Ihnen nicht zusagt."
Nachdenklich tippte er sich ans Kinn, dann trafen sich kurz ihre Blicke. „Es ist nur nein, ich möchte Sie nicht verärgern. Erst recht nicht nach gestern."
Sie kniff die Augen gereizt zusammen. „Nur zu, verärgern Sie mich."
„Nun gut." Seine Stimme wurde leiser, fast so, als sei Sedgecroft ihretwegen peinlich berührt. „Ist das Ihre Vorstellung von einem gewagten Kleid?"
Aha! „Was stimmt denn nicht mit meinem Kleid?", fragte sie, insgeheim verärgert darüber, dass seine Meinung sie überhaupt kümmerte.
„Es ist nichts zu sehen. Außer diesen grauen Kräuseln an der Vorderseite." Er schnitt eine Grimasse, und dann drückte er zu ihrem Entsetzen die Brust raus, um sie
Weitere Kostenlose Bücher