Des widerspanstigen Zaehmung
rief Miranda außer Atem. „Wir wären noch schneller gewesen, hätte Caroline nicht erst noch ihren Schuh suchen müssen."
„Nichts ist geschehen", erwiderte Jane, klang jedoch von ihren eigenen Worten nicht allzu sehr überzeugt.
Caroline sah sie eindringlich an. „Er ist mit dir hinter dem Geräteschuppen verschwunden."
„Ich wollte ihm die Knollen zeigen, die uns Tante Matilde aus Brüssel geschickt hat."
„Sind deshalb die obersten drei Knöpfe deiner Reitjacke offen?", fragte Miranda und machte dabei eine Unschuldsmiene. „Weil du ihm die Knollen gezeigt hast?"
„Ich war im Park reiten", erwiderte Jane beleidigt. „Es war heute Nachmittag sehr warm."
Caroline seufzte. „Ganz sicher. O Jane, meine vernünftige, angesehene, von allen Skandalen unberührte Schwester - wie konntest du das nur zulassen!"
„Das frage ich mich stündlich", gab sie zurück und kickte einen Stein aus dem Weg.
„Das passt so gar nicht zu dir, Jane", meinte Miranda, als sie nebeneinander auf dem gepflasterten Weg weitergingen. „Du weißt doch, was für ein Mensch er ist."
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich weiß", sagte Jane nachdenklich. Sie wusste nur, dass sie den Menschen sehr mochte, der er war. „Auf jeden Fall hat er es nicht verdient, von mir so getäuscht zu werden."
„Wirst du es ihm sagen?" Caroline sah sie aufmerksam an.
„Das werde ich wohl müssen. Auch wenn ich insgeheim hoffe, dass ein Wunder geschieht und er der Meinung ist, er habe seine Aufgabe erfüllt. Dann würde er die Wahrheit nie erfahren müssen."
Caroline runzelte die Stirn. „Dazu müsste Nigel aber England verlassen und niemals zurückkehren. Und solange du Grayson deine ... , deine Knollen zeigst, wird er seine Aufgabe nicht für erledigt ansehen."
„Sollen wir es ihm sagen?", warf Miranda ein.
„Nein", widersprach Jane energisch. „Das wäre feige von mir." Nach einer kurzen Pause fügte sie an: „Am Freitag werde ich es ihm sagen."
„Überleg dir das noch mal sehr gründlich", warnte Caroline. „Wenn Sedgecroft aus Verärgerung beschließt, dein Ränkespiel mit Nigel öffentlich zu machen, ist der nächste Skandal nicht mehr weit, und der wird dein Ende bedeuten. Wir sind nicht völlig davon überzeugt, dass er dein Geheimnis für sich behalten wird."
„Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er die ganze Sache mit einem Schulterzucken hinnehmen wird", erklärte Miranda. „Ein Boscastle mag ja ein verlässlicher Freund sein, aber ich möchte ihn nicht zum Feind haben."
Dieser Gedanke war Jane mehr als einmal durch den Kopf gegangen. Ihr Blick kehrte zurück zum Geräteschuppen, während sie sich erschrocken vorstellte, wie Graysons Charme und Energie sich in Wut und Rachsucht verwandelten, wenn er erfuhr, dass sie ihn die ganze Zeit über getäuscht hatte.
„Das Risiko werde ich wohl eingehen müssen, nicht wahr?", sagte sie entschlossen.
Ein weiterer Skandal würde für sie nicht das Ende bedeuten. Doch wenn sie Graysons Vertrauen verlor ... , das wäre ihr Ende.
Grayson war sich wohl bewusst, dass er sich bei Jane auf trügerisches, unerforschtes Terrain begab. Einige Male hatte er ernsthaft überlegt, die Vereinbarung vorzeitig rückgängig zu machen, allerdings konnte er sich nicht dazu durchringen. Stattdessen fand er ein Dutzend Vorwände, warum er sie Wiedersehen musste.
Nun fasste er aber den Entschluss, Jane wenigstens aus seinen Gedanken zu verbannen, wenn er seine Zeit nicht mit ihr verbrachte. Ohnehin warteten jetzt dringende Aufgaben auf ihn, denn er hatte nie zu den Aristokraten gezählt, die sich ihre Tage mit müßigen Albernheiten vertrieben.
Seine Geschäfte an den Docks sollte er nicht länger vernachlässigen. Er hatte sich geschworen, dem Gerücht auf den Grund zu gehen, Drake wolle Brandons Weg folgen und in den Reihen der Ostindischen Gesellschaft dienen. Grayson konnte es sich schlicht nicht leisten, den ganzen Tag über nur an diese Frau zu denken, ganz gleich, wie attraktiv sie auch war.
Und doch gelang es ihm kaum, sich mit anderen Dingen zu befassen als dem Gedanken daran, Jane schon bald wiederzusehen. Er freute sich darauf, mit ihr irgendein gesellschaftliches Ereignis zu besuchen oder aber seine Sorgen vor ihr auszubreiten. Vielleicht würde sie ihm weitere Ratschläge bezüglich seiner Familie geben können.
Was war bloß aus ihrer ursprünglichen Abmachung geworden?
Er wagte es nicht, genauer darüber nachzudenken.
Die nächsten fünf Tage vergingen wie im
Weitere Kostenlose Bücher