Des widerspanstigen Zaehmung
begeben."
„Unverzüglich? Und was will er von mir?"
„Ich habe nicht daran gedacht, ihn zu fragen, Mylady."
„Aber fanden Sie das nicht merkwürdig?"
Ohne seine Antwort abzuwarten, eilte sie an ihm vorbei nach unten in den Salon. Grayson stand am Fenster, er trug einen elegant geschnittenen königsblauen Cut und eine eng anliegende Nankinghose. Mit der Reitpeitsche klopfte er auf seinen Oberschenkel. Dieses Klopfen - so ging es ihr flüchtig durch den Kopf - erinnerte an ein Tier, das unruhig mit dem Schwanz auf den Boden schlug, zum Angriff bereit.
„Nun", sagte sie und war so froh, ihn zu sehen, dass sie zu lachen begann, „wenigstens hast du mich nicht auch im Stich gelassen. Meine ganze Familie hat anscheinend den Verstand verloren. Irgendeine Cousine ist erkrankt, und meine Eltern sind mit meinen Schwestern Hals über Kopf aufs Land gereist ?!
Als er sich zu ihr umdrehte, stockte ihr der Atem. Kein Mann hatte das Recht, so früh am Morgen so sündhaft gut auszusehen.
Ihr Lachen verstummte in dem Moment, da sie ihm in die Augen sah. Es war das zweite Mal an diesem Tag, dass sie eine Gänsehaut bekam. Sie konnte sich nicht daran erinnern, zuvor schon einmal diesen finsteren Gesichtsausdruck bei ihm bemerkt zu haben.
„Hast du dich mit Heath getroffen?", fragte sie, während ihr Herz wild pochte.
„Ja."
„Oh." Ihre Beine schienen sie kaum noch tragen zu wollen, als sie versuchte, an seiner Miene abzulesen, welches Schicksal sie erwartete.
„Ich fürchte, ich überbringe keine guten Neuigkeiten, Jane", sagte er düster.
„Nicht?"
„Wie es aussieht, musst du jede Hoffnung aufgeben, Nigel doch noch zu heiraten. Offenbar ist er tatsächlich davongelaufen."
„Und wohin?"
„Ist das noch wichtig?"
Sie fragte sich, ob er ihren rasenden Herzschlag wohl hören konnte. „Ich glaube nicht."
„Gott sei Dank, du bist ihn los."
Wie reserviert sein Blick auf einmal war - oder bildete sie sich das nur ein? „Ja."
„Du wirst ihm nicht vergeben." „Ich..."
„Es wäre das Beste, wenn du ihn vergisst, Jane."
„Aber ..." Wie viel wusste er? Sein Verhalten irritierte sie, und sie fragte sich, ob es ihm wohl peinlich war, ihr diese Neuigkeiten zu überbringen.
„Er spielt keine Rolle mehr, richtig?" Er streckte ihr seine Hand entgegen, damit sie zu ihm kam.
Eine beunruhigende Hitzewallung durchfuhr ihren Körper.
„Nein, er spielt keine Rolle mehr." Sie sah ihn wachsam an und fragte sich, ob es wirklich so einfach sein sollte. Gab es etwa eine winzige Chance, dass er die Wahrheit nicht herausfand? Oder dass er sie kannte und sie beide einfach weiterhin so taten, als sei er ahnungslos? Würde er sich damit begnügen können, dass Nigel fort war, dass das Leben weitergehen musste und dass sie, Jane, jetzt ein Teil seiner Welt war?
„Und jetzt", sagte er mit leiser, gleichmäßiger Stimme, „hol deinen Mantel. Wir haben eine Verabredung."
Welche düstere Empfindung es auch sein mochte, die eben noch seinen Blick getrübt hatte, sie war verschwunden, ehe Jane sich näher mit ihr hätte beschäftigen können. Sein Verhalten ihr gegenüber war geringfügig anders. Hatte Heath ihm mehr berichtet, als Grayson sie wissen ließ? Nein, das war unmöglich. Niemand wusste von Esthers Haus in Hampshire. Und wenn Grayson davon erfahren hätte, wäre er nicht so ruhig geblieben. Waren es Schuldgefühle, weil er gestern Abend weiter gegangen war, als er es gewollt hatte? Ihr Herzschlag wurde prompt schneller, kaum dass die Erinnerung an ihr Beisammensein geweckt wurde. Jane überlegte, ob sie wohl in seiner Achtung gesunken war.
Sag ihm alles! Sag ihm die ganze Wahrheit!
Er spielt keine Rolle mehr ...
Sie schüttelte den Kopf. „Welche Verabredung? Ich sagte dir doch, ich werde mich mit Cecily treffen, und ... "
„Ihre Kutsche steht bereit, Mylord", sagte der Diener, der in der Tür aufgetaucht war.
„Danke", erwiderte Grayson. „Bringen Sie Lady Jane einen leichten Mantel, wir treffen uns dann vor dem Haus."
Im nächsten Moment wurde Jane von ihm förmlich aus dem Haus gedrängt. „Würdest du mir freundlicherweise erklären, was das soll?", forderte sie ihn auf.
„Steig in die Kutsche, Jane. Ich werde beizeiten alles erklären." Während der Fahrt durch die geschäftige Bond Street schwieg er jedoch beharrlich. Jane ärgerte sich darüber, fürchtete sich aber gleichzeitig davor, über seine Absichten zu spekulieren oder sich Gedanken darüber zu machen, was seine düstere Stimmung zu
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