Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
immer er sein mochte, war jedoch erstaunlich gut im Bilde.
»Ich wette fünf zu eins, dass es sich um Vater John handelt«, sagte Brinkman, biss sich auf die Unterlippe und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den Hundert-Dollar-Schein.
Niemand setzte dagegen.
Val war sich fast sicher, dass ihr die Phantasie einen Streich gespielt hatte, aber eben nur fast.
Die angespannten Muskeln in ihrem Nacken und die Gänsehaut auf ihren Armen sagten etwas anderes. Wer würde unbefugt in ihr Haus eindringen? Und warum?
Es musste etwas mit Camilles Tod zu tun haben.
»Val?«
Vor Schreck zuckte sie zusammen.
Sie wirbelte herum zur Fliegengittertür und hätte um ein Haar das Handtuch losgelassen. Draußen stand Slade, frisch geduscht, Bo zu seinen Füßen, der bedächtig mit dem Schwanz wedelte und die Nase gegen die Maschen drückte. »O Gott … Ist es schon so spät? Ich bin noch nicht fertig.«
Sein Blick glitt über das Frotteehandtuch, das wenig mehr als ihren Oberkörper verdeckte. »In meinen Augen siehst du großartig aus.«
»Vielen Dank.« Vals Ängste verflogen langsam.
Sie spürte, wie sein Blick an der Spalte zwischen ihren Brüsten hängenblieb, wo sie mit der Faust das Handtuch zusammenhielt, so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.
»Lässt du mich nun rein oder nicht?« Er zog eine Augenbraue hoch, und sie stieß einen langen Seufzer aus.
»Oder nicht«, sagte sie und verfiel automatisch in einen scherzhaft neckenden Ton, obwohl ihr im Augenblick gar nicht nach Scherzen zumute war. Ihre Nerven waren gespannt wie Drahtseile, das kleine Haus schien unter Strom zu stehen. Eilig ging sie zur Fliegengittertür. »Entschuldige«, sagte sie und öffnete.
»Stimmt etwas nicht?«
»Ich …« War der altbekannte Dämon aus ihren Alpträumen zurückgekehrt, um sie heimzusuchen? »Ich weiß es nicht …«
»Was?«
»Es klingt wohl etwas merkwürdig, aber ich glaube, jemand ist hier gewesen, während ich unter der Dusche stand. Ich meine, jemanden gesehen und gehört zu haben, aber …« Sie zuckte mit den Schultern. »Oh, ich weiß es wirklich nicht. Ich bin in letzter Zeit ein wenig nervös.«
»Das ist doch verständlich.« Slade ging in die Küche, setzte sich auf einen Barhocker und sagte: »Erzähl mir alles.«
Und das tat sie. Eingewickelt in das Frotteehandtuch, berichtete sie ihm, was sie gehört und gesehen hatte, und endete schließlich mit: »Aber wer weiß? Es könnte auch der Wind gewesen sein, der die Tür hat zuschlagen lassen.«
»Und die Schritte?«
Sie seufzte. »Womöglich nichts als Einbildung. Genau wie der Schatten in der Tür. Bo hat gebellt, aber es klang eigentlich nicht wie eine Warnung … Ach zum Teufel, ich weiß es einfach nicht«, gab Val frustriert zu. Sie überlegte, ob sie ihm von dem Traum erzählen sollte, dessentwegen sie nachts nicht gut schlafen konnte, von dem Alptraum mit dem grauenvollen, schwarzgekleideten Dämon, der sie durch regennasse Gassen jagte, eine glänzende Kette in der Hand.
Ssssst,
zischte er, wie eine Schlange.
Aber sie tat es nicht.
Bei Tageslicht betrachtet, klang das Ganze lächerlich, ein Traum, der lediglich an ihrem Geisteszustand zweifeln ließ. Und das bei ihr, die sie einst so stark gewesen war. So furchtlos. Eine Frau, die sich im Department des Sheriffs bis zum Detective hochgearbeitet hatte, ein Dienstgrad, der sonst den altgedienten Jungs vorbehalten war.
Und jetzt … jetzt saß sie trotz der Hitze bibbernd in ihrem Haus, und Slade legte einen Arm um ihre nackten Schultern. »Schon gut«, beruhigte er sie. »Wir sind ja da.« Sie erzitterte wieder, was diesmal ganz und gar nichts mit der Kälte zu tun hatte. Slades starker Arm, so vertraut und doch so fremd, so ersehnt und gleichzeitig unerwünscht, ließ sie erbeben.
»Wir?«, brachte sie schließlich hervor.
»Bo und ich.«
»Was würde ich ohne euch zwei nur anfangen?«, scherzte sie, und er schnaubte.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Aber es wäre gewiss nicht angenehm.«
»Du hast du recht.«
Er gab ihr einen Klaps auf den Po. »Ich sage es nicht gern, aber du ziehst dich jetzt am besten an.« Seine Lippen verzogen sich zu jenem respektlosen Lächeln, das sie so hasste, weil es verdammt unwiderstehlich war. »Bo und ich werden in der Zeit einen kleinen Rundgang machen und nachsehen, ob wir irgendwelche Hinweise auf einen Eindringling finden.«
Oder auf einen Geist,
dachte sie, denn langsam hatte sie das Gefühl, dass etwas die Schwelle
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