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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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sich mit General Bonaparte verlobte. Es war eine sehr glückliche Zeit im Leben Ihrer Majestät.« Er nickte. Setzte sich dann einfach auf die Armlehne meines Fauteuils. »Ja, es war eine glückliche Zeit im Leben Ihrer Majestät. Und in Ihrem Leben, Fürstin?« »Ich war sehr unglücklich, Sire. Aber es ist so lange her und längst verheilt«, murmelte ich. Ich war so müde, und mir war so kalt, dass ich vergaß, wer neben mir saß. Erst als mein Kopf zur Seite glitt und auf seinen Arm fiel, fuhr ich erschrocken auf. »Pardon – Majestät.« »Lass deinen Kopf nur liegen, dann bin ich wenigstens nicht so allein.« Er versuchte, seinen Arm um meine Schultern zu legen und mich an sich zu ziehen. Aber ich machte mich steif und lehnte meinen Kopf an die Lehne des Fauteuils. »Ich war in diesem Salon sehr glücklich, Eugénie.« Ich rührte mich nicht. »Die Habsburger sind eine der ältesten Herrscherfamilien der Welt, weißt du das?«, kam es plötzlich. »Eine Erzherzogin von Österreich ist des Kaisers der Franzosen würdig.« Ich richtete mich auf, wollte sein Gesicht sehen. Meinte er das im Ernst? Dass eine Habsburgerin gerade gut genug für den Sohn des Advokaten Buonaparte aus Korsika ist? Er starrte wieder vor sich hin. Fragte unvermittelt: »Kannst du Walzer tanzen?« Ich nickte. »Kannst du es mir zeigen? Alle Österreicherinnen tanzen Walzer, hat man mir inWien erzählt. Aber damals in Schönbrunn hatte ich keine Zeit, mich damit zu befassen. Zeig mir, wie man Walzer tanzt!« Ich schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt, nicht – hier.« Sein Gesicht verzerrte sich. »Jetzt! Und hier!« Erschrocken wies ich auf die Tür, die zu Josephines Schlafzimmer führte. »Sire, Sie wecken sie auf!« Aber er gab nicht nach, dämpfte nur die Stimme: »Zeig es mir! Sofort. Das ist ein Befehl, Fürstin!« Ich stand auf. »Ohne Musik geht es schwer«, sagte ich nur. Dann begann ich mich langsam zu drehen. »Eins, zwei, drei und eins, zwei, drei – so tanzt man Walzer, Majestät!« Aber er sah mir nicht zu. Er saß noch immer auf der Armlehne des Fauteuils und starrte vor sich hin. »Und eins, zwei drei – und eins, zwei, drei –«, sagte ich etwas lauter. Jetzt sah er auf. Sein schweres Gesicht wirkte grau und aufgedunsen im fahlen Morgenlicht. »Ich war so glücklich mit ihr, Eugénie!« Ich blieb stehen und sah ihn hilflos an. »Ist es – notwendig, Majestät?«
    »Ich kann nicht an drei Fronten gleichzeitig Krieg führen. Im Süden muss ich Aufstände niederschlagen, die Kanalküste verteidigen und Österreich –« Er kaute an der Unterlippe. »Österreich wird Ruhe geben, wenn die Tochter des Kaisers mit mir verheiratet ist. Mein Freund, der russische Zar, rüstet, liebe Fürstin. Und mit meinem Freund, dem russischen Zaren, werde ich nur dann fertig, wenn Österreich endgültig Ruhe gibt. Sie wird meine Geisel sein, meine süße achtzehnjährige Geisel …« Er zog wieder die Dose hervor und betrachtete genießerisch das rosa Porträt. Stand dann mit einem Ruck auf und sah sich noch einmal sehr eindringlich im ganzen Raum um. »So hat es hier ausgesehen«, murmelte er, als ob er sich die Streifen der Tapeten und die Form des zerbrechlichen Sofas auf immer einprägen wollte. Als er sich zum Gehen wandte, versank ich im Hofknicks. Da legte er plötzlich die Hand auf mein Haar und streichelte mich zerstreut.»Kann ich etwas für Sie tun, liebe Fürstin?« »Ja, wenn Majestät die Güte hätten, mir ein Frühstück zu schicken. Starken Kaffee, wenn das möglich ist!« Er lachte auf. Es klang jung, erweckte Erinnerungen. Dann verließ er sehr schnell den Salon. Um neun Uhr morgens begleitete ich die Kaiserin durch den rückwärtigen Ausgang aus den Tuilerien. Ihr Wagen erwartete uns. Sie trug einen der drei kostbaren Zobelpelze, die der Kaiser vom russischen Zaren in Erfurt zum Geschenk erhalten hatte. Den zweiten hatte er Polette um die Schultern gelegt, über das Schicksal des dritten weiß man nichts. Josephine war sehr sorgfältig geschminkt und unter den Augen stark gepudert, ihr Gesicht wirkte süß und nur ein klein wenig verwelkt. Ich führte sie sehr schnell die Treppe hinunter. Im Wagen erwartete uns bereits Hortense. »Ich habe gehofft, dass sich Bonaparte von mir verabschieden wird«, sagte Josephine leise und beugte sich ein wenig vor, um die Fensterreihen der Tuilerien zu betrachten. Der Wagen setzte sich in Bewegung. Hinter jedem Fenster sah man neugierige Gesichter. »Der Kaiser ist heute in aller Frühe

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