Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
David!«
Johnny sah zur Zelle des Jungen hinüber. Der Anblick ließ
seine Muskeln vor Angst erschlaffen - als der Kojote diesmal
an dem Jackett zog, riß er es ihm fast aus der Hand.
»BEEIL Dich!« schrie die Frau wieder, aber Johnny sah, daß
der Junge sich nicht beeilen konnte. Eingeseift und nackt wie
ein geschälter Shrimp war er bis zum Kinn gekommen, und so
steckte er fest, sein ganzer Körper draußen, sein Kopf im Inneren der Zelle. Johnny sah überwältigend deutlich ein Bild
vor sich, das vorwiegend durch den verdrehten Hals und den
verkrampften Unterkiefer ausgelöst wurde.
Der Junge sah aus wie ein Erhängter.
3
    Alles ging gut, bis er zum Kopf kam, und da blieb er stecken,
Wange auf dem Holzboden, das Kinn an einem eingeseiften
Gitterstab, der Hinterkopf am anderen. Eine von Klaustrophobie ausgelöste Panik
- der Geruch des Holzbodens, der
eiserne Griff der Gitterstäbe, die alptraumhafte Erinnerung an
das Bild eines Puritaners im Stock, das er einmal gesehen
hatte - legte sich wie ein dunkler Vorhang vor seinen Blick. Er
konnte seinen Dad brüllen, die Frau schreien und den Kojoten
knurren hören, aber diese Geräusche waren alle weit entfernt.
Sein Kopf steckte fest, er mußte zurück, war aber nicht sicher,
ob er zurück konnte, weil er auch die Arme draußen hatte und
einer unter seinem Rumpf eingeklemmt war und
Gott steh mir bei, dachte er. Es wirkte nicht gerade wie ein
Gebet; wahrscheinlich war er zu verängstigt und in die Enge
getrieben für ein Gebet. Bitte, hilf mir, laß nicht zu, daß ich feststecke, bitte, hilf mir.
    Dreh den Kopf, sagte da die Stimme zu ihm, die er manchmal
hörte. Wie immer sprach sie in einem fast desinteressierten
Tonfall, als müßte auf der Hand liegen, was sie zu sagen hatte,
und wie immer erkannte David sie daran, daß sie durch ihn zu
gehen schien, statt von ihm zu kommen.
Dann erschien ihm ein Bild: Hände, die Vorder- und Rückseite eines Buchs preßten, trotz Einbanddeckel und Bindung
die Seiten ein wenig zusammendrückten. David dachte,
hoffte, daß er begriff, was ihm die Stimme sagen wollte: Sein
Schädel würde sich gleichermaßen zusammendrücken lassen
- jedenfalls ein bißchen -, wenn er ihn in die richtige Lage
drehte.
Dreh den Kopf, hatte die Stimme gesagt.
Irgendwo hinter ihm erklang ein reißendes Geräusch, dann
die Stimme des grauhaarigen Mannes, irgendwie amüsiert,
ängstlich und wütend zugleich: »Weißt du, wieviel dieses
Ding gekostet hat?«
David drehte sich so herum, daß er auf dem Rücken lag,
statt auf der Seite. Es war eine unvorstellbare Erleichterung,
allein den Druck der Stange vom Kinn zu haben. Dann führte
er die Hände nach oben und drückte die Handflächen gegen
die Gitterstäbe.
Ist es so richtig?
Keine Antwort. So häufig kam keine Antwort. Woran
mochte das liegen?
Weil Gott grausam ist, antwortete Reverend Martin, der in
Davids Kopf eine Unterrichtsstunde gab. Gott ist grausam. Ich
habe Popcorn, David, soll ich uns welches machen? Vielleicht können wir einen dieser alten Horrorfilme im Fernsehen finden, einen
von Universal, vielleicht sogar Die Mumie.
Er drückte mit den Händen. Zuerst passierte nichts, aber
dann rutschte sein eingeseifter Kopf langsam, ganz langsam
zwischen den Gitterstäben durch. Einen schrecklichen Augenblick wurden seine Ohren an den Kopf gedrückt, und ein Gefühl unvorstellbaren Drucks lastete auf seinen Schläfen, ein
widerliches Pochen, wahrscheinlich die schlimmsten körperliehen Schmerzen, die er je erlebt hatte. In diesem Augenblick
war er davon überzeugt, daß er genau in dieser Haltung
steckenbleiben und unter Qualen sterben würde, wie ein Ketzer in einem Folterinstrument der Inquisition. Er drückte mit
den Handflächen noch fester, sah unter Schmerzen und konzentriert zu der staubigen Decke hinauf und stieß ein leises,
erleichtertes Stöhnen aus, als er sich fast sofort wieder bewegte. Als er den Gitterstäben die schmälste Stelle seines
Kopfs präsentierte, gelang es ihm ohne weitere Probleme, sich
aus der Zelle hinauszuzwängen. Von einem Ohr rann Blut,
aber er war draußen. Er hatte es geschafft. Nackt, mit grünem
Seifenschaum Marke Irischer Frühling bedeckt, richtete David sich auf. Unerträgliche Schmerzen schössen von hinten
nach vorne durch seinen Kopf, und ihm kam es einen Moment
lang so vor, als würden ihm die Augen buchstäblich aus den
Höhlen quellen, wie bei einem Zeichentrick-Romeo, der gerade eine aufreizende Blondine gesichtet hatte.
Der Kojote war zumindest im

Weitere Kostenlose Bücher