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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hier.«
»Yeah, sicher. Du kannst mich mal.« Sie machte ihre Tür auf,
und ihr riß der Wind sie tatsächlich aus der Hand. Sie stieg
aus, bevor er noch etwas sagen konnte.
Ein heißer Windstoß warf sie nach hinten, so daß sie stolperte und sich an der Tür festhalten mußte. Der Sand prasselte stechend auf ihre Lippen und Wangen; sie verzog das
Gesicht, während sie das Taschentuch hochzog. Und am
schlimmsten war, daß dieser Sturm sich womöglich erst aufwärmte.
Sie sah sich nach Kojoten um - es hatte sich angehört, als
wären sie in der Nähe -, sah aber keine. Jedenfalls noch nicht.
Steve ging bereits die Stufen zur Veranda hinauf - so viel zum
Mann als Beschützer. Sie folgte ihm und verzog erneut das
Gesicht, als ein weiterer heftiger Windstoß sie durchschüttelte.
Wir führen uns auf wie Figuren in einem billigen Horrorfilm, dachte sie deprimiert, bleiben hier, obwohl wir wissen, daß wir gehen sollten, und stecken unsere Nasen in Dinge, die uns nichts angehen.
Das stimmte, überlegte sie … aber verhielten die Menschen
sich nicht immer so? War die kleine Miss Cynthia nicht aus
eben diesem Grund noch dagewesen, als Richie Judkins in
richtig übler ohrabreißerischer Laune nach Hause gekommen
war? Lief nicht das meiste Übel in der Welt darauf hinaus, daß
man blieb, obwohl man verdammt gut wußte, daß man gehen
sollte, daß man weitermachte, obwohl man wußte, daß man
aufhören und abhauen sollte? War das nicht, in letzter Konsequenz, der Grund, warum so viele Leute billige Horrorfilme
mochten? Weil sie in den erschrockenen Kindern, die sich weigerten, das Spukhaus zu verlassen, sogar nachdem das mit
den Morden angefangen hat, sich selbst wiedererkannten?
Steve stand im heulenden Wind und in dem wirbelnden
Staub auf der obersten Treppenstufe, sein Kopf war gesenkt,
das Taschentuch flatterte… und er läutete. Läutete tatsächlich,
als wollte er fragen, ob er reinkommen und der Hausfrau die
Vorteile von Sprint gegenüber AT & T erklären dürfte. Das
war zuviel für Cynthia. Sie drängte sich grob an ihm vorbei,
wobei sie ihn fast in die Büsche neben der Veranda gestoßen
hätte, packte den Türknauf und drehte ihn herum. Die Tür
ging auf. Wegen des Taschentuchs konnte sie Steves untere
Gesichtshälfte nicht sehen, aber sein verblüffter Blick, als sie
durch die offene Tür ins Haus ging, war höchst befriedigend.
»He!« rief sie. »Hallo, jemand zu Hause? Hier ist eure beschissene Avon-Beraterin, Leute!«
Keine Antwort
- aber aus einem offenen Zimmer auf der
rechten Seite ertönte ein seltsames Geräusch. Eine Art Zischen.
Sie drehte sich zu Steve um. »Niemand zu Hause, siehst du?
Und jetzt laß uns gehen.«
Statt dessen ging er durch die Diele auf das Geräusch zu. »Nein!« flüsterte sie erbittert und packte ihn am Arm. »Nein,
buchstabiert en-en-ih-en, jetzt reicht’s!«
Er riß sich los, ohne sie anzusehen
- Männer, die gottverdammten Männer, was waren sie doch für perfekt ritterliche
Arschlöcher - und ging weiter den Flur entlang. »Hallo?«
fragte er im Gehen… damit jemand, der die Absicht hatte, ihn
zu töten, auch ganz genau wußte, wo er war. Cynthia war
drauf und dran, nach draußen zu gehen und in den Bus einzusteigen. Sie würde auf die Uhr sehen, drei Minuten warten,
und wenn er bis dahin nicht wieder rauskam, würde sie den
Gang einlegen und wegfahren; der Teufel sollte sie holen,
wenn sie es nicht tat.
Statt dessen folgte sie ihm den Flur entlang.
»Hallo?« Er blieb dicht vor der offenen Tür stehen
- vielleicht hatte er doch noch Grips in der Birne, jedenfalls ein
bißchen - und spähte um den Türrahmen herum. »Hall -« Er
verstummte. Dieses komische Zischen war jetzt lauter denn
je, eine Art zittriger Laut, unzusammenhängend, fast wie Sie sah über seine Schulter, obwohl sie es gar nicht wollte,
aber sie konnte nicht anders. Steve war oberhalb des Taschentuchs kreidebleich geworden, und das war kein gutes
Zeichen.
Nein, eigentlich war es kein Zischen. Mehr ein Rasseln. Es war das Eßzimmer. Die Familie war im Begriff gewesen,
das Abendessen zu sich zu nehmen, als über sie gekommen
war, was sich in Desperation abgespielt hatte
- allerdings
nicht das Abendessen von heute, das sah sie auf den ersten
Blick. Fliegen summten über dem Schmorbraten, und in manchen Scheiben tummelten sich bereits Kolonien von Maden.
Die Sahne zum Mais war in der Schüssel geronnen. Die Soße
war ein brauner Klumpen in der Sauciere.
Drei Menschen saßen am Tisch: eine Frau, ein Mann und

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