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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Nissen-Hütte
der Bergbaugesellschaft gesehen hatten. Der Kojote mit dem
seltsam verdrehten Kopf und den großen Augäpfeln; der Kojote, dessen Zunge eine Schlange gewesen war.
Ein Bild von diesem Ding müßte im Lexikon neben dem Wort häßlich abgebildet sein, hatte Cynthia gesagt, und damit hatte
sie recht, o ja, keine Frage, aber Steve wurde plötzlich von der
überwältigenden Erkenntnis erfüllt, daß etwas so Häßliches
auch mächtig sein mußte.
Soll das ein Witz sein ? dachte er abwesend. Das Radio hat sich
ein- und ausgeschaltet, als du das Ding berührt hast, die Lampen
haben geflackert, das Scheißaquarium ist explodiert. Natürlich ist
es mächtig.
»Was war das für eine kleine Figur, die wir da hinten gefunden haben?« fragte er. »Was war damit los?«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nur, als ich sie angefaßt habe, da…«
»Was? Als du sie angefaßt hast, was war da?«
»Es kam mir so vor, als müßte ich an all die häßlichen Sachen
denken, die mir je im Leben zugestoßen sind«, sagte sie. »Sylvia Marcucci, die mich im achten Schuljahr anspuckt, draußen
auf dem Schulhof - sie hat gesagt, ich hätte ihr ihren Freund
gestohlen, und ich wußte nicht mal, wen, zum Teufel, sie überhaupt meinte. Wie mein Dad sich bei der zweiten Hochzeit
von Tante Wanda hat vollaufen lassen und mir beim Tanzen an
den Arsch gefaßt und so getan hat, als war’s ein Versehen gewesen. Als wäre sein Ständer auch ein Versehen gewesen.«
Ihre Hand glitt seitlich an ihrem Kopf hoch. »Angeschrien
werden. Verprügelt werden. Richie Judkins, der mir fast mein
Scheiß-Ohr abreißt. Ich hab an all diese Sachen gedacht.«
»Yeah, aber woran hast du wirklich gedacht?«
Einen Moment machte sie den Eindruck, als würde sie sagen, er solle sich nicht wie ein Klugscheißer benehmen. »An
Sex«, sagte sie und stieß einen zittrigen Seufzer aus. »Aber
nicht nur ans Ficken. An alles. Je schmutziger, desto besser.« Ja, dachte er, je schmutziger, desto besser. Sachen, die man ausprobieren möchte, über die man aber nie reden würde.
Experimente, sozusagen.
»Woran denkst du?« Ihre Stimme war seltsam schneidend
und gleichzeitig seltsam scharf, wie ein Geruch. Steve sah sie
an und fragte sich plötzlich, ob ihre Muschi eng war. Es war
Irrsinn, in so einem Augenblick an so etwas zu denken, aber es
war nun mal das, was ihm in den Sinn kam.
»Steve?« Schärfer denn je. »Was denkst du?«
»Nichts«, sagte er. Seine Stimme klang belegt, die Stimme
eines Mannes, der aus tiefem Schlaf erwacht. »Nichts, vergiß
es.«
»Fängt es mit einem K an und hört mit einem E auf?«
Eigentlich, Teuerste, fängt >Fotze< mit einem F an, aber ganz
falsch liegst du nicht.
Was war los mit ihm? Was, in Gottes Namen? Es war, als
hätte dieses komische Stück Stein ein anderes Radio eingeschaltet, diesmal in seinem Kopf, und es sendete mit einer
Stimme, die fast seine eigene war.
»Wovon redest du?« fragte er sie.
»Kojote, Kojote«, sagte sie und trällerte die Worte wie ein
Kind. Nein, sie warf ihm nichts vor, doch er überlegte sich,
daß es ganz logisch gewesen war, es vorübergehend zu denken; sie war nur außer sich vor Aufregung. »Das Ding, das wir
im Labor gesehen haben! Wenn wir es hätten, könnten wir
hier raus! Ich weiß es, Steve! Und vergeude nicht meine Zeit unsere Zeit -, indem du mir sagst, daß ich verrückt bin!«
Angesichts von allem, was sie gesehen hatten, was ihnen in
den vergangenen neunzig Minuten zugestoßen war, hatte er
nicht die Absicht, das zu tun. Wenn sie verrückt war, dann waren sie es beide. Aber
»Du hast mir gesagt, ich soll ihn nicht anfassen.« Er hatte immer noch Mühe, zu sprechen, es war, als wäre Schlamm in seinen Denkapparat gelaufen. »Du hast gesagt, er fühlt sich …«
Fühlt sich wie an? Was hatte sie gesagt?
Angenehm. Das war es. »Faß ihn an, Steve. Er fühlt sich angenehm an.«
Nein. Falsch.
»Du hast gesagt, er fühlt sich ekelhaft an.«
Sie sah ihn lächelnd an. Im grünen Leuchten des Armaturenbretts sah das Lächeln grausam aus. »Möchtest du was
Ekelhaftes fühlen? Dann fühl mal dahin.«
Sie nahm seine Hand, schob sie zwischen ihre Beine und
zuckte zweimal mit den Hüften aufwärts. Steve schloß da unten die Hand um sie - möglicherweise so fest, daß es weh tat -,
aber das Lächeln blieb. Es wurde sogar noch breiter.
Was machen wir da? Und warum, in Gottes Namen, machen wir
es ausgerechnet jetzt?
Er hörte ihre Stimme, aber nur undeutlich
- wie eine
Stimme, die in einem Ballsaal voll

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