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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verkniffen. »Sofort. Herrgott, irgendwas ist äußerst faul. Spürst du das nicht?«
»Ich spüre vielleicht … etwas. Soll ich Mary holen? Sie ist
bei Billingsley -«
»Keine Zeit. Komm mit mir oder bleib hier. Wie du willst.«
Er sprang von der Bühne, stolperte, stützte sich an einem
Sitz in der ersten Reihe ab und rannte den Mittelgang hinauf.
Als er oben ankam, war Cynthia direkt hinter ihm und wieder
nicht einmal außer Puste. Die Tussi war fit, das mußte man ihr
lassen.
Der Boß kam gerade aus dem Kartenhäuschen, Ralph Carver war dicht hinter ihm. »Wir haben auf die Straße rausgesehen«, sagte Johnny. »Der Sturm ist definitiv … Steve? Was ist
los?«
Steve sah sich um, ohne zu antworten, erspähte die Treppe
und rannte hinauf. Ein Teil von ihm war immer noch erstaunt,
wie schnell dieses Gefühl der Dringlichkeit über ihn gekommen war. Aber der größte Teil hatte einfach Angst.
»David!« schrie er. »David, antworte, wenn du mich hören
kannst!«
Nichts. Ein trostloser, schmutziger Flur führte an etwas vorbei, was wahrscheinlich der alte Balkon und der Alkoven für
die Snack Bar gewesen war. Am entgegengesetzten Ende
führte eine schmale Treppe weiter nach oben. Es war niemand
da. Und doch hatte er das sichere Gefühl, daß jemand da gewesen war, und zwar erst vor kurzem.
»David!« brüllte er.
»Steve? Mr. Ames?« Das war Carver. Er hörte sich fast so
ängstlich an, wie Steve sich fühlte. »Was ist los? Ist meinem
Sohn etwas zugestoßen?«
»Ich weiß nicht.«
Cynthia duckte sich unter seinem Arm durch und lief den
Flur entlang zum Eingang des Balkons. Steve folgte ihr. Ein
abgerissenes Stück Seil, das immer noch ein wenig vor sich
hin baumelte, hing an dem Torbogen.
»Seht!« Cynthia zeigte mit dem Finger. Zuerst hielt Steve
das Ding, das da draußen lag, für eine Leiche, dann erkannte
er, daß es sich bei dem Haar um Synthetikmaterial handelte.
Es war eine Puppe. Mit einer Schlinge um den Hals.
»Hast du das gesehen?« fragte er. »Das war es, richtig?«
»Ja. Jemand hat sie abgerissen und ihr einen Tritt gegeben.«
Sie sah ihn mit einem bedrückten und nervösen Gesichtsausdruck an. Mit einer so leisen Stimme, daß man sie kaum
hören konnte, flüsterte sie: »Herrgott, Steve, das gefällt mir
nicht.«
Steve wich einen Schritt zurück und sah nach links (der Boß
und Davids Vater betrachteten ihn ängstlich und drückten die
Waffen an sich), dann nach rechts. Dort, flüsterte sein Herz …
vielleicht war es auch seine Nase, die einen schwachen Hauch
von Opium wahrnahm und flüsterte. Da oben. Muß im Vorführraum sein.
Er lief dorthin, und wieder blieb ihm Cynthia dicht auf den
Fersen. Er rannte die schmale Treppe hinauf und tastete im
Halbdunkel nach dem Türgriff, als sie ihn am Hosenbund
packte und zurückhielt.
»Der Junge hatte eine Pistole bei sich. Wenn sie mit ihm da
drinnen ist, könnte sie die jetzt haben. Sei vorsichtig, Steve.« »David!« schrie Carver. »David, alles in Ordnung mit dir?« Steve überlegte, ob er Cynthia sagen sollte, daß sie keine
Zeit hatten, vorsichtig zu sein, daß schon zuviel Zeit verstrichen war, seit sie David aus den Augen verloren hatten …
aber es blieb auch keine Zeit mehr, zu reden.
Er drehte den Knauf herum und rammte fest mit der Schulter gegen die Tür, wobei er damit rechnete, entweder auf ein
Schloß oder irgendeine Form von Widerstand zu stoßen. Aber
es gab keinen. Die Tür flog auf; er flog hinter ihr in den Raum.
Auf der anderen Seite, an der Wand mit den Schlitzen für
den Projektor, waren David und Audrey. David hatte die
Augen halb geöffnet, aber nur das hervorquellende Weiß war
zu sehen. Sein Gesicht hatte eine grauenhaft leichenblasse
Farbe angenommen, noch grünlich von der Seife, aber überwiegend grau. Lavendelfarbene Flecken wuchsen auf der
Haut unter seinen Augen und über seinen Wangenknochen.
Seine Hände trommelten unkontrolliert auf seinen Oberschenkeln. Er gab einen leisen, erstickten Laut von sich.
Audrey hatte die rechte Hand um seine Kehle geklammert der Daumen war tief in das weiche Fleisch unter Davids rechtem Unterkiefer gepreßt, die Finger gruben sich links in die
Haut. Ihr ehemals hübsches Gesicht war verzerrt zu einem
Ausdruck voller Haß und Wut, wie Steve ihn noch nie in seinem Leben gesehen hatte
- er schien irgendwie ihre Haut
dunkler gefärbt zu haben. In der linken Hand hielt sie den
45er Revolver, mit dem David den Kojoten erschossen hatte.
Sie feuerte damit drei Schüsse ab, dann ertönte nur noch

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