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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die
oberste runtergestoßen, weil ich mir dachte, falls der Cop die
Stelle findet und die gestapelten Kisten sieht, wären sie wie
ein Hinweispfeil.«
»Richtig. Und was sehen Sie jetzt?«
Steve nahm die Taschenlampe zu Hilfe, obwohl es eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre; der Wind hatte fast
völlig nachgelassen, und bis auf die hartnäckigsten Flocken
war auch der Staub zu Boden gegangen. Sogar eine Mondsichel stand am Himmel.
»Sie sind wieder aufeinandergestellt«, sagte er und wandte
sich mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck an Johnny.
»O Scheiße. Entragian war hier, während wir mit David beschäftigt waren. Er ist gekommen und …hat sie mitgenommen, wollte er sagen, aber er sah, wie der Boß den Kopf schüttelte, und verstummte.
»Das paßt nicht zu dem hier.« Johnny ergriff die Taschenlampe und nahm mit ihr wieder die Flaschenparade ab.
»Nicht zertrümmert, fein säuberlich in einer Reihe aufgestellt.
Wer hat das getan? Audrey? Nein, sie ist in die andere Richtung gegangen, hinter David her. Billingsley? Unmöglich, angesichts des Zustands, in dem er sich vor seinem Tod befand.
Bleibt also Mary, aber hätte sie es für den Cop getan?«
»Das bezweifle ich«, sagte Steve,
»Ich auch. Ich glaube, wenn der Cop hier hinten aufgetaucht wäre, dann wäre sie Zeter und Mordio schreiend zu
uns gerannt gekommen. Und warum die aufgestapelten Kisten? Ich habe Erfahrungen aus erster Hand mit Collie Entragian; er ist mindestens einsfünfundneunzig groß, wahrscheinlich größer. Er hätte keine Stufe gebraucht, um an das
Fenster ranzukommen. Ich finde, die Kisten sprechen mehr
für eine kleinere Person, oder eine List, um Mary in eine Position zu bekommen, in der man sie packen konnte, vielleicht
beides. Möglicherweise interpretiere ich zuviel hinein, aber -«
»Also könnte es noch mehr von ihnen geben. Mehr Leute
wie Audrey.«
»Vielleicht, aber ich glaube nicht, daß man das aus dem
schlußfolgern kann, was wir hier sehen. Ich kann mir nur nicht
vorstellen, daß sie die Bierflaschen für einen Fremden weggeräumt hätte. Nicht mal für ein plärrendes Kind. Meinen Sie
nicht auch? Ich glaube, sie wäre gekommen, um uns zu holen.«
Steve nahm die Taschenlampe wieder an sich und richtete
sie auf Billingsleys Fisch, der hier in der Dunkelheit so fröhlieh und bunt aussah. Es überraschte ihn kaum, daß ihm das
Bild plötzlich nicht mehr so gut gefiel. Nun kam es ihm wie
Gelächter in einem Spukhaus vor, oder wie ein Clown um
Mitternacht. Er knipste die Taschenlampe aus.
»Was denken Sie, Boß?«
»Nennen Sie mich nicht mehr so, Steve. Es hat mir von
vornherein nicht besonders gut gefallen.«
»Einverstanden. Was denken Sie, Johnny?«
Johnny sah sich um und vergewisserte sich, daß sie noch allein waren. Sein von der geschwollenen, schiefen Nase beherrschtes Gesicht sah müde und konzentriert zugleich aus.
Als er drei Aspirin aus dem Fläschchen schüttelte und trocken
schluckte, fiel Steve etwas Erstaunliches auf: Marinville sah
jünger aus. Trotz allem, was er durchgemacht hatte, sah er
jünger aus als vorher.
Er schluckte wieder, verzog das Gesicht wegen des Geschmacks der alten Tabletten und sagte: »Davids Mom.« »Was?«
»Könnte durchaus sein. Denken Sie einen Moment drüber
nach. Sie werden sehen, wie hübsch alles zusammenpaßt-auf
eine gräßliche Weise.«
Steve gehorchte. Und sah, wie perfekt diese Hypothese die
Situation erklärte. Er wußte nicht, an welchem Punkt Audrey
Wylers Geschichte sich von der Wahrheit verabschiedet
hatte, aber eines wußte er: Irgendwann im Verlauf dieser Geschichte war sie von den Steinen, die sie am tahs genannt
hatte … verwandelt worden. Verwandelt? Von einer Art abscheulicher, degenerativer Tollwut befallen worden. Was mit
ihr geschehen war, konnte auch mit Ellen Carver geschehen
sein.
Steve hoffte plötzlich, daß Mary Jackson tot war. Das war
schrecklich, aber in so einem Fall war es möglicherweise besser, tot zu sein, oder nicht? Besser als unter dem Zauber der am tahs. Besser als das, was ihnen offenbar zustieß, wenn sie
weggebracht wurden.
»Was machen wir jetzt?« fragte er.
»Aus dieser Stadt verschwinden. Von mir aus auf jede nur
denkbare Weise.«
»Einverstanden. Wenn David immer noch bewußtlos ist,tragen wir
ihn. Gehen wir.«
Sie gingen ins Foyer zurück.
5
    David Carver ging an der West Wentworth Middle School
vorbei die Anderson Avenue entlang. Mit gelber Farbe waren
die Worte IN DIESER STILLE KONNTE ETWAS ERWACHEN auf die Fassade des

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