Desperation
Schulgebäudes gesprüht worden.
Dann bog er an einer Ohio-Ecke ab und folgte der Bear Street.
Das war ziemlich merkwürdig, da Bear Street und Bear Street
Woods neun lange, vorstädtische Straßenblocks von der
Grundschule entfernt waren, aber so lief das eben in Träumen.
Bald würde er in seinem Schlafzimmer erwachen, und die
ganze Geschichte würde sich ohnehin verflüchtigen.
Vor ihm standen drei Fahrräder mitten auf der Straße. Sie
standen verkehrt herum, und ihre Räder drehten sich im
Wind.
»Da sprach Pharao zu Joseph: Ich habe einen Traum geträumt«, sagte jemand, »und ich habe von dir sagen hören,
wenn du einen Traum hörst, so kannst du ihn deuten.«
David sah über die Straße und erblickte Reverend Martin.
Er war betrunken und hatte eine Rasur nötig. In einer Hand
hielt er eine Flasche J. W. Dant. Zwischen seinen Füßen war
eine gelbe Kotzelache. David ertrug es kaum, ihn anzusehen.
Seine Augen waren leer und tot.
»Joseph antwortete dem Pharao und sprach: Das steht nicht
bei mir; Gott wird jedoch dem Pharao Gutes verkünden.«
Reverend Martin prostete David mit der Flasche zu und trank.
»Hol sie dir, Joe«, sagte er. »Jetzt werden wir herausfinden, ob
du weißt, wo Moses war, als das Licht ausging.«
David ging weiter. Er überlegte sich, ob er umkehren sollte;
da kam ihm ein seltsamer, aber merkwürdig überzeugender
Gedanke: Wenn er sich umdrehte, würde er die Mumie sehen,
die in einer Wolke von uralten Bandagen und Gewürzen hinter ihm hergestapft kam.
Er ging ein wenig schneller.
Als er an den Fahrrädern auf der Straße vorbeikam, stellte
er fest, daß eines der kreisenden Räder ein durchdringendes
und unangenehmes Geräusch von sich gab: Ritsch-ritschritsch. Er mußte an die Wetterfahne auf dem Dach von Bud’s
Suds denken, den Kobold mit dem Topf voll Gold unter dem
Arm. Dem in
Desperation! Ich bin in Desperation, und dies ist ein Traum! Ich
bin beim Beten eingeschlafen, ich bin oben in dem alten Kino! »Es wird ein Prophet und ein Träumer unter euch aufstehen«, sagte jemand.
David sah auf die andere Straßenseite und erblickte eine
tote Raubkatze
- einen Puma
-, die an einem Geschwindigkeitsbegrenzungsschild hing. Der Puma hatte einen Menschenkopf. Audrey Wylers Kopf. Sie verdrehte müde die
Augen in seine Richtung, und David glaubte, daß sie ihm
zulächeln wollte. »Und wenn er spricht: Laß uns anderen Göttern folgen und ihnen dienen, so sollst du nicht gehorchen.«
Er verzog das Gesicht und wandte sich ab, und da stand
Törtchen auf seiner Seite der Bear Street, auf der Veranda des
Hauses seines Freundes Brian (Brians Haus war nie in der
Bear Street gewesen, aber offenbar hatten sich jetzt die Regeln
geändert). Sie hielt Melissa Sweetheart an sich gedrückt. »Er
war doch Mr. Riesenschreck«, sagte sie. »Das weißt du jetzt,
oder nicht?«
»Ja, ich weiß, Törtchen.«
»Geh etwas schneller, David. Mr. Riesenschreck ist runter
dir her.«
Der Wüstengeruch nach Bandagen und alten Gewürzen
drang ihm jetzt viel stärker in die Nase, und David ging noch
schneller. Voraus lag die Lücke im Gebüsch, die den Zugang
zum Ho-Chi-Minh-Pfad auswies. Vorher waren nie mehr als
ab und zu ein Himmel-und-Hölle-Gitter oder Sprüche wie
KATHI LIEBT RUSSELL mit Kreide auf den Bürgersteig aufgemalt gewesen, aber heute wurde der Zugang zum Pfad von
einer uralten Statue aus Stein bewacht, viel zu groß für einen can tah, einen kleinen Gott; dies war ein can tak, ein großer
Gott. Es war ein Schakal mit geneigtem Kopf, einer offenen,
knurrenden Schnauze und kugelrunden Trickfilmaugen voller Wut. Eines seiner Ohren war entweder abgebrochen oder
von Erosion weggefressen worden. Die Zunge in seinem Maul
war gar keine Zunge, sondern der Kopf eines Menschen
-
Collie Entragians Kopf, samt Smokey-Bear-Hut und allem
Drum und Dran.
»Fürchte mich und wende dich von diesem Pfade ab«, sagte
der Cop im Maul des Schakals, als David näher kam. »Mi tow,
can de lach: Fürchte den Ungeformten. Es gibt andere Götter
als deinen can tah, can tak. Du weißt, daß ich die Wahrheit
spreche.«
»Ja, aber mein Gott ist stark«, sagte David im Plauderton. Er
griff dem Schakal ins offene Maul und packte die alptraumhafte Zunge. Er hörte Entragian schreien - und spürte es, ein
Schrei, der an seiner Handfläche vibrierte wie ein elektrischer
Schocker. Einen Augenblick später explodierte der ganze Kopf
des Schakals in einem lautlosen, scherbenlosen Lichtblitz. Zurückblieb ein Torso aus Stein, der an den Schultern
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