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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verschwinden«, sagte
Johnny. Es gelang ihm noch, mit sanfter Stimme zu sprechen,
aber nun konnte er auch einen Unterton von Ungeduld und
Angst darin hören. »Wenn wir in Ely sind, nehmen wir Verbindung mit der State Police auf - verdammt, mit dem FBI.
Morgen mittag werden hundert Cops am Boden und ein Dutzend Hubschrauber in der Luft sein, das verspreche ich dir.
Aber im Augenblick -«
»Meine Mom ist tot, aber Mary nicht«, sagte David. »Sie lebt
noch. Sie ist in der Grube.«
Cynthia schnappte nach Luft. »Woher weißt du überhaupt,
daß sie weg ist?«
David lächelte verhalten. »Nun, zunächst einmal sehe ich
sie nicht. Den Rest weiß ich auf dieselbe Weise, wie ich weiß,
daß Audrey mich gewürgt hat. Man hat es mir gesagt.«
»Wer, David?« fragte Ralph.
»Ich weiß nicht«, sagte David, sah aber seltsam nachdenklich aus. »Ich weiß nicht mal, ob es wichtig ist. Wichtig ist, er
hat mir viele Dinge erzählt. Wahre Dinge. Das weiß ich.«
»Die Märchenstunde ist vorbei, Kumpel«, sagte Johnny.
Seine Stimme hatte einen abgehackten Klang. Er hörte es,
konnte aber nichts dagegen machen. Und kam es überraschend? Dies war keine Podiumsdiskussion über magischen
Realismus oder konkrete Poesie. Die Märchenstunde war vorbei; die Zeit für den Abgang gekommen. Er hatte absolut
keine Lust, sich einen Haufen irrer Traumscheiße von diesem
unheimlichen kleinen Jesusjünger anzuhören.
Dieser Jesusjünger ist irgendwie aus der Zelle entkommen, hat
den Kojoten getötet, den Entragian als Wache zurückgelassen
hatte, und dein erbärmliches Leben gerettet, meldete sich Terry
in seinem Kopf zu Wort. Vielleicht solltest du ihm zuhören,
Johnny.
Und genau das war der Grund, dachte er, aus dem er sich
überhaupt erst von Terry hatte scheiden lassen. In einer beschissenen Nußschale. Sie war himmlisch im Bett gewesen,
hatte aber nie gewußt, wann sie den Mund halten und Leuten
zuhören sollte, die ihr geistig überlegen waren.
Aber der Schaden war angerichtet; jetzt war es zu spät,
den Zug seiner Gedanken entgleisen zu lassen. Er mußte
daran denken, was Billingsley über Davids Entkommen aus
der Gefängniszelle gesagt hatte. Nic ht mal Houdini, war es
nicht das gewesen? Wegen dem Kopf. Und dann das Telefon.
Wie er die Kojoten verscheucht hatte. Und die Sache mit den
Sardinen und Crackern. Ihm selbst war dabei ein Gedanke
über unscheinbare Wunder durch den Kopf gegangen, oder
nicht?
Er mußte aufhören, so etwas zu denken. Denn Jesusjünger
brachten anderen den Tod. Man denke nur an Johannes den
Täufer, diese Nonnen in Südamerika, oder
Nicht mal Houdini.
Wegen dem Kopf.
Johnny sah ein, daß es keinen Zweck hatte, um den heißen
Brei herumzureden, einen geistigen Steptanz aufzuführen
oder - der älteste Trick von allen - mit unterschiedlichen Stimmen den Sachverhalt bis zur Unkenntlichkeit zu zerreden.
Tatsache war schlicht und einfach, daß er nicht mehr nur
Angst vor dem Cop oder den Kräften hatte, die in dieser Stadt
am Wirken sein mochten.
Er hatte auch Angst vor David Carver.
»Es war nicht wirklich der Cop, der meine Mutter, meine
Schwester und Marys Mann getötet hat«, sagte David und
warf Johnny einen Blick zu, der ihn auf unheimliche Weise an
Terry erinnerte. Dieser Blick hatte ihn stets an den Rand eines
Tobsuchtsanfalls geführt. Du weißt, wovon ich spreche, sagte
dieser Blick. Du weißt es genau, also vergeude nicht meine Zeit,
indem du dich absichtlich dumm stellst. »Und mit wem ich auch
gesprochen haben mag, als ich bewußtlos war, es war in Wirklichkeit Gott. Nur kann Gott nicht in seiner eigenen Gestalt zu
den Menschen kommen; er würde sie zu Tode erschrecken
und nie etwas zustande bringen. Er kommt in anderen Gestalten. Vögel, Feuersäulen, brennende Büsche, Wirbelwinde …«
»Oder Menschen«, sagte Cynthia. »Klar, Gott ist ein Meister
der Maske.«
Angesichts des Ich-weiß-schon-Bescheid-Tonfalls des dünnen Mädchens riß Johnny endgültig der Geduldsfaden. »Das
ist völliger Wahnsinn!« rief er. »Wir müssen hier weg, begreift
ihr das denn nicht? Wir parken auf der gottverdammten Main
Street und haben nicht mal ein Fenster zum Rausschauen hier,
er könnte überall sein
- sogar vorne an dem beschissenen
Lenkrad! Oder … ich weiß nicht… Kojoten … Geier …«
»Er ist fort«, sagte David in seiner ruhigen Stimme. Er beugte
sich nach vorne und holte noch ein Jolt aus dem Kasten.
»Wer?« fragte Johnny. »Entragian?«
»Der can tak. Es spielt keine Rolle, in wem er steckt - in Entragian

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