Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Obwohl - schlechte Neuigkeiten, Leute -,
diesmal schien es nicht nur ein geplatzter Reifen zu sein.
Er sah im Rückspiegel nach Kirsten, die nicht mehr mit Melissa Sweetheart spielte, sondern die Puppe an die Brust
drückte. Kirsty wußte, daß etwas passierte, aber nicht genau,
was.
»Kirsten, setz dich!« rief er. »Schnall dich an!«
Aber da war es schon vorbei. Er steuerte den Wayfarer von
der Straße, machte den Motor aus und wischte sich mit dem
Handrücken den Schweiß von der Stirn. Er fand, daß er es alles in allem nicht schlecht gemacht hatte. Nicht einmal die
Vase mit den Wüstenblumen, die hinten auf dem Tisch stand,
war umgekippt. Ellie und Kirsty hatten sie heute morgen hinter dem Motel in Ely gepflückt, während er und David das
Gepäck verstaut und ausgecheckt hatten.
»Gut gemacht, Dad«, sagte David mit sachlicher Stimme.
Ellie richtete sich auf und sah sich schläfrig um. »Pinkelpause?« fragte sie. »Warum stehen wir so schräg, Ralph?«
»Wir hatten einen -«
Er verstummte und sah in den Außenspiegel. Hinter ihnen
kam ein Polizeiauto mit Blaulicht angebraust. Etwa hundert
Meter hinter ihnen kam es mit quietschenden Reifen zum
Stillstand, und der größte Cop, den Ralph je in seinem Leben
gesehen hatte, quoll förmlich heraus. Ralph sah, daß der Cop
die Waffe gezückt hatte und spürte, wie Adrenalin seine Nerven entflammte.
Der Cop sah nach rechts und links, wobei er die Waffe in
Schulterhöhe hielt, so daß die Mündung in den wolkenlosen
Morgenhimmel zeigte. Dann drehte er sich doch tatsächlich
im Kreis. Als er wieder dem Wohnmobil zugewandt stand,
sah er direkt in den Seitenspiegel und schien genau in Ralphs
Augen zu schauen. Der Cop hob beide Hände über den Kopf,
riß sie brutal herunter, hob sie und riß sie wieder herunter. Die
Geste war unmöglich falsch zu verstehen: Bleibt im Inneren,
bleibt, wo ihr seid.
»Ellie, schließ die Hecktür ab.« Ralph drückte den Knopf
der Verriegelung, während er es sagte. David, der ihm zusah,
machte dasselbe unaufgefordert auf der anderen Seite.
»Was ist?« Sie sah ihn unsicher an. »Was geht da vor?«
»Ich weiß nicht, aber da hinten ist ein Cop, der ganz aus
dem Häuschen zu sein scheint.« Da, wo ich den Platten hatte, dachte er, dann verbesserte er sich. Die Platten.
Der Cop bückte sich und hob etwas von der Straße auf. Es
war ein Drahtstreifen, in dem sich winzige Lichtblitze spiegelten wie in den Pailletten am Abendkleid einer Frau. Er trug
den Streifen zum Auto zurück, ließ ein Ende am Boden schleifen, und hielt dabei die Waffe nach wie vor in der anderen
Hand, als würde er sie präsentieren. Er schien zu versuchen,
in alle Richtungen gleichzeitig zu sehen.
Ellie schloß die Hecktür und die Kabinentür ab, dann kam
sie nach vorne. »Was, zum Teufel, ist da los?«
»Ich sagte doch, ich hab keine Ahnung. Aber, weißt du, es
sieht nicht sehr ermutigend aus.« Er zeigte auf den Außenspiegel an der Fahrerseite.
Ellie bückte sich, stützte die Hände dicht oberhalb ihrer
Knie auf und verfolgte zusammen mit Ralph, wie der Cop den
Drahtstreifen auf den Beifahrersitz warf und, mittlerweile mit
der Waffe in beiden Händen, zur Fahrerseite zurückkehrte.
Erst viel später kam Ralph der Gedanke, wie sorgfältig dieser
kleine Stummfilm inszeniert gewesen war.
Kirsty trat hinter ihre Mutter und klopfte mit Melissa Sweetheart sanft auf die ausgestreckte Kehrseite ihrer Mutter.
»Po, Po, Po, Po«, sang sie. »Was für ein schöner, großer MamaPo.«
»Nicht, Kirsty.«
Normalerweise hätte man Kirsty zwei- oder dreimal sagen
müssen, daß sie aufhören und sich trollen sollte, aber diesmal
sorgte etwas in der Stimme ihrer Mutter dafür, daß sie es sofort sein ließ. Sie sah ihren Bruder an, der so gebannt in seinen
Außenspiegel starrte wie die Erwachsenen in den von Daddy.
Sie ging zu ihm und versuchte, auf seinen Schoß zu kriechen.
David schob sie sanft, aber bestimmt wieder runter. »Nicht
jetzt, Törtchen.«
»Aber was ist denn? Was ist denn groß los?«
»Nichts, keine große Sache«, sagte David, ohne den Spiegel
aus den Augen zu lassen.
Der Cop stieg in seinen Streifenwagen ein und fuhr die
Straße entlang zu dem Wayfarer. Er stieg wieder aus, wobei er
die Waffe immer noch gezückt hielt, aber jetzt nach unten, so
daß die Mündung auf die Straße zeigte. Er sah wieder nach
rechts und links, dann kam er zu Ralphs Fenster. Der Fahrersitz des Wayfarer befand sich viel höher als ein gewöhnlicher
Autositz, aber der Cop war so groß -

Weitere Kostenlose Bücher